Gemeinderat Wiesloch

Wiesloch will klimaneutral werden

Der Gemeinderat will das ehrgeizige Ziel bis zum Jahr 2040 erreichen. Noch fehlt es aber am Klimaschutzkonzept.

26.09.2019 UPDATE: 27.09.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 33 Sekunden

Ein Blick von oben über Wiesloch: Der Gemeinderat legte in seiner jüngsten Sitzung das ehrgeizige Ziel fest, dass die Stadt bis zum Jahr 2040 klimaneutral werden soll. Archiv-Foto: Jan A. Pfeifer

Wiesloch. (rö) "Unsere Stadt wird klimaneutral" war der Antrag der SPD-Fraktion im Wieslocher Gemeinderat überschrieben, der in einer von der Verwaltung aufbereiteten Form in der jüngsten Sitzung auch mehrheitlich beschlossen wurde. Drei Gegenstimmen kamen von Norbert Heneka (AWL), Stefan Seewöster und Orhan Bekyigit (beide WGF), drei Enthaltungen von Prof. Dr. Thorsten Krings (FDP), Jutta Hilswicht und Michael Wanner (beide CDU). Unmittelbare Auswirkung des Beschlusses ist, dass zum Jahr 2020 eine halbe Stelle im Rathaus für einen Klimamanager neu geschaffen wird.

Modifiziert wurde der Verwaltungsvorschlag in zwei Punkten: Die SPD hatte noch das Jahr 2030 als Ziel für die klimaneutrale Stadt gefordert, OB Dirk Elkemann wollte das dagegen nur "so schnell wie möglich" umsetzen und sich "nicht auf eine Jahreszahl festlegen". Dr. Gerhard Veits (Grüne) war dagegen eine Jahreszahl wichtig und er setzte sich mit dem auch vom Land Baden-Württemberg angestrebten Jahr 2040 durch - bis 2030 will man zudem den CO2-Ausstoß um 42 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 verringert haben. Ebenfalls von Veits kam der Antrag, ein Klimaschutzkonzept nicht im Rathaus, sondern von einem externen Büro erstellen zu lassen. Dafür will die Verwaltung bis zur nächsten oder übernächsten Sitzung Angebote inklusive Kosten einholen.

Prof. Dr. Gert Weisskirchen hatte den Antrag der SPD-Fraktion vorgestellt. "Wir müssen uns beschleunigen, was die Verringerung des CO2-Ausstoßes betrifft", begründet er den Vorstoß. Dazu gehöre nicht nur der Ausstieg aus Kohle- und Atomenergie sowie das Bestreben, Energie effizienter zu nutzen, sondern auch "die Suffizienzrevolution voranzutreiben", so Weisskirchen - damit die Menschen bereit seien, ihr Verhalten zu ändern, "bräuchten sie Hinweise aus dem politischen Raum". Weisskirchen sprach von "gemeinsamer Verantwortung".

Die städtische Umweltbeauftragte Monika Stein sah "ein großes Bündel von Maßnahmen" und "unheimlich viele Akteure". Die Zahl 2030 verstand sie als Dringlichkeitsappell, nicht als realistisches Ziel, sonst "hätten wir bisher schon viel mehr machen müssen". Den kommunalen Gebäudebestand habe man zwar "schon relativ optimiert", beim privaten Gebäudebestand könne man aber "nicht so tätig werden" - für kommunale Förderprogramme fehlt es an Geld. Zum 1. Januar werde es eine Mobilitätsmanagerin im Zweckverband Metropolpark geben, die ÖPNV-Förderung und ökologische Mobilitätsformen mitbehandeln soll. Man wolle, so Monika Stein, den Klimaschutz auch im Stadtentwicklungskonzept "Insek" verankern. Für alle weiteren Maßnahmen müsse ein verbindliches Konzept erarbeitet werden. Alleine könne sie das aber nicht schaffen, machte die Umweltbeauftragte deutlich: "Wir brauchen mindestens eine halbe Stelle, die sich mit dem Klimaschutz befasst, und zwar eine kompetente Fachkraft."

Eine "sehr sportliche Herausforderung" sah Michael Schindler (Freie Wähler), "das Ziel muss realistisch sein". Barbara Dortants (CDU) sprach von einem "zukunftsweisenden Antrag", vermisste aber in der Verwaltungsvorlage belastbare Zahlen. Klimaneutralität bedeute Einschnitte für alle, machte sie deutlich: "Welche Auswirkungen hat das aufs Freibad? Wie wirkt es sich auf die Finanzen aus? Welche Maßnahmen verschieben wir?" Für die Grünen erinnerte Gerhard Veits daran, dass der Gemeinderat 2013 gegen die Stimmen seiner Fraktion und des damaligen OB Schaidhammer ein Klimaschutzkonzept abgelehnt habe. "Dann wären wir heute erheblich weiter", tut sich der Gemeinderat aus seiner Sicht mit allem schwer, was mit Klimaschutz zusammenhängt. Es gebe keine Vorgaben in den Bebauungsplänen, nach der Fotovoltaikanlage auf der Stadionhalle sei keine weitere hinzugekommen und das letzte "ganz große Versäumnis" sei aktuell, den von den Heidelberger Druckmaschinen geplanten "Digital Campus of Things" nicht klimaneutral einzufordern. Das Klimaschutzkonzept müsse extern erstellt werden, der neue Klimamanager solle es "nicht erarbeiten, sondern umsetzen".

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Die neue Stelle einzurichten, bevor das Konzept vorliegt, ging dagegen Stefan Seewöster (WGF) "einen Schritt zu weit". Baiertals kommissarischer Ortsvorsteher Karl-Heinz Markmann mahnte, man brauche "Ehrlichkeit" und müsse "die Leute mitnehmen". "Welche Partei beantragt die Schließung des Schwimmbads?", fragte er rhetorisch. Für Gert Weisskirchen kann die "fundamentale Verhaltensänderung" nur mit Signalen aus der Politik und den Institutionen gelingen. "Fatal" wäre aus seiner Sicht, "Ziele formulieren, von denen man weiß, dass man sie verfehlt". Deshalb wollte er nicht auf der Zahl 2030 aus dem Antrag beharren. Lege man aber später als 2040 fest, "würden wir den Druck herausnehmen, das wäre auch fatal". Dem konnte sich die Mehrheit des Gremiums anschließen.

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