Bauern-Proteste

Rund 750 Fahrzeuge im Neckar-Odenwald-Kreis unterwegs

Mit Parolen wie "Politischer Mist düngt nicht" protestierten die Landwirte am Montag gegen die Sparpläne der Bundesregierung.

09.01.2024 UPDATE: 08.01.2024 18:10 Uhr 3 Minuten, 8 Sekunden
Foto: Hanel

Neckar-Odenwald-Kreis. (ahn/tra) "Zu viel ist zu viel – es reicht!" Dieser Spruch auf dem Banner, das ein Landwirt am Frontlader seines Schleppers angebracht hatte, fasst gut zusammen, um was es am Montagmorgen in ganz Deutschland ging: Die Landwirte demonstrierten gegen die von der Bundesregierung geplanten Streichungen von Subventionen. Im Neckar-Odenwald-Kreis waren sie mit rund 700 Fahrzeugen an der Auffahrt zur A81 bei Osterburken, in Buchen und in Mosbach unterwegs.

Großdemonstration an der A81

"Rund um die A81 geht gar nichts mehr", stellte Albert Gramling, der Vorsitzende des Kreisbauernverbands Neckar-Odenwald, fest. Die demonstrierenden Landwirte legten ab morgens um 6 Uhr mit ihren Schleppern den Verkehr lahm – und nicht nur rund um die Autobahnauffahrt. Von Merchingen bis zum Eckenbergtunnel und Richtung Mosbach bis zum Businesspark Adelsheim ging es bestenfalls im Schritttempo vorwärts.

"Politischer Mist düngt nicht!" oder "Ohne Bauern keine Zukunft!" – solche und andere Parolen, die die Politik der Bundesregierung kritisierten, hatten die Landwirte an ihren Traktoren angebracht. Rund 350 Schlepper beteiligten sich allein rund um die A81 bei der Protestaktion. Hinzu kamen noch rund 50 Lkw und 50 weitere Fahrzeuge, die ebenfalls hupend und im Schritttempo demonstrierten. "Hier gibt es richtig Aufruhr", stellte Gramling zufrieden fest.

Nach seiner Einschätzung kamen ungefähr drei Viertel der Demonstranten aus dem Neckar-Odenwald-Kreis, während der Rest von weiter her angereist waren. Auf dem Park-and-Ride-Parkplatz an der Autobahnauffahrt, wo man sich morgens zur Demonstration aufgestellt hatte, wurde für das leibliche Wohl gesorgt.

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130 Fahrzeuge bei Buchen unterwegs

Zwischen Buchen Ost und Buchen Süd auf der B27 sowie in Teilen des IGO ging es nur im Schritttempo voran. Mit rund 130 Fahrzeugen drehten Landwirte aus dem Mittelbereich Buchen zwischen 6 Uhr morgens und 12 Uhr mittags hupend Runde um Runde. "Wir für euch: Landwirtschaft brauchen alle! Eure Bauern" und "Was muss noch passieren, damit ihr seht, was alles dahinter steht", war auf Bannern zu lesen, die Bauern auf ihren Schleppern befestigt hatten.

"Die Autofahrer reagieren sehr positiv, und wir bekommen immer wieder ,Daumen hoch’-Zeichen. Manche machen sogar den Warnblinker an und fahren eine Runde mit", berichtete Landwirt Frieder Blum aus Adelsheim. "Nur ganz wenige Fahrer waren genervt." Die Demo-Teilnehmer kamen aus den verschiedensten Bereichen. "Alle Landwirte hängen an Subventionen. Und wenn der Agrardiesel gestrichen wird, ist das ein großer Batzen. Landwirte brauchen Diesel und werden davon noch mehr brauchen: Wenn Pflanzenschutzmittel reduziert werden, muss das durch mechanische Bodenbearbeitung kompensiert werden", informierte Blum.

Klaus Bier aus Wagenschwend bringt die Perspektive der Nebenerwerbslandwirte ein: "Für Landwirte im Nebenerwerb gelten die gleichen Auflagen wie für große Betriebe", kritisiert er. Oft wird auch vergessen, dass kleine Landwirte für die Erhaltung und Pflege der Kulturlandschaft unverzichtbar sind.

Forstunternehmer Sascha Misskampf aus Mudau ergänzte: "Die Landwirtschaft betrifft alle. Man ist es gewohnt, dass das Essen in den Regalen steht." Wird es nach dem Protesttag und dem anstehenden Protest am Donnerstag noch weitere Aktionen geben? "Das hängt davon ab, ob sich die Politik weiter quer stellt", meinte Frieder Blum gegenüber der RNZ.

Die Aktion der Landwirte in Buchen wurde jedoch auch von einer anderen Interessengruppe genutzt: Mitglieder der umstrittenen Bewegung "Buchen steht auf" kamen zum Treffpunkt der Landwirte, um dort Infomaterial zu verteilen.

Protestfahrt in Mosbach

Schon in den frühen Morgenstunden (ab 6 Uhr) war rund um und mitten in Mosbach viel los – mit ihren Traktoren und Lastwagen "regulierten" die Landwirte den Verkehr, im Berufsverkehr war mitunter viel Geduld gefragt. Gegen 9.30 Uhr kamen die Teilnehmer der Protestaktion am Messplatz in Neckarelz zusammen. Nach gut drei Stunden Protestfahrt waren auch die Hauptverkehrsstraßen um und in Mosbach wieder weitestgehend traktorfrei.

"Wir haben sehr viel positive Resonanz erfahren", bilanzierte Samuel Baier, einer der Mitorganisatoren der Fahrt rund um Mosbach und Landwirt aus Sulzbach. "Es ist alles friedlich abgelaufen", betonte der Landwirt. Es sei nie die Absicht gewesen, zu blockieren, sondern zu "entschleunigen". Für Rettungswagen und Busse habe man stets Platz gemacht. Dass es dann schlussendlich an die 100 Traktoren plus einige Fuhrunternehmer mit ihren Lkw waren, die Präsenz zeigten und den Protest mitgestalteten, habe ihn selbst überrascht.

Besonders auf sich aufmerksam machten die Landwirte und ihre Mitstreiter unterdessen am späten Vormittag noch einmal auf der B 27: Ab 11 Uhr bewegte sich der große Zug mit Blinklicht, Hupen und Fanfaren noch einmal geschlossen gen Osten. ^

Unterstützung vom Minister

Minister Peter Hauk sagte bereits am Freitag: "Die angekündigten Nachbesserungen der Bundesregierung beim Agrardiesel und der Kfz-Steuer reichen bei Weitem nicht aus. Die Befreiung der Kfz-Steuer beizubehalten, ist richtig, aber die Agrardieselbeihilfe dennoch stufenweise abzubauen zu wollen, ist nach wie vor ein Schlag ins Gesicht unserer Landwirte. Die stufenweise Abschaffung der Agrardieselbeihilfe ist nichts anderes als ein Strukturbruch auf Raten. Unsere Landwirte benötigen echten Rückenwind statt weitere Belastungen."

Solidarität mit den Bauern

Auch einige Speditionen hatten sich dem Protest der Bauern angeschlossen und nahmen mit Lastern an den Fahrten teil. Der Pflegedienst "AbuCare" aus Adelsheim verteilte am Streiktag 150 Muffins an Demoteilnehmer in Osterburken.

Die Bilanz der Polizei

Wie Carsten Diemer von der Pressestelle des Polizeipräsidiums mitteilte, sei "alles gesittet und ohne Störaktionen" abgelaufen. Die Auswirkungen auf den Verkehr seien massiv gewesen. Insgesamt wurden im Bereich des Polizeipräsidiums 45 Protestaktionen mit 1700 Fahrzeugen gezählt.

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