Manfred Lautenschläger nahm mit Freund Markus Büchler Abschied
Zum Abschied in den Ruhestand gab es nochmal Klartext: Büchler sprach sich beim Festakt für ein "elitäres Denken" aus, der MLP-Gründer wiederum warb für die Klinikfusion.

Von Ingeborg Salomon
Heidelberg. Sein Sohn hatte ihn am Vorabend gewarnt: "Papa, das ist wie eine Beerdigung, da muss man einfach hin." Aber so ein Abschied nach 22 Jahren ist keine einfache Sache. Und so war Prof. Markus Büchler die Rührung deutlich anzumerken: Er war 2001 als Direktor an die Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie der Universität Heidelberg berufen worden und geht nun in den Ruhestand. Da war es gut, einen Freund an der Seite zu haben, der ebenfalls Abschied nahm: Manfred Lautenschläger scheidet als Aufsichtsrat des Universitätsklinikums aus.
Die beiden Männer standen am Freitagnachmittag im Mittelpunkt eines zweieinhalbstündigen Festakts in der Alten Aula, die bis auf den letzten Platz besetzt war. Für Moderatorin Ingrid Thoms-Hoffmann war es eine "echte Herausforderung", wie sie sagte, die Fülle der Honoratioren zu begrüßen.
"Alle sind willkommen", unterstrich sie und umging so elegant die verschiedensten Titel und Ehrentitel. Begrüßt wurden aber dann doch Nobelpreisträger Harald zur Hausen sowie der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose.
Rektor Bernhard Eitel würdigte Manfred Lautenschläger als "einen außergewöhnlichen Menschen mit besonderer Vita", dem Universität und Klinikum sehr viel zu verdanken haben. Das Wissen, dass Eigentum und Erfolg verpflichten, habe der MLP-Mitbegründer stets in Taten umgesetzt.
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Der Bau der Angelika-Lautenschläger-Kinderklinik, die Stiftung des Lautenschläger-Forschungspreises sowie die Digitalisierung der Bibliotheca Palatina sind dafür nur drei Beispiele. Seit er im Alter von 41 Jahren erfolgreich an Bauchspeicheldrüsenkrebs operiert worden war, lag dem heute 84-Jährigen die Krebsforschung und -prävention am Herzen.
Auch das verbindet ihn mit Markus Büchler, der als weltweit anerkannter Experte auf Bauchspeicheldrüsenkrebs spezialisiert ist.
Alt-Rektor Peter Hommelhoff brachte das auf den Punkt, indem er zwei berühmte Patienten nannte: den ehemaligen ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak und den russischen Außenminister Sergei Lawrow. "Den ersten konnte ich nicht mehr fragen, den zweiten wollte ich nicht fragen", sagte Hommelhoff trocken.
Im Saarland geboren, kam Büchler zum Medizinstudium nach Heidelberg und wechselte nach mehreren Stationen 1993 als Lehrstuhlinhaber an die Klinik für Viszeral- und Transplantationschirurgie des Inselspitals der Universität Bern. Dort nannten sie ihn "das Krokodil", und als Büchler acht Jahre später als Klinikchef nach Heidelberg zurückkam, hatte er den Ruf eines "harten Hundes". Doch der Erfolg habe ihm recht gegeben, so Hommelhoff. Als begnadeter Operateur und Spitzenwissenschaftler habe er 17 Ordinarien und 82 Chefärzte ausgebildet.
Nach ihren Laudationes kamen Lautenschläger und Büchler selbst zu Wort – und das nutzten beide, um auf Missstände hinzuweisen. So warnte Lautenschläger die Politik, sich nicht zu sehr in die Belange des Klinikums einzumischen, aber gerne die seit Jahren "angedachte" Klinikfusion Heidelberg-Mannheim voranzutreiben. Auch das seit sechs Jahren geplante Herzzentrum könne "ein Leuchtturm" werden, auch wenn aus den einst veranschlagten 200 Millionen Euro Kosten knapp 500 Millionen geworden seien.
Auch Büchler plädierte dafür, sich nicht in Klein-Klein zu verlieren, sondern "elitär" zu denken. Deutliche Kritik übte er auch an der Forschungsförderung, die Verbundprojekte favorisiere. "Heidelberg ist bei den Rankings auf Platz 45, das ist Mittelmaß, aber Verbundprojekte bringen eben keine Nobelpreisträger hervor."
Flache Hierarchien hält Büchler schlicht für "Bullshit", ebenso Mitarbeitergespräche. Dafür setzt er auf "Chirurgie in Partnerschaft" und fordert seine Kollegen auf, Patienten gegenüber weniger arrogant aufzutreten und Pflegenden mehr Verantwortung zu übertragen.
"Heidelberg war immer mein Traum, und ich habe mich hier immer wohlgefühlt", gestand Büchler. Nach 22 Jahren ginge ihm dieser Abschied wirklich ans Herz, auch wenn mit Prof. Christoph Michalski ein kompetenter Nachfolger gefunden worden sei. "Er wird den Lehrstuhl neu ausfüllen", versicherte der 67-Jährige, der für einen Ruhestand noch zu jung ist. So verlässt er zwar Heidelberg, widmet sich aber weiter seinem Lebenswerk: In Lissabon wird Büchler an einem Forschungszentrum arbeiten, das von einer Stiftung getragen wird, aber für alle Patienten geöffnet ist. 50 Millionen Euro wurden dafür bereits akquiriert.
Die musikalische Ausgestaltung des Festakts am Flügel hatte ebenfalls eine Koryphäe übernommen: Lukas Sternath studiert bei Igor Levit, und der 21-Jährige ist heute schon ein Star. Mit Kompositionen von Johannes Brahms, Franz Schubert und Mili Balakirew bewies Sternath, dass er ebenfalls auf dem Weg ist zu einer ganz großen Karriere. Manfred Lautenschläger und Markus Büchler sind diesen Weg schon gegangen, getreu ihren Lebensmottos: "Aufgeben ist keine Option" (Lautenschläger) und "Nichts ist gut genug, es geht immer noch besser" (Büchler).