"Kein Schild, keine Öffnungszeiten, keine Speisekarte, keine Autos von Gästen"
Nachbarn: Lokal wurde nie eröffnet - Anwohner widersprechen der Version der Eigentümer

Wurde denn nun an jenem 15. Januar 2017 ein Restaurant im Alten Kohlhof eröffnet? Die Besitzerfamilie Hofbauer sagt ja, die Nachbarn und die Mitarbeiter des städtischen Liegenschaftsamts verneinen das. Foto: Rothe
Von Micha Hörnle
Heidelberg. Die endgültige Entscheidung, ob die Stadt das Anwesen Kohlhof 5 zurückkaufen darf, fiel auch am Mittwoch nicht. Über vier Stunden wurden Zeugen, darunter vier Nachbarn, zwei Mitarbeiter des städtischen Liegenschaftsamtes und der Sohn der jetzigen Besitzer, vernommen, damit sich Richterin Andrea Großmann und ihre beiden Kollegen Friedrich Schütter und Oliver Scholz ein Bild davon machen konnten, was eigentlich in dem einstigen Ausflugslokal "Alter Kohlhof" seit dem Verkauf an die Familie Hofbauer passiert ist. Und im Gegensatz zum ersten Prozesstag am 13. Dezember waren die Richter deutlich kritischer gegenüber den Ausführungen der heutigen Besitzer und ihrer Anwälte. Sie wiesen sie sogar zurecht, wenn sie den einen oder anderen Zeugen zu hart angingen.
> Die zentrale Frage: Wurde jemals, seit die neuen Besitzer das Anwesen kauften, eine Gastronomie betrieben? Die Frage ist deswegen so wichtig, weil es einen Grundbucheintrag gibt, der die Besitzer bis 2022 verpflichtet, eine Gaststätte zu betreiben. Den erkennt das Gericht offenbar auch für die Hofbauers als gültig an. Vor allem interessiert, ob es am 15. Januar 2017 eine wirkliche "Eröffnung" gegeben hat - das war der Tag, den die Stadt als letzte Frist für ein Hofbauer-Lokal gesetzt hatte.
> Das sagen die Nachbarn: Übereinstimmend berichten vier Nachbarn, darunter der Grünen-Stadtrat Manuel Steinbrenner und der Verleger Georg Stein, dass es niemals einen regelmäßigen Lokalbetrieb gegeben habe - weder vor noch nach dem 15. Januar 2017: "Es gab kein Schild, keine Öffnungszeiten, keine Speisekarte, es standen nie Autos da", so Steinbrenner. Stein wiederum behauptete, der neue Eigentümer Michael Hofbauer habe ihm gegenüber schon von Anfang an gesagt, dass er nie beabsichtige, hier ein Lokal zu etablieren. Ähnlich erinnert sich auch Gert D., ein direkter Nachbar: "Dass dort eine Gastronomie geplant war, stand nie zur Debatte." Für ihn gebe es jedoch eine "kulturelle Tradition", auf dem Kohlhof eine Gastronomie für alle anzubieten; früher sei das Ausflugslokal immer gut gelaufen. Eckhardt S., auch er ein unmittelbarer Anwohner, hat von einer angeblichen Eröffnung des Hofbauer-Lokals nie etwas mitbekommen. Steinbrenner wiederum sagte, dass er bezweifelte, dass dort auf dem Kohlhof an jenem 15. Januar 2017 überhaupt gekocht wurde, schließlich stand ein Wagen einer Cateringfirma vor der Tür. Das wiederum bestreitet Florian Hofbauer, der Sohn der Eigentümer, der auch den Kauf in die Wege leitete und das Restaurant betreibt.
Hintergrund
> Die Version der Stadt: Die Hofbauers kaufen das Anwesen und treten damit auch in die Verpflichtung des Grundbuchs ein, ein Lokal zu betreiben. Aber niemals wurde bisher auch nur eine solche Nutzung nachgewiesen. Bei mehreren Terminen vor Ort gab es keine
> Die Version der Stadt: Die Hofbauers kaufen das Anwesen und treten damit auch in die Verpflichtung des Grundbuchs ein, ein Lokal zu betreiben. Aber niemals wurde bisher auch nur eine solche Nutzung nachgewiesen. Bei mehreren Terminen vor Ort gab es keine richtige Küche, keinen Kühlraum, auch die Gaststube wirkte nur provisorisch. Es ist also davon auszugehen, dass die Eigentümer dort vor allem wohnten. Die Stadt hat die Eigentümer immer wieder daran erinnert, dass eine Nutzung als Gaststätte für die Stadtverwaltung und die Kommunalpolitik essenziell ist. Und wenn die Hofbauers dieser Auflage nicht nachkommen, werde man das Anwesen zurückkaufen - und notfalls darauf klagen. Im Grunde haben die jetzigen Eigentümer den Langmut und die Geduld einer eigentlich gutwilligen Stadtverwaltung überstrapaziert - und immer noch kein Lokal eingerichtet. Daran hat sich auch nichts geändert. Wenn überhaupt, finden dort geschlossene Gesellschaften statt; mit einem Restaurant herkömmlicher Art - wie es der Grundbucheintrag fordert - hat das nichts zu tun. Abgesehen davon gab es auch keinerlei Öffentlichkeitsarbeit oder Werbung für ein Lokal.
> Das sagen die städtischen Mitarbeiter: Besonders lange, gut zwei Stunden, wurden der ehemalige Leiter des Liegenschaftsamtes, Ralf Krapp, und seine Mitarbeiterin Ute R. vernommen. Sie sagten übereinstimmend aus, dass zu keiner Zeit "eine Nutzung als Gaststätte nachweisbar" war. Dabei habe man immer wieder klar gemacht, dass das der für die Stadtverwaltung wichtigste Punkt sei. Eine Nutzung als Hotel wie früher habe man schon nicht mehr verlangt. Im Grunde habe man darauf gehofft, dass die Eigentümer ihren Verpflichtungen nachkommen würden - aber vergeblich. Auf die Vorhaltung des Hofbauer-Anwalts Enrique Tortell, man habe den Hofbauers aber auch keinen Zeitplan für ein Lokal vorgegeben und nie überprüft, ob es auch eines gebe, sagte Krapp: "Wenn es Probleme gibt, den Verpflichtungen nachzukommen, gehe ich davon aus, dass man sich meldet." Die Pflicht, ein Lokal nachzuweisen, liege generell beim Besitzer.
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Hintergrund
> Die Version der Hofbauers: Das Ausflugslokal "Alter Kohlhof" war praktisch pleite, es wurde der Familie Hofbauer zum Kauf angeboten. Zunächst wusste sie nichts von einem Grundbucheintrag, der den Betrieb eines Lokals zur Pflicht macht, aber das
> Die Version der Hofbauers: Das Ausflugslokal "Alter Kohlhof" war praktisch pleite, es wurde der Familie Hofbauer zum Kauf angeboten. Zunächst wusste sie nichts von einem Grundbucheintrag, der den Betrieb eines Lokals zur Pflicht macht, aber das war ihnen egal, denn sie wollten hier ja sowieso ein zweites Gourmetrestaurant neben Lingental aufmachen. Zunächst war es als Ergänzung zum Angebot im Leimener Stadtteil gedacht, doch als man dort nach einem Wasserschaden alles aufgeben musste, dachte man neu nach. Eines kam allerdings nicht in Frage: ein Ausflugslokal alten Stils. Das ist nicht rentabel - was ein Gutachten belegt - und passt nicht zum Stil der Familie. Vor allem musste das völlig marode Gebäude saniert werden. Inzwischen setzte die Stadtverwaltung eine völlig unrealistische Frist, also improvisierte man und eröffnete rasch am 15. Januar 2017. Seitdem hat man immer wieder Gäste bewirtet, und inzwischen gibt es einen geregelten Gastronomiebetrieb - natürlich mit einer professionellen Küche, die extra angefertigt wurde und in der Robert Rädel regelmäßig kocht. Jeder kann sich anmelden und einen Tisch reservieren. Mit der Vermarktung des neuen Lokals ist man deswegen so vorsichtig gewesen, weil es lange gebraucht hatte, bis es fertig war. Außerdem fürchtete man, wegen der Kritik an der Lingental-Schließung und dem beabsichtigten Kauf der Mantei-Backhalle vollends in Verruf zu kommen und damit dem neuen Edelrestaurant zu schaden. Natürlich kommt für das Lokal nicht jedermann in Frage, sondern ein Kreis, der das Angebot zu schätzen weiß und auch bereit ist, dafür einen gewissen Preis zu bezahlen - und deswegen muss man auch nicht groß Werbung machen. Kritik an diesem exklusiven Konzept kommt im Grunde nur von denjenigen, die sich die alte Ausflugsgastronomie wieder zurückwünschen.
> Das sagt Florian Hofbauer: Der Sohn der Eigentümer besteht darauf, dass man auf dem Kohlhof immer eine Gastronomie einrichten wollte. Nur aufgrund des hohen Sanierungsbedarfs und der sich ändernden Konzepte brauchte man Zeit. Erst im Januar 2017 hatte man die ersten Gäste, jetzt sei alles fertig. Auf die Frage des städtischen Rechtsanwalts Holger Henkel, ob er für einen Restaurantbetrieb Einkaufsbelege vorlegen könne, sagte er: "Können schon, möchte ich aber nicht." Auf die Frage, wie öffentlich das Lokal ist, antwortete der 26-Jährige: "Ich verdiene mein Geld nicht in der Gastronomie, sondern in anderen Branchen. Meine Kunden wollen auch nicht so gern in ein öffentliches Lokal gehen. Daher war auch nicht das primäre Ziel, für andere Gäste offen zu haben."
> Wie geht es nun weiter? Das Gericht will die Beweisaufnahme am Mittwoch, 18. April, um 10 Uhr fortsetzen. Möglicherweise wird, so Richterin Großmann, ein Gutachten zur Rentabilität einer Gastronomie auf dem Kohlhof angefordert.