Das ist der "Waldfeind" Nummer eins
Borkenkäfer hält Förster in Atem - Evangelische Stiftung Pflege Schönau hat in Trienz ein Trockenlager für Holz eingerichtet, da die Sägewerke überlastet sind

Kein Wölkchen am Himmel, dafür jede Menge Schadholz im Trockenlager. Die Evangelische Stiftung Pflege Schönau hat ein solches jetzt in Trienz eingerichtet, bis die Sägewerke wieder Holz annehmen können. Foto: Stephanie Kern
Von Stephanie Kern
Neckar-Odenwald-Kreis. Auf die Geschwindigkeit kommt es an. Die muss hoch sein. Und ist es auch bei Robin Frank. Frank ist Revierleiter für einen (großen) Teil des Waldes rund um Fahrenbach. 2700 Hektar Wald der Evangelischen Stiftung Pflege Schönau betreut er. Sein (momentaner) Staatsfeind - oder besser Waldfeind - Nummer eins hat sechs Beine und ist zwischen 0,7 und zwölf Millimeter groß. Borkenkäfer heißt der "Bösewicht", der Förster, Forstwirte und Waldbesitzer in Atem hält.
Als eine Reaktion auf das massive Vorkommen des Schädlings hat die Evangelische Stiftung Pflege Schönau (ESPS) nun ein Trockenlager in Trienz eingerichtet. In den Sägewerken kommt es durch den massiven Holzeinschlag zum Preis-Dumping. Außerdem bringt das Überangebot an Holz die Sägewerke an die Grenzen ihrer Kapazität, sie können kein Holz zur Weiterverarbeitung mehr annehmen. "Wir müssen befallene Bäume aber schnell fällen und so schnell wie möglich aus dem Wald herausbringen", erklärt Robin Frank. Bevor der Käfer ausfliegt und weitere Bäume befällt.
Die Evangelische Stiftung Pflege Schönau ist eine Vermögensverwaltung der Evangelischen Landeskirche in Baden. Das von ihr verwaltete Stiftungsvermögen ist der Landeskirche gewidmet. Aus rund 21.000 Erbbau- und Pachtverträgen, Investitionen in Immobilienfonds, der Vermietung von rund 800 Wohnungen sowie der Bewirtschaftung von 7500 Hektar Wald erzielt die Stiftung Erlöse, um ihren Stiftungszweck zu erfüllen. Die Stiftung hat 79 Mitarbeiter.
Für das Trockenlager gibt es derzeit eine Förderung der Landesregierung. Und die Lagerung bringt einen weiteren Vorteil: "Wir versuchen den Einsatz von Pestiziden auf ein Minimum zu reduzieren, weil wir die Verantwortung für die Natur auch leben, die wir als kirchliche Stiftung haben", sagt Frank. Auf einer Brachfläche der Gemeinde etwas außerhalb von Trienz hat das geschädigte Holz nun "Asyl" gefunden, die Stelle ist weit vom Wald entfernt. "Darüber sind wir sehr dankbar."
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Aber: Über 50 Prozent der Lagerkapazitäten sind hier bereits erschöpft, und im Wald steht noch einiges Schadholz. "Wenn das geliefert wird, ist das Lager hier voll", beschreibt Robin Frank die Situation. Kopfschüttelnd sagt er: "Man ist machtlos. Seit letztem Sommer herrscht absoluter Ausnahmezustand." Planmäßige Forstwirtschaft zu betreiben, sei so gut wie unmöglich.
Insgesamt hat die Stiftung bis Ende Juli rund 33.200 Festmeter Holz geerntet. Davon wurde jedoch nur etwa die Hälfte planmäßig eingeschlagen. Die andere Hälfte des Holzes musste aufgrund von Schäden geschlagen werden, Hauptursache sind Insekten. Zum Vergleich: Vor zehn Jahren betrug der Anteil an Käferholz an der gesamten Jahresernte lediglich 2,6 Prozent.
Die Preise, die beim Holzverkauf erzielt werden, decken nicht annähernd die Kosten, die für die Aufarbeitung anfallen. Mit jedem geschlagenen Baum tragen die Förster zur Abwertung "ihres" Produkts bei. "Frustrierend" findet Robin Frank das. "Die Arbeitskapazitäten im Forst sind erschöpft", sagt Frank. Und doch hat er es immer im Hinterkopf: "Je schneller man ist, desto mehr Schäden kann man verhindern." Im Optimalfall findet man rund um einen mit dem Borkenkäfer befallenen Baum feines Bohrmehl. Wenn der Baum schon etwas angegriffener ist, fällt die Rinde ab - ein eindeutiges Zeichen. Wenn die Krone sich rot verfärbt, der Baum stirbt, ist der Käfer meist schon ausgeflogen.
Frank sagt auch: "Ich hatte bisher das Glück, keine solche Groß-Katastrophe zu erleben. Wir Förster möchten den Wald formen, mit ihm arbeiten, ihn verbessern - und nicht nahezu flächig abholzen. Im Moment geht es nur noch um Schadensbegrenzung." Man habe gewusst, dass in diesem Jahr der Start in den Sommer erschwerten Bedingungen unterliegt. Der Regen aus dem Winter hat nicht annähernd gereicht, um das Defizit des vergangenen Jahres auszugleichen. "Es steht und fällt alles mit der Feuchtigkeit. Nur wenn es genug regnet, die Bäume wieder optimal versorgt werden, können sie sich auch gegen Schädlinge zur Wehr setzen", erklärt Robin Frank. Man habe nur eine Hoffnung. Dass sich das Wetter ändert. Der Blick nach oben verheißt heute wieder nichts Gutes...



