Eppingen

"Rössle"-Sanierung mit Leidenschaft für alte Bausubstanz

Mit dem Umbau des "Rössle" wird ein wertvolles Stück Stadtgeschichte gesichert - Pläne für Arztpraxis gescheitert

11.09.2018 UPDATE: 12.09.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 8 Sekunden

Wohnen im ehemaligen Schankraum wird voraussichtlich 2020 möglich sein. Fotos: Guzy

Eppingen. (guz) Das Vorhaben wird weder die Wohnungsnot lindern noch als sozialer Wohnungsbau durchgehen. Dafür aber sichert die nun begonnene Sanierung des Rössle-Areals ein wertvolles Stück Stadtgeschichte zu Fuße des Pfeifferturms, dem Eppinger Wahrzeichen. Grund genug für einen großen Auflauf beim symbolischen Spatenstich, der am Dienstag vollzogen wurde - unter anderem von Vertretern der Stadt, die das Vorhaben gemeinsam mit dem Land mit einem laut OB Klaus Holaschke "mittleren sechsstelligen Betrag" fördert. Auch der Investor, die Jako Denkmalpflege GmbH aus Rot an der Rot, hält sich mit konkreten Zahlen zum Projekt zurück: Die Investitionskosten werden mit einem "mittleren siebenstelligen Bereich" lediglich vage beziffert. Aber wichtiger ist den Beteiligten ohnehin, dass sich nach Jahren, in denen das Rössle zusehends verfiel, nun endlich etwas tut.

Aktuell bietet sich dem Betrachter im Innenhof allerdings ein sehr desolates Bild des ehemaligen Gasthauses: In Wänden klaffen garagentorgroße Löcher, nackte, nicht immer einwandfreie Balken sind zu sehen, mit Planen verhängte Vorsprünge. Das ehemalige Kino, in dem Generationen von Eppingern filmisches Vergnügen und manchmal auch die erste Liebe fanden, wurde bereits vor Wochen komplett abgerissen.

Im Innenhof des Ensembles sind vor dem Spatenstich bereits erste Baufortschritte zu sehen.

Im Innenhof lagert nun Baumaterial, das mit einem Kran an die richtige Stelle gehievt wird. Die Fassade des Rössle ist eingerüstet, die markant-goldene Pferde-Figur wurde für die Arbeiten abmontiert, soll später aber wieder die Fassade zieren. An den gegenüberliegenden Gebäuden Kirchgasse 3 und 5 wird auf der Innenhofseite bereits aufgemauert. Hier sollen Ende 2019 die ersten Besitzer ihre neuen Wohnungen beziehen. Der Umbau des Rössle wird einige Monate länger dauern. Frühestens Anfang 2020 können die Möbelpacker hier einräumen.

Weil sich der Plan, im ehemaligen Gastraum eine Arztpraxis unterzubringen, mangels Interessenten zerschlagen hat, werden nun insgesamt zwölf Wohnungen auf dem Areal entstehen, die größten mit 104 Quadratmeter Fläche, die kleinsten mit 50 - und trotz des für Eppingen stattlichen Quadratmeterpreises von 3500 Euro sind laut Makler Jens Schäfer bereits alle verkauft.

"Wir sind kein konventioneller Bauträger. Wir verstehen uns als Hausärzte", betont Bernd Jäger, Geschäftsführender Gesellschafter der Firma Jako Baudenkmalpflege, und spricht dann davon, wie sich seine Mannschaft in die Vergangenheit eines Hauses und seiner früheren Bewohner einarbeitet und sie "erfühlt". Echte Leidenschaft für alte Bausubstanz und nachhaltiges Bauen ist dabei deutlich zu spüren. Auch dann, wenn Jäger an die alten Balken im Rössle erinnert - gesägt aus 300 Jahre alten Bäumen, die noch vor der Entdeckung Amerikas ihre ersten Blätter entwickelt hatten. Weil es diese Balken heute noch am "geschichtsträchtigen Standort" gibt, "kann das kein G’lump sein", sagt Jäger und fügt hinzu, dass Neubauten weit weniger nachhaltig seien.

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Das Ensemble wurde 1714 errichtet, im Laufe der Jahrhunderte mehrfach umgebaut, zuletzt aber nicht mehr gepflegt. In den 1970ern traf sich hier die Eppinger Altstadtjugend - und auch mal eine Rockerclique, angezogen von Kino, Wirtschaft und Tanzvergnügen.

Das Ende der Kino-Ära brachte auch das Aus fürs Rössle. Als die Stadt das Gebäude schließlich nach Verhandlungen mit einem Dutzend Eigentümern vor zehn Jahren kaufte, geschah das, um zumindest die Substanz zu sichern. OB Holaschke erinnerte an viele hochfliegende Pläne für das Ensemble, an "vielversprechende Ansätze", die aber allesamt am finanziellen Wagnis scheiterten, das am Ende doch keiner eingehen wollte. "Ich würde mir auch eine Gastronomie hier wünschen", bekannte er beim Spatenstich, "aber die Realitäten sind andere."

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