Haßmersheim

Heidelberg Materials will in Grube wieder nach Gips graben

Die Firma will einen zweistelligen Millionenbetrag für die Reaktivierung der Gipsgrube investieren. Stellungnahme der Gemeinde erst nach Infoabend.

13.10.2023 UPDATE: 13.10.2023 06:00 Uhr 2 Minuten, 23 Sekunden
In 70 bis 170 Metern Tiefe will Heidelberg Materials wieder Gips in Haßmersheim abbauen. Die erschlossenen Vorkommen (23 Millionen Tonnen) reichen für die nächsten 27 Jahre. Im südlichen Teil des Areals wird zudem eine zweite Gipsschicht vermutet, die ebenfalls schätzungsweise rund 23 Millionen Tonnen Ertrag bringen könnte. Foto: Heidelberg Materials

Von Caspar Oesterreich

Haßmersheim. Seit zwei Jahrzehnten ruht der Untertage-Bergbau in Haßmersheim. Ende 2025 / Anfang 2026 soll sich das ändern. Der Baustoffkonzern Heidelberg Materials will die Gipsgrube wiederbeleben und einen zweistelligen Millionenbetrag in das Projekt investieren. Mehr als 30 neue Arbeitsplätze könnten entstehen und westlich des Neubaugebiets Nord III jährlich rund 600.000 Tonnen Gips gefördert werden – doppelt so viel wie in der nahe gelegenen Gipsgrube Obrigheim.

Am Montagabend befasste sich der Technische Ausschuss von Haßmersheim mit der angestrebten Reaktivierung. Stefan Berwanger, Werksleiter der Grube Obrigheim, und Projektleiter Jens Reimer stellten die Pläne von Heidelberg Materials ausführlich vor. Am kommenden Dienstag lädt das Unternehmen die Einwohner zu einer Informationsveranstaltung in die Sport- und Festhalle ein.

Aus wirtschaftlichen Gründen war der Rohstoffabbau Anfang der 2000er-Jahre in der Gemeinde auf Eis gelegt worden. Doch mittlerweile steige die Nachfrage nach Naturgips wieder – "vor allem mit Blick auf den Kohleausstieg", erläuterte Berwanger den Grund für das umfangreiche Vorhaben. Bei der Rauchgasentschwefelung in Kohlekraftwerken falle nämlich sogenannter REA-Gips an, der dann häufig zu Gipskartonplatten weiterverarbeitet wird. "Mit dem Aus der Kohleverstromung fällt diese Bezugsquelle aber weg", so der Obrigheimer Werksleiter, "was den Abbau in Haßmersheim wieder sehr attraktiv macht."

Ein Ausbeute- und Abbauvertrag für das insgesamt 4,6 Hektar große Areal besteht bereits seit 1970 zwischen der Gemeinde und dem Baustoffkonzern (bis vergangenes Jahr HeidelbergCement) "und hat weiterhin Gültigkeit", wie Bürgermeister Christian Ernst betonte. Für die Wiederaufnahme der Rohstoffförderung ist jedoch zunächst ein neuer Rahmenbetriebsplan notwendig (vergleichbar mit einem Bebauungsplan), dessen Genehmigung dem Regierungspräsidium Freiburg obliegt.

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Der Plan unterscheide sich "in keinster Weise" vom bisherigen, so Berwanger. Der letzte war bis Ende 2012 gültig. Erst wenn der Rahmenbetriebsplan genehmigt ist – die zwei Bergbauexperten rechnen damit noch in diesem Jahr – kann die Detailplanung im Hauptbetriebsplan (vergleichbar mit einem Baugesuch) erfolgen.

Die Gemeinde Haßmersheim darf zum aktuellen Genehmigungsverfahren eine Stellungnahme abgeben. "Die formulieren wir aber erst nach der Informationsveranstaltung, damit wir auch Anregungen der Bürgerinnen und Bürger aufnehmen können", befand Bürgermeister Ernst. Er sei gespannt, was die Bevölkerung über die Wiederaufnahme des Rohstoffabbaus denkt.

Die Ausschussmitglieder hatten am Montagabend zwar viele Fragen an Berwanger und Reimer, äußerten sich grundsätzlich jedoch nicht abgeneigt von dem Vorhaben. Tanja Welker (Freie Wähler) wollte wissen, mit welchem Verkehrsaufkommen zu rechnen sei. "Nur 30 Prozent des Abtransportes wird per Lkw erfolgen, der Großteil auf Schiffe verladen", antwortete ihr Jens Reimer.

Die bereits bestehende Infrastruktur auf dem Werksgelände in Haßmersheim samt dem unterirdischen Tunnel bis zum Schiffsanleger sei ideal dafür zugeschnitten. Aktuell gehe man von 29 Lastwagen (verteilt auf drei Routen) und ein bis zwei Schiffen pro Tag aus.

Es werde morgens zu keinem Rückstau wie regelmäßig an der Zufahrt zur Obrigheimer Gipsgrube kommen, versprach Berwanger. "Auf dem Werksgelände in Haßmersheim haben wir genug Platz, da können sich die Fahrer ohne Probleme einreihen." Wichtig war, ihm zu betonen, dass Heidelberg Materials nur den Bergbau reaktivieren wolle, nicht aber das alte Klinkerwerk. Da die nächste Wohnbebauung mehrere Hundert Meter entfernt ist und die Arbeiten fast ausschließlich unter Tage ablaufen, sei trotz Bohrungen und Sprengungen mit keiner Lärmbelästigung zu rechnen.

Michael Hönig (CDU/UFW) wollte mehr über die Zukunft der Getreidelagerung in den Silos und Verladung am Anleger wissen. Der Anleger stehe mit Beginn des Bergbaus nur noch für die Verladung des Gipses zur Verfügung; mit einem höheren Staubaufkommen sei dank moderner Filter nicht zu rechnen – im Gegenteil: "Getreide ist leichter als Gips, das staubt prinzipiell also viel mehr", so Berwanger.

Die Silos sollen weiter als Getreidelager genutzt werden. Dessen Transport erfolge dann ausschließlich per Lastwagen; das Verkehrsaufkommen halte sich dabei aber "in überschaubaren Grenzen", versicherten sowohl die zwei Experten als auch Bürgermeister Ernst.

Info: Der Infoabend findet am Dienstag, 17. Oktober, um 18 Uhr in der Sport- und Festhalle statt.

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