Hintere Mult soll wohl gewerblich erschlossen werden
Nach RNZ-Informationen gab es in der vorberatenden Sitzung eine klare Mehrheit - OB Just will am Freitag Stellungnahme abgeben

Die Kritiker eines Gewerbegebiets in der Hinteren Mult hatten ihrem Protest unter anderem mit Mahnwachen Ausdruck verliehen. Sie wollen nicht aufgeben, auch wenn der Satzungsbeschluss nun zu Stande käme. So ist bereits eine Normenkontrollklage angekündigt. F.: Kreutzer
Von Philipp Weber
Weinheim. Im Verlauf einer nicht-öffentlichen Sitzung hat der Ausschuss für Technik und Umwelt (ATU) am Mittwochabend erneut für eine gewerbliche Erschließung der Hinteren Mult plädiert. Das erfuhr die RNZ aus Teilnehmerkreisen. Demnach fiel die Entscheidung mehrheitlich.
Kritiker eines Gewerbegebiets hatten zuvor eine Vertagung der Beratung gefordert. Außerdem gab es offenbar den Antrag, den Tagesordnungspunkt öffentlich abzuhandeln. Dies wäre freilich ebenfalls auf eine Vertagung hinausgelaufen: Für Verwaltungen ist es nicht möglich, den Status der Nichtöffentlichkeit kurzfristig aufzuheben. Doch die Anträge fanden keine Mehrheit.
Damit steht das Bebauungsplanverfahren kurz vor dem Abschluss. Den endgültigen Satzungsbeschluss kann der Gemeinderat am kommenden Mittwoch, 22. Mai herbeiführen. Es sei denn, OB Manuel Just nimmt das Thema von der Tagesordnung. Just hatte bereits am Montag angekündigt, sich für diese Entscheidung bis zum Ende dieser Woche Zeit zu nehmen.
Nach Verwaltungsangaben möchte er im Laufe des Freitagvormittags eine diesbezügliche Stellungnahme verschicken. Dass der neue OB den Satzungsbeschluss tatsächlich vertagen lässt, halten Insider jedoch für unwahrscheinlich. Vielmehr sei Just entschlossen, das Verfahren zum Abschluss zu bringen, heißt es.
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In seiner Funktion als Sitzungsleiter habe der neue Verwaltungschef auch in der "Nicht-Öffentlichkeit" einen ordentlichen Eindruck hinterlassen, ist zu hören. Befürworter wie Kritiker eines Gewerbegebiets in der Hinteren Mult hätten ihre Argumente entfalten können. Just habe niemanden abgebügelt. Auf der anderen Seite habe der neue OB selbst immer wieder zu längeren Erklärungen ausgeholt, um eigene Standpunkte zu verdeutlichen.
Bezogen auf die inhaltliche Entscheidung gibt es weiter die breite Front derjenigen Stadträte und Fraktionsberater, die eine gewerbliche Entwicklung der Hinteren Mult verlangen. Dies sind weite Teile von CDU sowie SPD und Freien Wählern. Auch Linken-Spitzenkandidat Carsten Labudda hatte sich zuletzt energisch für das Gewerbegebiet und eine zügige Entscheidung stark gemacht.
Anders sein Fraktionskollege Matthias Hördt: Dieser kritisiert das Vorhaben. Aber auch GAL und FDP würden die Entscheidung gerne vertagen, um die Hintere Mult in die Zukunftswerkstatt von OB Just aufnehmen zu können und den am 26. Mai neu zu wählenden Gemeinderat in die endgültige Entscheidung einzubinden.
Die FDP hatte zuletzt einen Kompromissvorschlag ins Spiel gebracht: Man könne der erweiterungswilligen Firma B&S einen Teil der Fläche überlassen, der Rest solle Justs Zukunftsprozess vorbehalten bleiben. Doch dieser und andere Kompromissvorschläge seien indessen schwer umsetzbar, weil das Verfahren schon zu weit fortgeschritten sei. Im Vorfeld der Sitzung hatten die Grün-Alternativen zudem Beschwerde eingereicht.
Die 1200 Seiten Sitzungsvorlage zur Hinteren Mult seien für ehrenamtlich tätige Gremiumsmitglieder nicht innerhalb kurzer Zeit zu bewältigen, so der Hauptkritikpunkt. Verwaltungssprecher Roland Kern verteidigt dieses Vorgehen: Die Verwaltung müsse allen Beteiligten - insbesondere bei Bebauungsplanverfahren - ein möglichst hohes Maß an Rechtssicherheit gewährleisten.
Daher müssten den Gremiumsmitgliedern sämtliche Unterlagen zur Verfügung gestellt werden. Die Vorlage habe sich unter anderem wegen der großen Zahl an Eingaben von Bürgern in die Länge gezogen: Die Verwaltung sei verpflichtet, jede Eingabe zu beantworten und dies in der Vorlage zu dokumentieren. Dabei spiele es keine Rolle, ob sich die Verwaltungsmitarbeiter um verschiedene, thematisch verwandte oder identische Eingaben kümmern müssen.
Langer Rede kurzer Sinn: Auch gewissenhafte Stadträte müssen wohl nicht die vollen 1200 Seiten lesen, weil sich Textpassagen doppeln. Alle ATU- und Gemeinderatsmitglieder hätten die Unterlagen am 30. April bekommen. Und damit pünktlich.
Aus rechtlichen Grünen müsse die Verwaltung die Unterlagen aktiv zustellen, so Kern weiter. Das Download-Prinzip verbiete sich von selbst. Die Verwaltung habe aber allen eine papierlose Übersendung angeboten. Also auch den beratenden ATU-Mitgliedern, die nicht am Ratsinformationssystem partizipieren. Dennoch betrugen die Druckkosten 3900 Euro. Sitzungsteilnehmer bezweifeln, dass sich der Aufwand gelohnt hat. Es habe sich der Eindruck aufgedrängt, dass nicht jedes ATU-Mitglied die Vorlage studiert hatte, hieß es.