Weinprämierung war ganz anders und viel besser
Zum ersten Mal traten hier die drei großen Chöre der Kernstadt auf. Der Zehntkeller war endlich mal gerammelt voll. Es gab nur gute Resonanzen auf Neuerungen.

Von Micha Hörnle
Schriesheim. Über Jahre war die Weinprämierung am Mathaisemarkt-Mittwoch eine traurige Veranstaltung: Oft verloren sich noch nicht mal 20 Gäste im Zehntkeller. Und jetzt das: volle Tische, angenehme Stimmung, ein attraktives Programm – und nicht zuletzt eine Prise Spannung. Denn in diesem Jahr lief einiges anders als zuvor.
> Die Neuerungen: Erstens wurde nicht mehr im Vorfeld bekannt gegeben, welche Weine prämiert wurden. Ein zusätzlicher Anreiz für die Winzer, doch vorbeizuschauen, ob sie nicht doch etwas gewonnen haben. Zweitens sangen erstmals alle drei großen Chöre der Kernstadt bei diesem Event – und allein schon deren schiere Masse an Sängern sorgte dafür, dass man geradezu nach Sitzplätzen suchen musste.
Die Idee dazu hatte der Geschäftsführer der Winzergenossenschaft (WG) Schriesheim, Manuel Bretschi. Der ist "selbst begeisterter Sänger" und im heimatlichen Lampenhain Mitglied in zwei Vereinen. Er findet: "Beim Mathaisemarkt sollte es nicht nur um Party gehen, sondern auch Platz für den klassisch-gemütlichen Teil geben".
> Die prämierten Weine: 56 Weine aus neun Betrieben (und sogar einer Schule) wurden eingereicht, eine siebenköpfige Jury suchte die ihrer Meinung besten aus. Den ersten Preis bei der Badischen Bergstraße erhielten die Winzer von Baden, also die Winzergenossenschaft Wiesloch, für ihren Auxerrois, auch manchmal "kleiner Weißburgunder" genannt, den ihr Vorstandsvorsitzender Werner Bauer vorstellte ("dabei habe ich ihn noch nicht einmal probiert"): eine Cuvée aus vielen Einzellagen, teilweise im Holzfass ausgebaut.
Auch interessant
Der Heidelberger Bauer lobte: "Was die Winzergenossenschaft Schriesheim auf die Beine stellt, und insbesondere den Mathaisemarkt, ist sehr bewundernswert." Der Schriesheimer Andreas Kirchner erhielt für seinen Sauvignon blanc den zweiten Preis: Die Reben wachen im Mergel, der Wein kam zum ersten Mal auf die Flasche – und auch Kirchner war zum ersten Mal bei der Weinprämierung dabei.
Der eine dritte Preis ging an die Winzergenossenschaft Schriesheim für ihre Spätburgunder Grand Cuvée, den Jubiläumswein zum 90. Jubiläum: "Perfekter Standort und bestes Traubenmaterial", fand WG-Geschäftsführer Manuel Bretschi, der die Auszeichnung so kommentierte: "Das spricht für die Kompetenz der Verkoster."
Der andere dritte Preis ging auch nach Schriesheim, an Georg Bielig für einen Grauburgunder. Für ihn sind Winzer "Kulturschaffende": Er erinnerte an das Festzug-Motto des Kulturkreises "Ist das Kunst, oder kann das weg?": "Bei der Kunst, den Wein zu genießen, muss der weg" – und begrüßte dann die Gäste in Schriesheim, der "Kulturhauptstadt der Metropolregion". Über den Ehrenpreis für seinen Spätburgunder freute sich Michael Raffl aus Hohensachsen: "Ich bin stolz darauf. 2021 war kein übliches Jahr für eine Spätlese."
Der erste Preis für die Hessische Bergstraße ging an die Bergsträßer Winzer, die Winzergenossenschaft Heppenheim, für ihren Riesling-Kabinett. Kellermeister Thomas Schmitt war deswegen so froh, weil dieser Tropfen "bei Verkostungen kontrovers diskutiert wurde".
Geschäftsführer Patrick Staub fand: "Man sollte öfters mal was Neues probieren." Den Ehrenpreis holte für seinen trocken ausgebauten Goldmuskateller das Weingut Amthor aus Heppenheim: Das gibt es erst seit 2017, "jetzt sind wir dreimal in Folge hier", sagte Barbara Amthor, die sich dafür bedankte, "dass wir als Hessische Bergstraße dabei sein dürfen".
Riesig freute sich die Weinbau-AG der Kurpfalz-Realschule über den Sonderpreis. Die wurde schon 2011 von Lehrer Michael Schneider gegründet, heute führen sie Katharina Scharmann und Peter Schmitt fort: In ihrer Freizeit kümmern sich heute gut 20 Schüler um die Weißburgunder-Reben, die im Ladenburger Rosenhof trocken ausgebaut werden; auch die Etiketten sind selbst entworfen. Nur 300 Liter gibt es von diesem Wein, den man im Realschulsekretariat für sechs Euro pro Flasche kaufen kann. Das Lob von Bürgermeister Christoph Oeldorf kam prompt: "Das ist ein Zukunftsprojekt. Macht weiter so!"

> Das Rahmenprogramm: Zunächst gab es bei drei Tänzen der Kinder- und Jugendtanzgruppe des MGV Eintracht etwas für die Augen. Mit je zwei Liedern folgten dann die drei Männerchöre (Lyra, Liederkranz und Eintracht) sowie der gemischte Chor vom Liederkranz.
"Da stehen 407 Jahre Gesangskultur auf der Bühne", sagte Moderator Georg Brand. "Danke für diese geile Idee, die Gesangsvereine einzuladen." Da wurden gekonnt Weinlieder intoniert, die Liederkranz-Frauen und -Männer hatten auch Swing mitgebracht ("Goodnight Sweetheart"). Ansonsten spielte Franz Herb am Keyboard auf.
> Die Reaktionen: "Ich habe nur positives Feedback bekommen", so Bretschi. "Unser Ziel ist es, diese Veranstaltung zu etablieren." Auch Oeldorf fand: "Das ist ein Format mit Zukunft: ein Abend von Schriesheimern für Schriesheimer." Der ehemalige WG-Vorstandsvorsitzende Friedrich Ewald meinte: "Eine geniale Idee, das passt! Wieso ist man nicht früher darauf gekommen?"
Das sieht auch Eintracht-Vorsitzender Helmut Hölzel so: "Es müssen ja nicht immer die Chöre mitmachen, vielleicht auch mal Instrumentalmusik von den Jagdhornbläsern oder der Musikschule. Damit es nicht langweilig wird."




