Im April rollen die Bagger für das neue Collegium Academicum an
Im Hospital-Gelände in Rohrbach entsteht ein selbstverwaltetes Wohnheim - Bundesweites Vorbild

Klara Müller, Nicolai Ferchl, Nele Schäfer, Jost Burhop, Lisa Müller-Haude und Henrik Eckhardt (v.l.) auf dem Platz, auf dem bald ihr neues Wohnheim entsteht. Das ehemalige Hospital (links) wird abgerissen. Foto: Rothe
Von Maria Stumpf
Heidelberg. Vor sechs Jahren war es eine Vision für neues studentisches Wohnen, jetzt ist es bald Realität: Auf der Konversionsfläche Hospital in Rohrbach rollen im April die Bagger an, reißen einen Teil des alten Klinikgebäudes ab und machen Platz für das neue "Collegium Academicum" (CA). Es soll ein besonderes Wohnhaus für Studierende, Auszubildende und Promovierende werden und es ist jetzt schon ein besonderes Projekt. Denn die jungen Menschen haben das Bauvorhaben selbst initiiert und werden es auch selbstverwaltet bewohnen.
Es könnte, so heißt es auf der Baustelle, "Modellcharakter für ganz Deutschland" haben: gemeinschaftlich wohnen und kostengünstig leben, miteinander und voneinander lernen - mit Freiräumen für eigene Wertvorstellungen. Die Idee steht in der Tradition des alten Collegium Academicums in der Altstadt, das als selbstverwaltetes Studentenwohnheim und Kulturzentrum in der Geschichte Heidelbergs seinen festen Platz hat. 1978 ließ die Uni das Gebäude mit einem großen Polizeieinsatz räumen. Seither existiert ein Förderverein, der den Grundgedanken des Hauses in die Zukunft trug und nun die "neuen Macher" - eine rund 30-köpfige Projektgruppe von jungen Leuten - unterstützt. Der Verein motivierte auch in bewegten Zeiten, für die Vision am Ball zu bleiben.
Das nun wachsende, neue CA ist Teil des "Mietshäusersyndikats", einem bundesweiten Verbund aus selbstverwalteten Wohn- und Wirtschaftsprojekten. Von da kommt viel Know-how für die Heidelberger. Und seit dem Jahr 2015 ist man auch ein Projekt der Internationalen Bauausstellung (IBA).
Die Investitionskosten liegen insgesamt bei rund 16 Millionen Euro - finanziert durch Fördermittel von Bund und Land unter anderem für innovativen Holzbau, durch Eigenleistung, Bankfinanzierung und private Direktkredite. Zurzeit sind inklusive Spenden nach eigenen Angaben 1,7 Millionen Euro eingeworben worden.
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Wenn die Bagger das Klinikgebäude eingerissen haben, wird die Bodenplatte verlegt und es kann losgehen: Ab Sommer wird ein Neubau mit vier Stockwerken ausschließlich aus Holz und in ökologisch-nachhaltiger Bauart für 176 Bewohner hochgezogen. Für die Bauzeit rechnen die Planer und künftigen Bewohner mit rund eineinhalb Jahren.
Wenn das Gebäude dann steht, soll die Miete für ein Zimmer in Holzsteckweise (14,5 Quadratmeter) bei rund 300 Euro warm liegen. Da die Zwischenwände flexibel austauschbar sind, können mehrere Zimmer zu Wohngemeinschaften umfunktioniert werden. Geplant sind auch eine Aula (240 Quadratmeter), eine Dachterrasse sowie eine Werkstatt als Lernort. Der Umbau eines benachbarten Verwaltungsgebäudes für rund 50 Bewohner folgt später. Dann finden auf dem rund 6500 Quadratmeter großen Grundstück insgesamt 220 Menschen Platz.
"Der Stresslevel ist hoch, jetzt geht es endlich los", freut sich der 25-jährige Nicolai Ferchl über den baldigen Baubeginn. Die Finanzierung sei soweit gesichert. "80 Prozent der Direktkredite sind zusammen." Er gehört wie auch Henrik Eckhardt (23) zu den Ersten, die in der Stadtgesellschaft für das Projekt die Werbetrommel rührten. Klara Müller (20) und Lisa Müller-Haude (26) sind erst seit einem Jahr dabei und freuen sich auf ihren Einzug. "Wir wollen unsere Lebenswelt aktiv mitgestalten", erklären sie ihr ehrenamtliches Engagement, das mitunter auch mal "ein 40-Stunden-Job" sein könne. Nur das "mit der Finanzwelt" sei zu Beginn gewöhnungsbedürftig gewesen, räumen sie ein. "Geldsammeln kostet Überwindung", berichtet Klara Müller von vielfältigen Sammelaktionen für Direktkredite. "Aber viele Leute finden unser Projekt richtig cool", ergänzt Lisa Müller-Haude stolz.