Walldorf

Bislang keine Einigung bei SAP zum Homeoffice

Der Konzern will Beschäftigte zu mehr Büro-Zeit verpflichten. die Regelung hätte im Mai in Kraft treten sollen. Doch Verhandlungen dauern an.

02.05.2024 UPDATE: 01.05.2024 12:09 Uhr 2 Minuten, 37 Sekunden
SAP-Zentrale in Walldorf: Geht es nach dem Management, müssen die Beschäftigten künftig häufiger im Büro erscheinen. Foto: dpa

Von Barbara Klauß

Walldorf. Der Aufschrei war groß, als SAP Anfang des Jahres erklärte, man wolle die Beschäftigten künftig an drei Tagen in der Woche im Büro sehen. An diesem 1. Mai hätte die neue Regelung zum Homeoffice in Kraft treten sollen. Geschehen ist das nun jedoch nicht, wie ein Unternehmenssprecher am Dienstagabend bestätigte: "Die Verhandlungen mit dem Betriebsrat der SAP SE dauern noch an", erklärte er. "Und Ziel ist es, eine einvernehmliche Regelung bald und gemeinsam vorstellen zu können."

Das Thema Homeoffice wird beim Softwarekonzern – der seinen Beschäftigten traditionell große Freiheiten gewährt – emotional diskutiert. Bislang können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, in Absprache mit dem oder der Vorgesetzten, frei entscheiden, von wo aus sie arbeiten. In diesem Januar aber schrieb SAP-Chef Christian Klein in einer E-Mail an die rund 107.000 Beschäftigten weltweit: Künftig seien drei Tage pro Woche im Büro oder bei Kunden beziehungsweise Partnern vorgesehen.

"Wir wissen, wie wichtig und bereichernd es ist, persönlich zusammenzuarbeiten", erklärte Klein damals. Deshalb werde das hybride Arbeitsmodell "Pledge to Flex" des Konzerns weiterentwickelt – und sehe künftig eben drei Tage Büro pro Woche vor, vorbehaltlich des lokalen Arbeitsrechts und der Einbeziehung der Sozialpartner. Um "eine reibungslose Umstellung zu ermöglichen", kündigte Klein eine "Übergangsphase bis Ende April" an.

Gegen diese Pläne des Managements regte sich Widerstand in Teilen der Belegschaft. Tausende SAP-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter unterzeichneten ein offenes Protestschreiben aus den Reihen des Europäischen Betriebsrats der SAP. "Wir fühlen uns von einem Unternehmen betrogen, das uns bis vor kurzem ermutigt hat, von zu Hause aus zu arbeiten, nur um dann einen radikalen Richtungswechsel zu fordern", hieß es in dem Brief. Offen drohten die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner damit, sich lieber einen anderen Job zu suchen, als ins Büro zurück zu kehren.

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"Wir lassen nicht locker und fordern die Weiterführung einer ,Pledge to Flex’, die ihren Namen verdient", erklärte der Vorsitzende des Gremiums, Andreas Hahn, damals. Viele Mitarbeitende hätten auf das vom Vorstand gegebene Versprechen des flexiblen Arbeitsortes ihre Lebensplanung aufgebaut. Eine so unverhoffte und sofort umgesetzte Rücknahme sei schlicht "ein Schlag ins Gesicht".

Zuvor hatte auch Eberhard Schick, Vorsitzender des Betriebsrats der SAP SE, gesagt, man erwarte, dass der Vorstand die Ankündigung zur Office-Pflicht noch einmal überdenke. Auch der Betriebsrat der SAP SE wolle sich dafür einsetzen, "dass die Kolleginnen und Kollegen auch weiterhin autonom und flexibel arbeiten können". Es sei besser, die Arbeitsplätze so zu gestalten, dass die Beschäftigten wieder Lust hätten, ins Büro zu gehen, fügte er hinzu. "Irgendwelche Anweisungen sind da nicht zielführend."

Die Kehrtwende des Konzerns damals kam für viele überraschend. Noch im Mai 2021 hatte SAP angekündigt, seinen Beschäftigten künftig komplett freizustellen, wann sie von zu Hause, von unterwegs oder im Büro arbeiten. "Wir wollen unseren Mitarbeitern die Wahl lassen", sagte Vorständin Julia White im Juni 2021. In einer Mitarbeiterumfrage hätten sich 94 Prozent der Beschäftigten für diesen Weg ausgesprochen. Auch Vorstandschef Klein versprach damals in einer Mitteilung einen zu "100 Prozent flexiblen und vertrauensbasierten Arbeitsplatz als Norm, nicht als Ausnahme".

Die Neuausrichtung begründete Klein dann Anfang dieses Jahres damit, dass ein dauerhaftes Arbeiten im Homeoffice die Kultur und die Zusammenarbeit bei SAP gefährde. Die Rückkehr ins Büro sei auch deshalb nötig, weil auch in diesem Jahr mehrere tausend Menschen einen neuen Job bei SAP anfingen. Dazu brauche es eine Einführung und Coaching. "Wenn niemand in den Büros arbeitet, funktioniert das nicht", sagte er bei der Bilanzpressekonferenz im Januar. Außerdem sei der Austausch im Büro auch für die eigene Karriere förderlich. "Wir müssen die richtige Balance finden", erklärte Klein der RNZ. Der Vorstandsvorsitzende betonte allerdings auch, dass es keine Anwesenheitskontrollen geben werde. Müssten sich etwa Eltern um kranke Kinder kümmern, ließe sich eine Lösung mit der direkten Führungskraft finden.

Nach der Kritik der Arbeitnehmervertreter hatte ein Unternehmenssprecher im Frühjahr beteuert, man wolle die Zeit nutzen, bis am 1. Mai eine Nachfolgeregelung für das mobile Arbeiten an den Start gehe, "um gemeinsam mit den Sozialpartnern an deren für alle Parteien tragfähigen Ausgestaltung zu arbeiten".

Bis zu diesem 1. Mai ist das nun offenbar nicht gelungen.

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