Jetzt werden Schweißer den Betriebshof am Leben halten
Grüne scheiterten mit Kompromissversuch - "Das ist kein guter Tag für die RNV"

Von Timo Teufert
Heidelberg. Für die Entscheidung über den Standort des Betriebshofs der Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV) brauchten die Stadträte am Donnerstagabend viel Kraft: Wohl auch deshalb unterbrach Oberbürgermeister Eckart Würzner die Gemeinderatssitzung vor dem Tagesordnungspunkt für gut 50 Minuten.
Während sich die einen mit der bereitgestellten Lasagne versorgten, loteten die anderen noch mögliche Mehrheiten aus oder diskutierten mit dem OB im Foyer über eine Vertagung des Themas. Denn wie schon in den vorausgegangenen Ausschüssen zeichnete sich ab, dass kein Standort eine Mehrheit finden würde - auch wenn die Fraktionen sogar kranke Stadträte aus dem Bett in den großen Rathaussaal holten. Außerdem hatten die Grünen den Antrag gestellt, den von ihnen vorgeschlagenen Standort Airfield und den von der CDU angedachten Standort Recyclinghof am Oftersheimer Weg bis Februar 2019 eingehender zu prüfen.
Schon im Vorfeld der Sitzung hatten Grüne und CDU versucht, einen Kompromiss zu finden, an dem sich auch die FDP und die Freien Wähler beteiligen wollten. Als die Liberalen am Montag ihre Kandidaten für den Gemeinderatswahlkampf nominierten, berichtete Karl Breer, dass es zu einer Einigung kommen werde. Diese sah eine tiefere Planung des Airfields und des Recyclinghofs und eine Ablehnung des heutigen Standorts vor. "Es ist eine schwierige Situation, weil eine mehrheitsfähige Lösung nicht in Sicht ist", erklärte Christoph Rothfuß den Vorstoß. Es sei der Versuch, eine Mehrheit für eine Alternative zu finden.
Der Antrag sei unter Mitarbeit der CDU mit dem Ziel entstanden, den Verbleib des Betriebshofes am jetzigen Standort zu verhindern, sagte CDU-Fraktionschef Jan Gradel. Dass die Grünen den Antrag am Ende alleine einbringen mussten, lag offenbar daran, dass sich Teile der CDU-Fraktion nicht mitgenommen fühlten und mit dem Inhalt nicht einverstanden waren: "Wir haben den Antrag bewusst nicht eingebracht, weil es dafür keine Mehrheit in der Fraktion gab", so Gradel.
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So konzentrierte sich der Unmut der anderen Fraktionen vor allem auf die Grünen: "Das ist kein Kompromiss, sondern eine Vertagung auf den Nimmerleinstag", sagte Wolfgang Lachenauer ("Die Heidelberger"). Er habe kein Vertrauen, dass im Februar tatsächlich eine Entscheidung getroffen werde, zumal es noch gar keinen Plan gebe, wie die Straßenbahn zum Airfield kommen soll. Er habe in seinem Leben noch nie einen solch undurchdachten, unausgegorenen und finanziell nicht abgesicherten Antrag gesehen.
SPD-Fraktionschefin Anke Schuster stieß ins gleiche Horn und warf den Grünen vor, sie wollten nicht Farbe bekennen: "Wenn die Grünen die Ochsenkopf-Wiese als Betriebshofstandort wollen, sollen sie auch dafür stimmen." Stattdessen würden die Grünen den Großen Ochsenkopf alternativlos machen: "Sie kegeln den bisherigen Standort raus, stellen unsinnige Prüfaufträge zum Airfield und zum Recyclinghof, um dann im Februar für den Ochsenkopf zu stimmen", warf Schuster den Grünen vor.
Es werde bis zu zehn Jahre dauern, bis man wisse, ob man das Airfield mit einer Straßenbahn über die Speyerer Straße überhaupt anschließen könne. "Das ist doch nur ein Hirngespinst, das die Politikverdrossenheit schürt", so Schuster. Auch die FDP - die ja eigentlich mit im Antrags-Boot war - stimmte mit ein: "Das Airfield ist eine Träumerei. Es wäre der erste Betriebshof ohne Gleisanschluss", machte sich Michael Eckert lustig.
Grünen-Rat Peter Holschuh widersprach dieser Sichtweise, schließlich habe der Oberbürgermeister alle Stadträte aufgefordert, eine Lösung zu finden: "Es ist schon bemerkenswert, dass wir jetzt alles abkriegen." Man sei gegen den Betriebshof an der Bergheimer Straße, weil dieser nicht zukunftsfähig und zu teuer sei. "Dem Ochsenkopf können wir aus ökologischen Gründen nicht zustimmen", sagte Holschuh.
Ihrem Antrag, das Airfield und den Recyclinghof zu prüfen, stimmten neben den Grünen-Stadträten nur Simone Schenk (Freie Wähler) und Waseem Butt zu, 29 votierten dagegen. Für den Verbleib des Betriebshofes am heutigen Standort stimmten SPD, Bunte Linke, "Die Linke", "Heidelberg Pflegen und Erhalten" sowie die Piraten, 28 dagegen. Für den Umzug des Betriebshofes an den Ochsenkopf und den Bau einer Grünfläche auf der Hälfte der heutigen Betriebshoffläche stimmten CDU, "Die Heidelberger", OB Würzner, FDP, Raimund Beisel von den Freien Wählern und die AfD zu, 25 dagegen. Auch die Verwaltungsvorlage, die ebenfalls einen Umzug an den Großen Ochsenkopf vorsah, wurde so abgestimmt.
Würzner war im Anschluss sichtlich konsterniert, sprach von einer Katastrophe: "Für den Ochsenkopf sind die meisten Stadträte. Aber ich habe keine Mehrheit, mit der ich die RNV beauftragen kann, etwas umzusetzen", sagte er. Deshalb werde man den alten Betriebshof jetzt mit Schweißern am Leben erhalten.
RNV-Geschäftsführer Martin in der Beek sagte: "Ich bin erschüttert, das ist kein guter Tag für die RNV." Auch wenn sich das Ergebnis in den Ausschüssen bereits abzeichnete: "Ich hätte mir gewünscht, dass man sich wie damals beim Mobilitätsnetz zusammenrauft."
Man werde jetzt die Sanierung am Altstandort angehen: "Das ist aber nur die Konservierung des heutigen Zustands, damit ist nichts gewonnen", unterstrich in der Beek. Statt besserer Arbeitsbedingungen würden diese noch erschwert, wenn neu bestellte Bahnen untergebracht werden müssen: "So trägt man keine Verantwortung."