Faktencheck nach Fakten-Schelte
Schutzgemeinschaft und Verein "Landerlebnis Weinheim" luden Bürgermeister Fetzner ein - Dieser sagte prompt zu

Die Erschließungsgegner warnten vor "Bodendiebstahl" in der Hinteren Mult. Foto: Kreutzer
Weinheim. (web) Im Nachgang einer Protestaktion von Gegnern eines Gewerbegebiets in der Hinteren Mult hat sich Bürgermeister Torsten Fetzner geäußert - und sich gegen unsachliche Kritik an der Verwaltung gewehrt. Einige von Fetzners Argumenten wollen die Aktiven der "Schutzgemeinschaft Hintere Mult" und des Vereins "Landerlebnis Weinheim" nun aber ihrerseits nicht unkommentiert stehen lassen. Das geht aus einer gestern verschickten Presseerklärung hervor.
Man wolle Fetzners Aufruf zum "korrekten Umgang mit Fakten" dennoch sehr gerne aufgreifen - und den Bürgermeister sowie Pressevertreter zum gemeinsamen Faktencheck einladen, so die Gegner des Gewerbegebiets. Und: Fetzner sagte zu.
Ein kontroverser Punkt ist aus Sicht von Verein und Schutzgemeinschaft Fetzners Verweis auf den Zielwert von 50 Arbeitsplätzen pro Hektar, den der Gemeinderat beschlossen hatte. Zwar gebe es eine Festlegung auf diese Quote, räumen die Gegner des Gewerbegebiets ein: "Zu den tatsächlichen Fakten zählt aber, dass dieser Kriterienkatalog für eine Ansiedlung in der Hinteren Mult explizit ausgeschlossen wurde."
Auch zu dem Hinweis des Weinheimer Amts für Stadtentwicklung, laut dem in den vergangenen zehn Jahren kein Bebauungsplan für ein Gewerbegebiet mehr aufgestellt wurde, haben Verein und Schutzgemeinschaft eine Ergänzung parat: "Zu den Fakten zählt, dass Alter Güterbahnhof, Gewerbestraße, das AC- und das Hector-Center, die beide wesentlich mehr Besucherzustrom anziehen als ein Gewerbegebiet, in den letzten 15 Jahren in unmittelbarer Umgebung zur Hinteren Mult entwickelt wurden und die Verkehrsdichte in den angrenzenden Wohngebieten dadurch enorm zugenommen hat", schreiben sie.
Der Flächennutzungsplan von 2004 (der eine gewerbliche Nutzung der Hinteren Mult ermöglicht, Anm. d. Red.) könne damit als "überaltert" angesehen werden. In diese Kategorie gehöre auch die Tatsache, dass in der Olbrichtstraße und dem anschließenden Gebiet eine für ein Gewerbegebiet unverhältnismäßig hohe Zahl an Wohnbebauungen genehmigt wurde, deren Flächen nicht mehr für Gewerbe zur Verfügung stehen.
Auch interessant
Die Gegner eines Gewerbegebiets in der Hinteren Mult wehren sich auch gegen Fetzners Vorwurf, zu wenig Gesprächsbereitschaft zu zeigen: "Zu den Fakten zum gewünschten Hearing vergangenes Jahr im Gemeinderat gehört auch, dass dieses erst nach dem Offenlagebeschluss (zum Bebauungsplan Hintere Mult, Anm. d. Red.) anberaumt war und ein Fragerecht ausschließlich den Ratsmitgliedern zugesprochen wurde." Ganz verschwiegen habe Fetzner die Bedeutung des Bodens.
Gemäß der Flurbilanz der Landwirtschaftsverwaltung seien landbauwürdige Flächen der "Vorrangflur Stufe I" - das sind gute bis sehr gute Böden - der landwirtschaftlichen Nutzung vorzubehalten. Umwidmungen in Bauland, Verkehrsflächen und naturschutzrechtliche Ausgleichsflächen müssten auf diesen Böden ausgeschlossen werden.
Kaum war die Einladung an Fetzner in der Welt, meldete sich dieser ebenfalls öffentlich. "Gerne bin ich dazu bereit, gemeinsam mit Ihnen die offensichtlich bestehenden Missverständnisse zu besprechen", schrieb er seinen Kritikern zurück: "Ich erlaube mir in diesem Zusammenhang anzumerken, dass ich Ihnen bereits am 21. März 2018 Gesprächsangebote per Mail - per Facebook schon früher - gemacht hatte."
Das Hearing im Gemeinderat hätte am 6. Juni 2018 stattgefunden, so der Bürgermeister: "Schade, dass Sie nicht daran teilnahmen, denn dem Gemeinderat fehlten für den nachfolgend zu treffenden Offenlagebeschluss die Argumente der Schutzgemeinschaft und der betroffenen Landwirte für die Abwägungsentscheidung."
Er wolle aber keine Vergangenheitsbewältigung betreiben, so Fetzner. Vielmehr freue er sich auf das Gespräch, zu dem man auch Mitglieder des Gemeinderats einladen könne.