Weinheim

Hotelfrage wird wohl erst 2020 beantwortet

Gemeinderat vertagte Entscheidung über Konzept am Bahnhof - Dezember-Sitzungen sind belegt - Eingesessene Hoteliers danken Fraktionen

14.11.2019 UPDATE: 15.11.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 36 Sekunden
Weinheims Hotellandschaft ist in Aufruhr. Ein neues 100- oder gar 125-Zimmer-Hotel würde die Existenzen der eingesessenen Hoteliers bedrohen, fürchten unter anderen die Chefs der Häuser Ottheinrich, NH-Hotel und Tafelspitz. Foto: Kreutzer

Von Philipp Weber

Weinheim. Charly Ofenloch ist keineswegs euphorisch, aber dankbar. "Es freut uns sehr, dass sich die Fraktionen bereit erklärt haben, die Zahlen und Daten noch einmal zu prüfen", sagte er am gestrigen Donnerstag im RNZ-Gespräch. Er zählt zu den etablierten Hoteliers, die die Stadträte im Vorfeld der Gemeinderatssitzung am Mittwoch aufgefordert hatten, sich die endgültige Entscheidung für ein Hotel am Hauptbahnhof noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen. Die Fraktionen sind dieser Bitte am Mittwochabend mehrheitlich nachgekommen, indem sie Aussprache und Beschlussfassung zu Beginn der Sitzung vertagten (die RNZ berichtete).

Die nächstmöglichen Beratungstermine sind zwar schon im Dezember. Doch die Tagesordnungen sind längst mit anderen Thematiken belegt, wie OB Manuel Just und seine Pressestelle betonen. Wann die Hotelfrage erneut erörtert wird, kläre sich in den nächsten Tagen, so Stadtsprecher Roland Kern auf RNZ-Anfrage: "Stand heute wird es dieses Jahr eher nichts mehr." In den Dezember-Sitzungen stehe neben dem kommunalen Haushalt die Abschaffung der Unechten Teilortswahl zu Debatte, letzteres Thema auf Antrag von Carsten Labudda (Die Linke).

Stella Kirgiane-Efremidou (SPD) hatte am Mittwoch den Vertagungsantrag gestellt. Sie begründete dies mit einem Schreiben, das die Heidelberger Stelle des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga an einige Fraktionen verschickt hatte. Darin bezweifelt die Heidelberger Dehoga-Geschäftsführerin Melanie von Görtz unter anderem, dass Weinheim Potenzial für noch mehr Hotelübernachtungen birgt. Das Gegenteil sei der Fall: Seit 2011 seien die Übernachtungszahlen praktisch kontinuierlich rückläufig.

Weinheims Hotellandschaft ist in Aufruhr. Ein neues 100- oder gar 125-Zimmer-Hotel würde die Existenzen der eingesessenen Hoteliers bedrohen, fürchten unter anderen die Chefs der Häuser Ottheinrich, NH-Hotel und Tafelspitz. Foto: Kreutzer

Die Verwaltungsspitze sieht das anders. Deshalb hatte sie den Stadträten empfohlen, einem von zwei Konzepten für ein Hotel im Segment Drei-Sterne-Plus/Vier Sterne den Weg zu ebnen und ein entsprechendes Planungsverfahren zu eröffnen. OB Just verwies am Mittwoch zudem auf Gemeinderatsbeschlüsse aus den Jahren 2017 und 2018. Am Ende der damaligen Beratungsfolge hatten die Stadträte ein von der Stadt beauftragtes Hotelgutachten zur Kenntnis genommen, sich im Grundsatz für den Standort im Westen des Bahnhofs entschieden und die Verwaltung beauftragt, Gespräche mit einem Investor zu führen. Später war ein weiterer Interessent hinzugekommen. "Seither liegen alle Zahlen, Daten und Fakten auf dem Tisch", so Just. Er schlug vor, das Thema zumindest zu debattieren. Danach könne man immer noch über eine Vertagung reden.

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Doch auch Elisabeth Kramer (GAL) ging das zu schnell. "Wir wollen zumindest wissen, was die Verwaltung zu erwidern hat", nahm auch sie Bezug auf das Dehoga-Schreiben, das offenbar erst am Sitzungstag die Runde gemacht hatte. Seine Fraktion habe das Schreiben erst gar nicht erhalten, so Klaus Ditzen (Freie Wähler). Auch er verlangte eine Erklärung der Verwaltung – auch zu den Argumenten, die die eingesessenen Hoteliers am Dienstag im RNZ-Gespräch genannt hatten. Auch Holger Haring (CDU) kannte den Dehoga-Brief nicht. Es sei nicht fair, solche Schreiben derart kurzfristig zu verbreiten, kritisierte er den Verband. Ihn plagten indes andere Zweifel. Angesichts eines je nach Konzept drei bis vier Stockwerke hohen und 100 beziehungsweise 125 Zimmer zählenden Hotelbaus (jeweils mit zusätzlichem Staffelgeschoss) stehe der Gemeinderat vor einer wegweisenden städtebaulichen Entscheidung. Seiner Fraktion fehlten jedoch Angaben zu den Investoren, ebenso wie Referenzobjekte oder ein "vernünftiges Modell" zu den Grobplanungen. "Und wir stehen hier nicht unter Zeitdruck."

Weinheims Hotellandschaft ist in Aufruhr. Ein neues 100- oder gar 125-Zimmer-Hotel würde die Existenzen der eingesessenen Hoteliers bedrohen, fürchten unter anderen die Chefs der Häuser Ottheinrich, NH-Hotel und Tafelspitz. Foto: Kreutzer

Das wollten Just und Erster Bürgermeister Torsten Fetzner nicht auf sich sitzen lassen: Man könne in diesem Stadium der Planung kein fertiges Modell verlangen, so Fetzner. "Man muss hier auch kein Bild zeichnen, dass solche Infos bei uns nicht zu bekommen sind", ärgerte sich Just. Da jedoch auch Wolfgang Wetzel (FDP) für die Vertagung argumentierte, stellte sich letztlich nur Carsten Labudda (Die Linke) laut vernehmbar auf Justs Seite. "Die Argumente sind ausgetauscht", sagte er. Das von der Stadt in Auftrag gegebene Gutachten werde stellenweise zu Recht bemängelt. "Doch heute steht eine städtebauliche Fragestellung an, die wir mit Konzept A, Konzept B oder einem klaren Nein beantworten können." Neun Stadträte teilten seine Meinung, 15 weitere Lokalpolitiker votierten pro Vertagung.

"Nun haben alle die Gelegenheit, die Lage zu analysieren", so Hotelier Ofenloch. Er wehrt sich gegen das Gerücht, er habe den Dehoga-Brief mitgeschrieben. "Ich habe lediglich darauf gedrungen, dass der Verband seine Position vor der Sitzung verdeutlicht." Wenn alle Infos auf dem Tisch liegen, "sind wir bereit, uns in die Hände der Fraktionen zu begeben".

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