Das sagt die Fraktion "Bunte Linke" zum Haushalt
Die Rede von Hilde Stolz im Wortlaut.

Heidelberg. (RNZ) Für die Fraktion "Bunte Linke" hielt Hilde Stolz die Haushaltsrede:
"Hallo zusammen, seien Sie alle gegrüßt, im Saal und an den Bildschirmen.
Seit der Einbringung der Änderungsanträge der Fraktionen zum Haushaltsentwurf des Oberbürgermeisters gab es viele Treffen, andere haben schon darüber gesprochen. Wir Bunte Linke sind mit den Ergebnissen nur teilweise zufrieden.
So sind wir immer noch nicht davon überzeugt, dass die konkreten Vorfestlegungen und Rahmenbedingungen zum Konzept Schulsanierungen so wie von der SPD vorgetragen wirklich nötig sind. Wir finden nach wie vor, dass die Übertragung der Schulen inklusive Eigentum an den Grundstücken und Gebäuden an die GGH nicht wirklich gebraucht wird. Ich habe das an anderer Stelle schon ausgeführt: Wenn wir gleiche Konditionen bei unserem städtischen Hochbauamt, das erst seit Kurzem in diesem Bereich neu aufgestellt wurde, festlegen (vor allem die Schaffung neuer Stellen und Fixierung der Baudetails zu einem frühen Planungszeitpunkt), kann auch dieses ganz sicher Zeit- und Kostenpläne einhalten. Schließlich sind auch hier erfahrene Fachleute am Werk oder könnten dann eingestellt werden. Die erlebten Verzögerungen und Kostensteigerungen der Vergangenheit sind größtenteils hausgemacht, wie zum Beispiel: nicht ausreichendes Personal, ständige Veränderungen der Pläne, Abzug von Personal zu anderen zum jeweiligen Zeitpunkt priorisierten Aufgaben. Es liegt in der Hand der Stadtspitze und des Dezernenten, das künftig anders zu handhaben, und wir als Gemeinderat können darauf achten, dass das auch passiert. Ich befürchte, bei einer Übertragung an die GGH werden wir schon sehr früh im Planungsprozess jede weitere Einflussmöglichkeit aus der Hand geben (müssen).
Analog zu unserem jahrelangen Eintreten für Erbpachtverträge statt Verkauf wird auch hier eine Eigentumsübertragung von uns rigoros abgelehnt – auch nicht an eine die 100-prozentige-Tochter der Stadt.
Das endgültige Schulgebäudekonzept wird erst Anfang nächsten Jahres zur Debatte stehen. Nach den Aussagen heute ist aber leider absehbar, dass die Variante Hochbauamt nicht wirklich diskutiert werden dürfte. Wir werden uns trotzdem dann die Konditionen genau anschauen und versuchen wieder, unseren Vorstellungen mehr Raum zu verschaffen. Also stimmen wir heute, wenn auch mit großen Bauchschmerzen, zu.
Der zweite Komplex, der innerhalb der Bunten Linke intensiv diskutiert wurde und wird und für absolut notwendig angesehen wird, ist eine Neufestlegung der Prioritäten der Stadt hin zu stärkerer Gewichtung von Klimawandelfragen, globalen Nachhaltigkeitszielen und Daseinsvorsorge. Wir hatten das beantragt, ergänzt um eine Festlegung einschlägiger Kennzahlen. Das hat so keine Mehrheit gefunden, obwohl ja auch bei der Entwicklung des neuen Stadtentwicklungskonzepts genau diesen Punkten eine deutliche Priorität eingeräumt wird. Wir werden das Thema nochmals aufgreifen, sobald die Entwürfe zum STEK vorliegen und dann auch noch mal die Priorisierungen im Produkt- und Leistungsplan angehen.
Unsere Anträge zur verstärkten Einbindung der Bürger in den Stadtteilen und bei Projekten fanden ebenfalls so wie gestellt keine Mehrheit. Das müssen wir im Detail nochmals aufgreifen.
Die oft propagierte "Kultur des Ermöglichens" wird nicht durchgängig eingehalten. Das Aktionsbündnis "Schöner Willi", ein wirklich breit aufgestelltes Bündnis aus praktisch allen gesellschaftlichen und politischen Akteuren in der Weststadt, wird jetzt massiv ausgebremst. Es wurden nicht, wie beantragt, Planungsmittel sondern Sachmittel beschlossen. Wer mehr dazu wissen möchte, kann gerne bei mir oder der FDP-Fraktion nachfragen. Die Erläuterungen brauchen mehr Zeit, als mir hier zur Verfügung steht.
Ein absolutes Luxusthema und aktuell überhaupt nicht zur Debatte stehend ist alles, was mit einer eventuellen Bewerbung Heidelbergs als Europäische Kulturhauptstadt zu tun hat. Ob wir noch mehr Kulturangebote und welche in der Stadt brauchen, muss sorgfältig gemeinsam mit der Stadtgesellschaft und den Kulturschaffenden abgewogen werden. Eine Großveranstaltung nach der anderen haben wir schon, vieles davon wird zu einem sehr großen Anteil von der Stadt finanziert. Die Darstellung der entsprechenden Deckungsgrade auf für die Öffentlichkeit sichtbare Art und Weise steht trotz mehrmals wiederholter Beschlussfassung und Diskussion immer noch aus.
Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, ich bin nicht gegen diese Aktivitäten per se, die Frage "Europäische Kulturhauptstadt" stellt sich vor allem aufgrund der Förderrichtlinien zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt nicht. Eine Überarbeitung und Neukonzeptionierung des Kulturstandorts und der Kulturförderung insgesamt ist dringend nötig, insbesondere vor dem Hintergrund perspektivisch wachsender finanzieller Bedarfe in den konkurrierenden Bereichen der Daseinsvorsorge und Klimawandelanpassung. Die neue Kulturdezernentin wird damit viel zu tun haben. Und wenn dann das Ergebnis wäre, dass Heidelberg sich bewerben sollte, kann da immer noch in zwei bis fünf Jahren angegangen werden. Der nächste zur Disposition stehende Zehn-Jahres-Zeitraum beginnt erst 2033, also in zehn Jahren.
Jeder Euro, der dazu in diesem Doppel-Haushalt ausgegeben wird, ist reinste Verschwendung.
Noch ein Wort zum Entstehungsprozess des Änderungspakets. Auch wenn wir hiermit nur marginale Veränderungen im gesamten städtischen Budget vornehmen, wurde doch mit umso mehr Verve diskutiert und abgewogen.
Der gesamte Prozess erfolgte nicht öffentlich, ein Verlaufsprotokoll wurde nicht erstellt. Es ist also für niemanden, der nicht dabei war, nachvollziehbar, wer und warum mit welchen Argumenten für oder gegen die eingebrachten Anträge gesprochen und gestimmt hat. Das ist schade, gerade jetzt, wo bald schon der nächste Wahlkampf beginnt. Eine Profilierung konnte nicht erfolgen. Auch die Meinungsführerschaft bleibt vor den Augen der Öffentlichkeit verborgen. Wer bei welchen Themen mit sanftem oder auch etwas stärkerem Druck seine Vorstellungen durchgesetzt hat, ist durchaus spannend, aber jetzt auf ewig nicht mehr nachvollziehbar.
Wichtiger als Leitanträge fände ich, dass wir in jeder Sitzung zu jedem Thema gezielter nachdenken über Notwendigkeiten und Priorisierung.
Insgesamt durch alle Haushaltsanträge zusammen nur deutlich unter einem Prozent des gesamten städtischen Haushalts beeinflusst. Auch deshalb ist unsere Gewichtung für die Abstimmung klar: Wir stimmen beiden Änderungspaketen zu, weil hier mit marginalem Aufwand doch zumindest eine Bewegung in die richtige Richtung erzeugt wird. Wir Stadträtinnen und Stadträte haben insgesamt unsere Arbeit gemacht.
Mit den 1,6 Milliarden Euro Ausgaben in zwei Jahren im OB-Entwurf aber bleibt Heidelberg unserer Ansicht nach viel zu sehr im gewohnten Fahrwasser, die dringend nötige Transformation ist nicht beziehungsweise deutlich zu langsam zu verwirklichen:
- Weder ein massiv beschleunigter Ausbau der Fernwärmeversorgung und Umstellung auf erneuerbare Energie,
- noch eine deutliche Verminderung von klimaschädlichen Emissionen (etwa Zurückdrängen von Verbrennungsmotoren, Beibehaltung des Passivhaus-Standards bei Neubauvorhaben) ist vorgesehen.
- Die Mitnahme von Privathaushalten auf dem Weg zu mehr Wärmedämmung und erneuerbaren Energien gelingt meistens nicht,
- Entsiegelung oder zumindest eine Netto-Null-Neuversiegelung ebenfalls nicht. Hier bekommen wir über die neuen Kennzahlen, die unser mehrheitlich angenommener Haushaltsantrag festlegt, jetzt wenigstens zugehörige Zahlen vorgelegt.
- Im Bereich Soziales tut Heidelberg zwar viel, aber immer noch zu wenig:
- Eine Strategie für den zu erwartenden Anstieg der Sozialleistungsberechtigten fehlt
- Auch für die mit der demographischen Entwicklung zu erwartenden massiv steigenden Bedarfe an Pflegeeinrichtungen und Pflege- und Betreuungspersonen gibt es keine durchgreifende Strategie und erst recht keine Abschätzung der damit auf die Stadt mittel- bis langfristig zukommenden Kosten und ihrer Finanzierung. Dieses Fass haben wir mit Haushaltsanträgen nicht aufgemacht, es ist aber ebenfalls im OB-Entwurf nicht enthalten.
Zu der Fragestellung "Verschuldung der Stadt und der städtischen Gesellschaften" habe ich schon oft die Position der Bunten Linken dargestellt und begründet. Es passiert immer noch nichts zum Schuldenabbau, stattdessen wird die Neuverschuldung um 50 Prozent angehoben. Und keine der Investitionen führt zu deutlichen Mehreinnahmen in der Stadtkasse.
Mehr brauche ich nicht zu sagen. Das alleine würde den Entwurf des Oberbürgermeisters für uns schon nicht zustimmungsfähig machen.
Wir stimmen also für die Änderungsanträge, aber gegen den Gesamthaushalt."
Das sagt die Grünen-Fraktion zum Haushalt: https://www.rnz.de/ar.1156007
Das sagt die CDU-Fraktion zum Haushalt: https://www.rnz.de/ar.1156019
Das sagt die SPD-Fraktion zum Haushalt: https://www.rnz.de/ar.1156010
Das sagt die Fraktion "Die Heidelberger" zum Haushalt: https://www.rnz.de/ar.1156025
Das sagt die Fraktion "Die Linke" zum Haushalt: https://www.rnz.de/ar.1156043
Das sagt die FDP-Fraktion zum Haushalt: https://www.rnz.de/ar.1156061
Das sagt die Fraktion GAL/Freie Wähler zum Haushalt: https://www.rnz.de/ar.1156076
Das sagt Waseem Butt (Heidelberg in Bewegung) zum Haushalt: https://www.rnz.de/ar.1156067