Altstadt-Anwohner erstreiten mehr Nachtruhe (Update)
Entscheidung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe - Stadt muss längere Sperrzeiten festsetzen

Heidelberger Partymeile "Untere Straße" bei Nacht. Foto: Philipp Rothe
Heidelberg. (RNZ/mare/dpa) Lärmgeplagte Bewohner der Heidelberger Altstadt haben vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe mehr Nachtruhe erstritten. Wegen lärmbedingter Gesundheitsgefahren haben die klagenden Bürger einen Anspruch auf striktere Schließzeiten für die Gastronomie, wie das Gericht am Donnerstag bekanntgab.
Nach dem Urteil der 7. Kammer müssen Gaststätten unter der Woche spätestens um Mitternacht dichtmachen. Dies sei für eine Nachtruhe von mindestens sechs Stunden notwendig. In den Nächten zu Samstag und Sonntag muss die Sperrzeit spätestens um 2.30 Uhr beginnen.
Diese Maßgaben sind für den Heidelberger Gemeinderat bindend, wie das Gericht betonte. In der Vergangenheit hatte das Gremium Gerichtsbeschlüsse nicht umgesetzt. Lediglich wo genau die neuen Sperrzeiten gelten, könne der Gemeinderat festlegen, entschied das Verwaltungsgericht.
Der Anwalt der klagenden Bürger, Werner Finger, sagte: "Das ist eine große Erleichterung für die von uns vertretenen Anwohner. Damit besteht die Hoffnung, in Zukunft wieder etwas mehr Nachtruhe zu finden." Nach Angaben der Stadt sind mehr als 1000 Menschen in der Altstadt von unzumutbarem Lärm betroffen.
Das Gericht folgte der Forderung der Kläger, dass die Gaststätten werktags um Mitternacht schließen. Am Wochenende erlaubt die Kammer liberalere Sperrzeiten: Sie legte 2.30 Uhr als Sperrzeit fest - die Kläger dagegen hatten 1 Uhr angepeilt.
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Derzeit kommen die Sperrzeiten weit mehr der Gastronomen und ihren Gästen entgegen: Die Kneipiers müssen sonntags bis donnerstags um 1 Uhr ihre Gäste nach Hause schicken. Von Donnerstag auf Freitag ist die Party erst um 3 Uhr zu Ende. Mit dem Urteil ist auch dieser "studentische Donnerstag" gekippt, an dem die rund 40.000 Studierenden bislang besonders gerne feierten. In den Nächten zum Samstag und Sonntag beginnt die Sperrzeit derzeit erst um 4 Uhr.
Die beklagte Stadt Heidelberg begrüßte "grundsätzlich die Klarheit der Entscheidung, da nun konkrete Uhrzeiten vorgegeben sind". Die Stadtverwaltung werde dem Gemeinderat nach der Sommerpause die Vorgaben des Gerichts vorlegen und die nächsten Schritte mit dem Gremium klären. Dazu gehöre die Frage, ob die Stadt juristisch gegen das Urteil in Berufung gehen wird beziehungsweise welche neuen Sperrzeiten für welchen Geltungsbereich beschlossen werden sollen.
Anwohner-Anwalt Finger betonte: "Mit der Verurteilung kommt der Gemeinderat nicht mehr darum herum, mit strengen Sperrzeiten endlich für Ruhe zu sorgen." Im vergangenen Jahr hatte der Gemeinderat eine anwohnerfreundliche Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes nicht umgesetzt.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache wird die Berufung zugelassen.
Update: Donnerstag, 1. August 2019, 14.56 Uhr
Das Urteil ist gefallen: Die Stadt Heidelberg muss in der Altstadt längere Sperrzeiten festsetzen. Das entschied das Verwaltungsgericht Karlsruhe am Donnerstag. Anwohner hatten gegen die Sperrzeitverordnung geklagt.
Nach Auffassung des Gerichts haben die Kläger angesichts der vom Gaststättenbetrieb in der Heidelberger Altstadt ausgehenden lärmbedingten Gesundheitsgefahren einen Anspruch darauf, dass die Gaststätten unter der Woche, also auch am sogenannten studentischen Donnerstag, spätestens um Mitternacht schließen, heißt es in einer Pressemitteilung. Dies sei zur Gewährleistung der aus Gründen des Gesundheitsschutzes notwendigen Nachtruhe von mindestens 6 Stunden notwendig. In den Nächten zum Samstag und Sonntag muss die Sperrzeit spätestens um 2.30 Uhr beginnen.
Diese Maßgaben sind für den Heidelberger Gemeinderat bindend. Lediglich den exakten Geltungsbereich der neuen Sperrzeiten – innerhalb der räumlichen Grenzen der bisherigen Sperrzeitverordnung – kann der Gemeinderat im Rahmen seines normgeberischen Ermessens festlegen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils kann Berufung eingelegt werden.