Weinheim: "Restaurant Hutter im Schloss" schließt Ende des Monats

Eine "offizielle" Abschiedsparty gibt der Schlossgastronom Jan Hutter nicht – Er konzentriert sich lieber auf seine Zukunft

13.09.2016 UPDATE: 14.09.2016 06:00 Uhr 2 Minuten, 40 Sekunden

Jan Hutter im Weinheimer Schloss: Vor seiner Karriere in der Gastronomie hatte der heute 49-Jährige das Abitur bestanden und Soziologie studiert - ehe die Leidenschaft fürs Kulinarische siegte. Foto: Dorn

Von Günther Grosch

Weinheim. "Restaurant Hutter im Schloss": Eine Feinschmeckeradresse, die es mit Ablauf dieses Monats nicht mehr geben wird. Nach zehn Jahren als Pächter schließt "Schloss-Koch" Jan Hutter am 30. September seinen Gastronomiebetrieb, um sich neuen Herausforderungen zu stellen. Voraussichtlich von November an wird die Hanauer Gastronomiegesellschaft "CuBe" den Betrieb wiedereröffnen. Zuvor sind aufwendige Umbauarbeiten geplant.

Gästen später einmal groß aufzutischen, war Jan Hutter nicht unbedingt in die Wiege gelegt worden: Nach Abitur und Studium der Soziologie und Erziehungswissenschaften aber brach bei dem damals 24-Jährigen die Leidenschaft fürs Kochen durch. Bedingt vor allem dadurch, dass seine Eltern seit den 1970er-Jahren ein Haus in Spanien besaßen: Jan Hutter hatte sich von klein auf in die iberische und speziell die katalanische Küche verliebt.

In der "Alten Pfalz" und der "Winzerstube" in Weinheim absolvierte er zwischen 1991 und 1993 eine Kochausbildung, ehe er an der Costa Brava im spanischen "El Capitan" in Castillo de Em᠆puries und dem "Papagaillo" in Em᠆puriabrava weitere Feinheiten erlernte. Mit "Hutters Bar & Restaurant" machte sich der heute 49-Jährige 1994 in der Zweiburgenstadt selbstständig. 1999 folgte das "Speisehaus Jan Hutter", ehe er in der Nachfolge von Arnold Farnows "Schlosspark-Restaurant" 2006 das "Hutter im Schloss" kreierte.

Hutter beteiligte sich auch finanziell an der Einrichtung und technischen Neuausstattung der Räume, mit rund 200.000 Euro. Insgesamt beliefen sich die Umbaumaßnahmen auf rund 1,3 Millionen Euro. Auf Wunsch seiner vielen Stammgäste nach wie vor an spanischen Spezialitäten interessiert, richtete Hutter seine Küche aber auch an Gerichten aus der Region aus. Dass mit dem Adjektiv "schwierig" die Anfangszeit nur unzureichend beschrieben werden kann, verhehlt Hutter nicht: "Nach 35 Jahren mit Arnold Farnow war die Erwartungshaltung hoch." Ein Teil der Gäste wollte, dass es so wie bisher weitergeht. Ein anderer erhob Vorwürfe: "Was habt ihr aus dem Schlossrestaurant gemacht?". Ein dritter Teil wiederum fand die Umstellung nicht mutig genug.

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Als anerkannter Ausbildungsbetrieb bildete Jan Hutters Restaurant fast drei Dutzend junge Menschen aus, im Restaurantfach und zu Koch und Köchin. "Viele davon haben sich erfolgreich selbstständig gemacht", freut sich Hutter vor allem über Constanze Mayer-Ullmann. Sie ist Geschäftsführerin der Bensheimer Gastronomie "Gorillah". Drei weitere Ex-Azubis sind in Spanien, andere in der Schweiz und in Österreich. "Ausbildung ist mir immer wichtig gewesen", versichert Jan Hutter. Was auch die Tatsache beweist, dass er unter anderem als Leiter des Stadtjugendrings ebenso aktiv war wie er sich zusammen mit Ben Schmidt in der soziokulturellen Arbeit von "Muddy’s Club" und dem ehemaligen "Café Juland", dem heutigen "Café Central", engagierte.

Die Kulturarbeit kam auch bei "Hutter im Schloss" nicht zu kurz. Zehn Jahre lang gehörten die allmonatlichen Auftritte von "Add IV" - insgesamt 150 - ebenso zum lebendigen Inventar wie die "Poetry Slams" sowie vereinzelte Kunstausstellungen. Besonders bei den Slams arbeitete man eng mit dem Kulturbüro der Stadt zusammen. Mehr als 300 Hochzeitsgesellschaften feierten "im Schloss". Aufgrund des Raumkonzepts mussten allerdings viele Heiratende als "Geschlossene Gesellschaften" firmieren, was andere potenzielle Gäste verärgerte. Woran Hutter allerdings weitgehend schuldlos war: "Es war Vorgabe der Stadt und schriftlich fixiert, dass das Restaurant als ,Gastronomiebetrieb auf hohem Niveau knapp unter einem Stern‘ sowie als ,Hochzeits- und Eventlocation‘ zur Verfügung stehen muss." Dass es wegen unterschiedlicher Ansichten über Zuständigkeiten immer wieder mal Reibereien mit der Stadt gab, verschweigt der Gastronom gleichfalls nicht. Was wohl einer der Gründe dafür ist, dass Hutter die Option auf eine weitere fünfjährige Pacht nicht zog.

Und wie geht es weiter? "Die Lust, nach 22 Jahren Selbstständigkeit noch etwas anderes anzufangen", ist Hutter aus dem Gesicht abzulesen. Für einige Monate werde er vorerst seine Lebensgefährtin unterstützen, die in der Schweiz ein eigenes Restaurant führt. Sein Hauptaugenmerk aber richtet sich darauf, etwas bei der in seinen Augen "im Argen liegenden Schulverpflegung" von Kindern und Jugendlichen zu ändern. "Mein Ziel ist es, über die EU einen entsprechenden Forschungsauftrag zu bekommen und in diesem Bereich den augenblicklichen Stand in fünf verschiedenen Ländern zu untersuchen."

"Das Wissen über die richtige Ernährung schwindet bei Kindern und Jugendlichen immer mehr", bedauert Hutter. Er fordert: "Weg mit jeglicher standardisierter Catering-Verpflegung." Die Vermittlung eines Grundwissens über Essen und Trinken müsse zum festen Bestandteil von Unterricht werden. Einen offiziellen Abschied wird es nicht geben, ehe am 30. September die Öfen abgeschaltet und die Schlüssel bei "Hutter im Schloss" ein letztes Mal umgedreht werden.

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