Hirschberg steht vor großen Aufgaben
Der Gemeinderat verabschiedete am Dienstag den Haushaltsplan 2019. Manch einer mahnte zur Vorsicht, andere sehen Kommune "gut aufgestellt".

Für den Neubau des evangelischen Kindergartens Leutershausen sind 2019 gut 2,1 Millionen Euro eingeplant sowie eine Verpflichtungserklärung über 4,26 Millionen Euro für 2020. Foto: Kreutzer
Von Stefan Zeeh und Annette Steininger
Hirschberg. Es ist ein Haushaltsplan der Minuszeichen, den der Hirschberger Gemeinderat an diesem Dienstag einstimmig verabschiedete. Ein besonders dickes Minus in Höhe von fast 3,4 Millionen Euro verursachen die umfangreichen Investitionen in diesem Jahr. An vorderster Stelle steht dabei der Bau des evangelischen Kindergartens, aber auch in die Sanierung von Kanälen und Straßen investiert die Gemeinde. Allein für den Kindergarten-Neubau sind für 2019 gut 2,1 Millionen Euro eingeplant sowie eine Verpflichtungserklärung über 4,26 Millionen Euro für 2020.
Zudem fehlen für die laufende Verwaltungstätigkeit rund 900.000 Euro, sodass das Minus insgesamt 4,3 Millionen Euro beträgt. Finanziert wird dieses durch Kassenmittel und eine Kreditaufnahme von 2,3 Millionen. Damit könnte der Schuldenstand Hirschbergs Ende 2019 rund 4,6 Millionen Euro betragen.
Dennoch war den meisten Gemeinderäten bei ihren gestrigen Haushaltsreden nicht bange. So sah beispielsweise Thomas Götz (CDU) die Gemeinde generell "finanziell gut aufgestellt". Gleichzeitig machte er deutlich, dass mit dem Hallenthema, sprich Neubau einer Halle und Sanierungen der bestehenden, "eine neue Dimension" auf die Kommune zukomme. Und mit dem Kindergarten werde sich die Gesetzmäßigkeit "der nachhaltig relativ niedrigen Verschuldung" aber möglicherweise ändern.
Auch Alexander May (Freie Wähler) blickte gelassen auf die finanzielle Situation der Kommune und fand: "Der Haushaltsplan 2019 ist rund." Wichtige Projekte seien aufgenommen. "Zukünftige wichtige Projekte wie die Umsetzung eines Sporthallenkonzepts sind für 2020 aufgegleist."
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So positiv wie May sah Oliver Reisig (FDP) die Lage keineswegs. "Die Gemeinde hat sich selbst ein straffes Programm auferlegt und muss gewaltige Aufgaben stemmen, um weiterhin die attraktive und liebenswerte Gemeinde zu bleiben, die sie heute zweifelsohne ist." Er warnte die anderen Fraktionen mit Blick auf viele ausgabeintensive Haushaltsanträge: "Wenn es die politischen Parteien nicht schaffen, mehr Projekte abzuarbeiten als neue Wünsche zu äußern, so werden wir früher oder später eine Bauchlandung hinlegen."
Der Fokus in diesem Jahr liege letztlich weiterhin darauf, die Gemeinde fit für die Zukunft zu machen, ohne sich "unverhältnismäßigen Luxus zu gönnen". Auch die SPD fordert "nachhaltiges Wirtschaften". Die Gemeinde dürfe sich aber dabei nicht der sozialen Verantwortung entziehen, meinte Thomas Scholz. Angesichts von "acht Millionen Euro Gesamtkosten" für einen Kindergarten und einer Viertelmillion Euro für einen Skulpturengarten könne man nicht sagen, dass einem die Kosten für die von der SPD vorgeschlagenen sozialen Maßnahmen wie dem Sozialpass zu hoch wären, fand der Fraktionsvorsitzende.
Deutlich spürbar war bei dem einen oder anderen Beitrag schon die bevorstehende Kommunalwahl. So kamen insbesondere aus dem bürgerlich-konservativen Lager einige Spitzen gegen SPD und GLH wegen ihrer Anträge. Was aber alle einte, war der Dank an Kämmerin Anna Dorothea Richter. Und auch an Bürgermeister Manuel Just. Da wurde dem einen oder anderen wehmütig ums Herz, schließlich war es die wohl letzte Haushaltsverabschiedung unter der Ägide des zum Oberbürgermeister Weinheims gewählten Gemeindeoberhaupts. Kritische Töne kamen jedoch von der GLH: Thomas Herdner mahnte, Just solle neue Projekte dem künftigen Bürgermeister überlassen. "Wenn Entscheidungen über Baugebiet nun noch schnell übers Knie gebrochen werden, schränkt das die Gestaltungsfreiheit der Nachfolger stark ein", so Herdner. "Ein fairer Abschied sieht anders aus."
Haushaltsreden der Fraktionen:
Auch andere berücksichtigen
FW: Finanziell solide Situation – Verkehr, Wohnraum und Sport
Hirschberg. (ans) "Wesentliches wurde von Wünschenswertem separiert", sagte Alexander May zufrieden über den Haushaltsplan. Das ordentliche Ergebnis sei mit rund 700 000 Euro zwar negativ, im Hinblick auf ein Fünfjahres-Mittel befinde sich die Gemeinde aber in einer finanziell soliden Situation. Bezüglich der Solidität der kommenden Haushalte werde den Freien Wählern nicht bang.
May erläuterte, dass die Gemeinde ihren Blick in der Vergangenheit "sehr auf die Verbesserung im Bereich der Kinder- und Kleinkindförderung ausgerichtet hat". Auch wenn die FW dies gerne mitgetragen hätten, "sollten wir uns im Klaren darüber sein, dass auch andere Bevölkerungsgruppen eine ansprechende Lebensqualität in Hirschberg erwarten". Daher wollen sich die Freien Wähler hier deutlicher positionieren. "Auch die Bereitstellung von bezahlbarem und sozialem Wohnraum, die Bereitstellung einer effizienten Verkehrs- und Kommunikationsstruktur und das Vorhandensein moderner Freizeit- und Leistungssportanlagen sind Schwerpunkte, die es zukünftig im Fokus zu halten gilt." Einige dieser Punkte würde sich schon bei den Investitionen im aktuellen Haushaltsplan wiederfinden.
Glücklich zeigten sich die Freien Wähler auch darüber, dass der Gemeinderat einige ihrer Anträge positiv beschieden hatte. Sei es die Grobplanung für die Umgehungsstraße, für die 30 000 Euro in der mittelfristigen Finanzplanung 2020 eingestellt wurden, oder auch die Verkehrsanalyse für Leutershausen inklusive der Autobahnzubringer.
Für das Wohl der Kinder
CDU: Sinnvolle Investitionen – Problem bei Aufwandseite
Hirschberg. (ans) Prinzipiell zeigte sich Thomas Götz (CDU) mit der finanziellen Situation der Gemeinde zufrieden. So hob er den Schuldenstand hervor, der sich seit Jahren "auf einem relativ niedrigen Niveau" bewege. Auch den Anstieg der Steuerkraftsumme im Vergleich zu 2018 um 2,3 auf 16 Millionen Euro erwähnte Götz. Das sei seit 2015 der höchste Anstieg im Jahresvergleich "und zeigt die enorme Ertragskraft der Gemeinde".
Aber der Christdemokrat machte auch deutlich: "Die Gemeinde Hirschberg hat kein Problem auf der Ertragsseite, sondern auf der Aufwandseite in Form der deutlich höheren Transferaufwendungen." Dies sei vor dem Hintergrund, dass der Bund und teils auch das Land den Kommunen immer mehr Aufgaben übertragen, beispielsweise bei der Kinderbetreuung, "nicht prickelnd". Götz zählte die höchsten Investitionen auf und betonte: "Alles Investitionen für das Wohl unserer Kinder – und das ist auch gut so."
Verwundert zeigte sich der CDU-Gemeinderat über die Vielzahl der Haushaltsanträge – insgesamt 46 – sowie teilweise deren Inhalt und verwies auf die Prioritätenliste. In Bezug auf die Hallen müssten sie genau hinhören, was die Bürger wollen. Mit Kindergartenneubau und Hallen-Sanierung beziehungsweise -Neubau werde die Gemeinde vermutlich an Grenzen stoßen, "will sie den Schuldenstand nicht exorbitant erhöhen". Dran bleiben will die CDU an der Ausweisung eines Baugebiets mit sozialem Wohnungsbau, der Umgestaltung der Ortseingänge oder auch der Bildung einer interkommunalen Verkehrskommission.
Ohne Schulden nicht machbar
GLH: Aufforderung zum Sparen – Kritik wegen Kostensteigerung
Hirschberg. (fjm) Scharfe Kritik übte Thomas Herdner dafür, dass der Gemeinderat zu Anfang keine Kostendeckelung für den Neubau des evangelischen Kindergartens beschlossen hat: "Denn im jetzigen Stadium noch Einsparungen zu generieren, wird sehr schwierig." In Hirschberg scheine man manchmal nicht wahrhaben zu wollen, dass jeder Euro nur einmal ausgegeben werden könne, so Hedner. "Weitere Projekte in dieser Vorgehensweise kann sich Hirschberg nicht leisten."
Angesichts der steigenden Verschuldung und großen Investitionen mahnte er an, bei den Ausgaben künftig disziplinierter zu planen. Die Erneuerung des Spielplatzes am Landwehrhagener Platz, die neue Kleinkindgruppe in Großsachsen und der Glasfaser-Ausbau im Gewerbegebiet seien aber "sinnvolle, bedeutende und vorrangige Projekte, hinter denen wir voll und ganz stehen" – und ohne Neuverschuldung nicht machbar.
Herdner bedauerte aber, dass in Sachen Klimaschutz nicht mehr getan werde, weil es im Gemeinderat dafür offenbar keine Mehrheit gebe – wie auch für einen Beitritt zum "Kulturparkett Rhein-Neckar". Zudem forderte er – wie die SPD, deren Antrag er mit dem anstehenden Kommunalwahlkampf in Verbindung brachte – eine echte Sozialstaffelung der Kita-Gebühren, neue Möbel für den Grillplatz am Ersten Kehrrang und bezüglich der Ampelschaltung in Leutershausen zuerst RNV und die untere Verkehrsbehörde in die Pflicht zu nehmen, bevor Hirschberg selbst Geld für Verbesserungen ausgibt.
Bedarf für soziales Handeln
SPD: nachhaltig wirtschaften – Randgruppen nicht ausblenden
Hirschberg. (ans) Angesichts der Wirtschaftsprognosen mahnte Thomas Scholz für die SPD zum "nachhaltigen Wirtschaften". "Die Nachhaltigkeit, die wir uns im letzten Jahr verordnet haben, müssen wir daher auch leben", betonte der Fraktionsvorsitzende. Wie Bürgermeister Manuel Just bei der Einbringung des Haushalts bereits betont habe, schwimme die Gemeinde nicht in Geld. Auch die bevorstehenden großen Investitionen wie in den evangelischen Kindergarten Leutershausen oder in die Hallen dürfe man dabei nicht vergessen.
"Allzu schnell geraten wir in Versuchung, zu denken, dass es in Hirschberg allen gut geht. Wir blenden die Randgruppen aus", mahnte Scholz aber auch. Er ging davon aus, dass der Sozialbericht für Hirschberg zeigen werde, dass es auch bei uns Bedarf für soziales Handeln der Gemeinde gibt". Deshalb hätte die SPD auch hierauf den Schwerpunkt bei ihren Anträgen gelegt. Sie bedauerte den "überschaubaren Erfolg" bei ihren Wünschen nach einem Konzept für sozialen Wohnungsbau, einer Sozialstaffelung von Kindergartengebühren und einem Sozialpass" und hofft nun auf weitere Beratungen.
Handeln ist aus Sicht der SPD auch beim Thema "Einzelhandelssterben" angesagt. Hier gelte es gemeinsam mit den Selbstständigen kreative Lösungen zu finden. Erste Ansatzpunkte könnten aus Sicht der SPD eine "angepasste Parkraumbewirtschaftung, bessere Förderung von Tourismus oder schlicht Hinweisschilder zu den Geschäften im Ort sein".
Wünsche von Nötigem trennen
FDP: Nur ausgabenmindernde Anträge – Mehr Digitalisierung
Hirschberg. (ans) "Ende gut – alles gut?", fragte Oliver Reisig (FDP) in seiner Haushaltsrede. Um gleich darauf die Antwort selbst zu geben: "Keineswegs finden wir." So könnte sich die Gemeinde die hohen Ausgaben nur leisten, weil derzeit die Einnahmen aus Einkommens- und Gewerbesteuer weiterhin üppig sprudeln würden. Doch Reisig warnte auch: "Die Wahrscheinlichkeit, dass der jahrelange Konjunkturboom bald ein Ende hat und wir in eine Rezession rutschen, ist hoch." Anders als im Ergebnishaushalt prognostiziert, müssten sie sich auf sinkende Steuereinnahmen einstellen.
Angesichts dessen und hoher Fixkosten schüttelte Reisig verbal den Kopf angesichts der Anträge anderer Fraktion für "Liebhaberobjekte". So müsste man vielmehr Wünschenswertes von Notwendigem trennen. "Daher haben wir als einzige Fraktion nur ausgabenmindernde Anträge gestellt", so Reisig. Und Wünsche wie das Bürgerhaus oder öffentliche Toiletten am Marktplatz hinten angestellt. Nun fordert die FDP von der Verwaltung, dass künftig alle Anträge ohne "eine echte Gegenfinanzierung" von vorneherein abgelehnt werden. "Dies würde unserer Meinung nach die Beratungszeit drastisch reduzieren", meinte Reisig.
Gut finden die Liberalen, dass sich die Gemeinde aufgemacht hat, die Digitalisierung anzugehen und nannte hier die Internetplattform zur Anmeldung von Bedarf für Kleinkindbetreuung. Es müssten aber weitere Schritte folgen wie Online-Behördengänge, findet die FDP. Außerdem solle die Verschönerung der Ortseingänge angegangen werden.



