Das sagt die SPD-Fraktion zum Haushalt
Die Rede von Anke Schuster im Wortlaut.

Heidelberg. (RNZ) Für die SPD-Fraktion hielt Anke Schuster die Haushaltsrede:
"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, meine Dame und Herren Bürgermeister:innen, liebe städtische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Bürger:innen und Stadtratskolleg:innen,
zwei intensive und vor allem heiße Monate mit Haushaltsberatungen liegen nun hinter uns und ich glaube, wir sind alle froh, dass sie hinter uns liegen! Haushaltspolitik machen bedeutet miteinander reden, verhandeln sowie das Austarieren unterschiedlicher Interessen immer zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt. Dass uns dies in diesem Jahr besonders gut gelungen ist, sieht man dem vorgelegten Änderungspaket an, denn alle anwesenden demokratischen Kräfte in diesem Gemeinderat tragen dieses Paket mit: Grüne, CDU, SPD, Die Linke, FDP, Heidelberger, GAL, FWV, Bunte Linke und HiB gemeinsam auf einem HH-Paket - wann gab es das zuletzt? Ich kann mich nicht erinnern und das bei durchaus strittigen und heiklen Themen - ich sag nur: WOW!
Ich möchte mich im Namen der SPD-Fraktion daher bei allen Fraktionen und Gruppierungen bedanken, die in vielen Terminen teils bis spät in die Nacht gezeigt haben, dass wir in Heidelberg verantwortungsvoll mit Finanzen umgehen können, auf die zentrale Zukunftsfragen unserer Stadt gemeinsam Antworten formulieren und Schwerpunkte setzen können.
Ein besonderer Dank für die gelungenen Haushaltsberatungen gilt Felix Grädler! Denn er hat stets den Überblick behalten, auch wenn einer der über 400 Anträge zum x-ten Mal von grün auf orange und wieder zurückwechselte, er war immer für uns alle erreichbar. Das war wirklich eine großartige Leistung, denn diese HH-Beratungen haben ihn sicherlich nochmals das Doppelte an seiner privaten Zeit gekostet als uns und das noch als Vater mit Kleinkind! Felix – meinen ganz großen Respekt für dieses Engagement!
Das vorgelegte Änderungspaket setzt für uns als SPD die richtigen Schwerpunkte, denn unsere beiden Leitanträge: der Leitantrag Wohnen und der Leitantrag Schulen sind für uns die zentralen Aussagen des Pakets.
Die Ziel- und Aufgabenbeschreibung für das neue Referat "Wohnen und aktive Bodenpolitik” kommen zu 100 Prozent aus der Feder der SPD. Kein einziges Wort wurde hier von irgendjemandem verändert – für das uns von Euch allen entgegengebrachte Vertrauen, dass wir das schon ganz ordentlich machen werden, darf ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken!
Damit ist nun definiert, was die Aufgaben dieses Referates sind, so zum Beispiel Schaffung von Wohnraum für Beschäftigte in vor allem systemrelevanten Berufen, eine hohe Priorisierung von gemeinwohlorientierten Werten und Sozialpunkten bei Vergaben von Grundstücken, konzeptionelle Anwendung des Vorkaufsrechts und endlich auch eine verlässliche Anlauf- und Beratungsstelle für gemeinwohlorientierte Bau- und Wohngruppen. Zudem erhält das Referat hierfür noch eine zusätzliche Stelle.
Mit dem Leitantrag "Schulen" setzen wir gemeinsam heute einen wirklichen Meilenstein! Wir beschließen, dass der Schulsanierung und -modernisierung für die nächsten sechs Jahre in Heidelberg oberste Priorität eingeräumt wird! Wir beschließen, dass wir die Taktzahl in diesem Zeitraum verdoppeln und mit der Unterstützung der GGH/BSG ein Volumen von weiteren 140 Millionen Euro in die Schulen investieren werden, wie von der SPD gefordert. Zusätzlich zu den üblichen 17 Millionen Euro pro Jahr im städtischen Haushalt, was in Summe über sechs Jahre nochmals circa 100 Millionen Euro sein werden! Das ist eine deutliche Verbesserung und ein klares Versprechen an unsere Familien in der Stadt, dass wir die Belange der Schüler:innen ernst nehmen!
Für beide zentralen Zukunftsthemen Heidelbergs, das Schaffen preisgünstiger Mietwohnungen sowie moderner Schulen, ist unsere verlässliche Partnerin die GGH, unsere Wohnungsbaugesellschaft und spätestens ab dem ersten Quartal 2024 auch unsere verlässliche Schulbaugesellschaft. Wir tragen hier die Verantwortung, sie so auszustatten, dass sie diese Aufgaben auch für uns meistern kann. Deshalb haben wir gemeinsam in diesem HH bereits 3 Millionen Euro eingestellt als langfristige Stärkung des Eigenkapitals der GGH.
Diese Stärkung haben wir natürlich auch für die mittelfristige Finanzplanung entsprechend im Blick!
Schnelle Einigkeit gelang uns auch zu zentralen Forderungen der SPD, wie zum Beispiel, dass der Topf zum Abbilden von Kostensteigerungen für die Zuschussempfänger:innen, insbesondere der jüngsten Tarifsteigerungen, nun transparent im Haushalt verortet ist. Dass Ämter, deren Aufgaben vor allem mit der Thematik wachsende Stadt zu tun haben, durch unsere Initiative und unser Paket nun mehr Personalstellen erhalten: So werden beim Stadtplanungsamt und beim Hochbauamt je drei neue Stellen geschaffen. Beim letzteren wieder mit dem Fokus auf Schulen.
Gute Arbeit im Kulturbereich garantieren! Das ist zuallererst eine Frage der fairen Bezahlung. Mit unserem Änderungspaket nehmen wir diese Forderung auf! Wir werden dies sukzessive durch Anpassungen bei der Kulturförderung umsetzen. In unserem Paket wird dies im Haushalt 2023/24 nun beim Karlstorbahnhof, Enjoy Jazz und dem DAI vollzogen: Orientierung an einer tariflichen Bezahlung soll damit auch im Kulturbereich zur Selbstverständlichkeit werden.
Die grundsätzliche Fortführung des "HD4mobility"-Programms ist ebenfalls Bestandteil des Änderungspakets. Das Votum des Ausschusses für Klimaschutz, Umwelt und Mobilität das 3-Euro-Ticket auf 19 Euro anzuheben, haben wir nun in den Haushaltsberatungen revidiert und deutlich korrigiert! Es wird nun lediglich eine moderate Erhöhung auf 9 Euro geben. Wir denken, dass dies für Familien noch tragbar ist. Mit dem dadurch reduzierten Fördervolumen finanzieren wir teilweise wieder die Investitionen in die Schulen gegen.
Die beiden finanzpolitischen Vorgaben, die wir uns für unser Änderungspaket gesetzt haben, konnten wir vollumfänglich einhalten.
Erstens: Alle von uns verursachten Erhöhungen im Ergebnishaushalt sind durch entsprechende Einsparungen an anderer Stelle gedeckt, zum Beispiel durch eine 10 Prozent Reduzierung der von der Kämmerei geplanten generellen Erhöhung bei den Aufwendungen für "Sach- und Dienstleistungen". Damit bleiben der Verwaltung immer noch 90 Prozent geplante Erhöhung bei Sach- und Dienstleistungen für die beiden Haushaltsjahre. Wir denken, das ist unsererseits fair!
Die zweite finanzpolitische Vorgabe, die wir uns selbst auferlegt haben: Alle von uns verursachten Erhöhungen durch weitere Investitionen im Finanzhaushalt müssen zumindest mit 30 Prozent Eigenmitteln durch Zuführung aus dem Ergebnishaushalt finanziert sein. Auch dies haben wir erreicht und dafür auf etliche Erhöhungsanträge im Ergebnishaushalt verzichtet oder unsere ursprüngliche Antragshöhe deutlich reduziert. Ich möchte mich hier besonders auch bei der grünen Fraktion bedanken, die hier vorbildlich agiert hat.
So zeugt dieses Änderungspaket von finanzpolitischer Verantwortung – und wir haben gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung Wort gehalten! Der Gemeinderat zieht KEINE globale Minderausgabe zur Gegenfinanzierung heran! Das möchten wir ausdrücklich betonen.
Interessant war der Umgang des Oberbürgermeisters und des Kämmerers mit der deutlichen Verschlechterung des vom Oberbürgermeister eingebrachten Haushaltsentwurfs von rund 16 Millionen Euro im Ergebnishaushalt in den letzten beiden Monaten, verursacht unter anderem durch geringere Ansätze bei den Steueranteilen in der Mai-Steuerschätzung. In keinem Haupt- und Finanzausschuss wurde hierzu verbal Stellung bezogen, eine Bewertung oder Folgenabschätzung vorgenommen. Offensichtlich ist eine solche Verschlechterung nicht der Rede wert! Wir haben dies entsprechend zur Kenntnis genommen, offensichtlich wissen Sie mehr als wir, wenn Sie hier so ruhig bleiben!
Als SPD-Fraktion erwarten wir aber, dass beim Versuch der Kompensation der Mindererträge in den nächsten 1,5 Jahren das Personal außen vor bleibt und Stellen weiterhin zügig besetzt und auch
unsere zweimonatigen Personalstellenüberschneidungen bei Weggang von Mitarbeiter:innen entsprechend unserem Änderungsantrag umgesetzt werden.
Kommen wir nun zum letzten Thema Kulturhauptstadt!
Es ist schon erschreckend, mit welcher Vehemenz über die letzten zwei Monate seit meiner Haushaltsrede Druck auf mich und meine Fraktionsmitglieder ausgeübt wurde – doch bei diesem Thema stillzuhalten!
Stillhalten – ja zu was eigentlich!
Stillhalten dazu, dass seit Monaten jemand scheinbar offiziell im Auftrag der Stadt Heidelberg, für das Projekt Kulturhauptstadt wirbt, gar bereits Sponsoren akquiriert und Netzwerke knüpft, ohne dass das demokratisch legitimierte Gremium der Stadt "der Gemeinderat" ihm dazu einen Auftrag oder Mandat erteilt hätte?
Stillhalten dazu, dass wir als die gewählten Vertreter:innen der Bürger:innenschaft keinerlei Information haben, was denn eigentlich da an alle möglichen Personen und Organisationen "übermittelt" wird, weil der Gemeinderat vom Oberbürgermeister noch nicht einmal die Chance bekommen hat, in den dafür vorgesehenen offiziellen Gremien informiert zu werden oder gar zu diskutieren!
Stillhalten dazu, dass mit aller Macht versucht wird, Tatsachen zu schaffen, die es uns Stadträt:innen nahezu unmöglich machen soll, noch gegen das Projekt zu votieren.
Nicht mit uns! Der Gemeinderat ist das Hauptorgan der Stadt, so steht es in der Gemeindeordnung des Landes BW. Er ist ein Verwaltungsorgan, das die Verwaltung, auch in Einzelfallentscheidungen, anleitet! Gemeinsam leiten Oberbürgermeister und Gemeinderat die Stadt!
Ihr Vorgehen in Sachen Kulturhauptstadt, Herr Oberbürgermeister, war ein Affront gegenüber dem Gremium Gemeinderat und seiner von der Gemeindeordnung verbrieften Stellung und Rolle!
Unser gemeinsamer Paketantrag auf Streichung der Kosten und Aufwendungen, die im Zusammenhang mit dem Bewerbungsprozess zur "Kulturhauptstadt" stehen, ist daher die Antwort auf diesen Affront und zugleich ein Appell, dieses Gremium zu respektieren!
Mit unserem Antrag stellen wir die Ordnung wieder her, wie sie in der Gemeindeordnung vorgesehen ist: Projekte und Ideen sollen von der Verwaltung vorbereitet und zügig in den politischen Diskurs der Fachausschüsse gebracht werden, damit der Gemeinderat am Ende einen qualifizierten Beschluss fassen kann!
Genau diesen üblichen Verfahrensweg möchten wir mit der Kulturhauptstadt beschreiten und fordern Sie, Herr Würzner, deshalb in der Fußnote auf: Bringen Sie das Thema ordentlich in die Gremien. Erst wenn der GR das grundsätzliche GO für eine Bewerbung gegeben hat und damit auch das dazugehörige Konzept befürwortet, kann man entscheiden "wer" der oder die richtige Botschafter:in oder auch Manager:in für eine mögliche Bewerbung ist!
Natürlich haben wir als SPD auch eine erste inhaltliche Position zur Kulturhauptstadt, da diese sehr verkürzt in der RNZ diese Woche erschien, erlaube ich mir unsere Originalantwort an die RNZ zu zitieren auf die Frage:
Wie steht Ihre Fraktion zur Idee "Kulturhauptstadt Heidelberg"? Und warum?
Die Idee, Kulturhauptstadt zu werden, ist prinzipiell eine interessante. Jedoch gehört diese für die SPD-Fraktion in die Kategorie "Nice-to-have", das heißt möglicherweise angehen, wenn die Pflichtaufgaben und die für die Menschen wesentlichen Aufgaben erledigt sind. Aufgaben mit dieser hohen Priorität sind für uns die Erhöhung der Taktzahl bei der Schulmodernisierung sowie die Intensivierung des Ausbaus von preisgünstigem Mietwohnraum. Für beide Themen braucht es einen hohen personellen wie finanziellen Ressourceneinsatz in den nächsten sechs bis acht Jahren.
Wir wünschen uns, dass Heidelberg 2030 Schulhauptstadt ist, aus dem ganzen Land Expert:innen nach Heidelberg reisen, um unsere modernen Lernorte, in denen sich Kinder wohlfühlen und pädagogische Konzepte in einem tollen Raumangebot verwirklicht sind, zu bestaunen. Über diesen Titel würden wir uns und sicherlich auch die Kinder, jungen Menschen und Eltern in Heidelberg sehr freuen.
Fazit der diesjährigen Haushaltsberatungen: Der Haushalt 2023/2024 ist ein ganz Besonderer!
Nicht nur, weil er im Sommer beschlossen wurde und den hitzigen Debatten zuweilen die winterliche Abkühlung fehlte. Insofern freue ich mich wirklich auf den nächsten regulären Winter-Haushalt.
Nicht nur, weil der Gemeinderat dem Oberbürgermeister mit dem Änderungsantrag Kulturhauptstadt die Rote Karte gezeigt und gleichzeitig aber auch wieder die Hand gereicht hat (damit es zu keiner langfristigen Blockade zwischen OB und GR kommt, denn das schadet am Ende immer nur der Stadt).
Sondern vor allem ist er ein Besonderer, weil wir für die Themen Schulen und Wohnen neue Weichenstellungen gesetzt haben, die langfristig in Heidelberg Wirkung zeigen werden – und wir dies in ungewöhnlicher Geschlossenheit getan haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen Stadträt:innen, es war mir wieder eine Freude, mit Euch gemeinsam einen Haushalt gestaltet zu haben! Denn hier im Heidelberger Gemeinderat sitzen Menschen, die ihren Eid, sich "für der Stadt Bestes" einzusetzen, ernst nehmen und Unmengen ihrer privaten Zeit investieren, um dieser Aufgabe gerecht zu werden. Danke für die konstruktive und ernsthafte Zusammenarbeit. Lasst uns daher den Haushalt 23/24 mit unseren Änderungen und maßgeblichen Weichenstellungen beschließen und dann an die Arbeit gehen, dass alles auch umgesetzt wird."
Das sagt die Grünen-Fraktion zum Haushalt: https://www.rnz.de/ar.1156007
Das sagt die CDU-Fraktion zum Haushalt: https://www.rnz.de/ar.1156019
Das sagt die Fraktion "Die Heidelberger" zum Haushalt: https://www.rnz.de/ar.1156025
Das sagt die Fraktion "Die Linke" zum Haushalt: https://www.rnz.de/ar.1156043
Das sagt die FDP-Fraktion zum Haushalt: https://www.rnz.de/ar.1156061
Das sagt die Fraktion GAL/Freie Wähler zum Haushalt: https://www.rnz.de/ar.1156076
Das sagt die Fraktion "Bunte Linke" zum Haushalt: https://www.rnz.de/ar.1156079
Das sagt Waseem Butt (Heidelberg in Bewegung) zum Haushalt: https://www.rnz.de/ar.1156067