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Mit Hasso Plattner geht der letzte Gründer von Bord

Der langjährige Aufsichtsratschef findet nach langer Suche seinen Nachfolger. Der Betriebsratsvorsitzende sieht in dem Wechsel einen "großen Einschnitt" für die Beschäftigten.

23.02.2023 UPDATE: 23.02.2023 20:52 Uhr 5 Minuten, 17 Sekunden
Hasso Plattner
Hasso Plattner will nächstes Jahr seinen Aufsichtsratsvorsitz beim Softwarekonzern SAP abgeben.

Von Matthias Kros

Walldorf. Bei SAP endet eine Ära. Nach mehr als 20 Jahren will Hasso Plattner spätestens im Mai 2024 seinen Posten als Aufsichtsratsvorsitzender abgeben. Damit verlässt auch der Letzte aus der legendären Gründerriege den Softwarekonzern, die Walldorfer werden endgültig sich selbst überlassen. Nachfolger Plattners soll der Manager Punit Renjen werden, bis vor kurzem noch globaler Chef des Beratungsunternehmens Deloitte. Er sei vom Aufsichtsrat als neues Mitglied nominiert und als designierter Nachfolger Plattners vorgeschlagen worden, teilte die SAP am späten Mittwochabend mit. Zudem kündigte der Softwarekonzern an, die Dividende um 10 Cent auf 2,05 Euro je Aktie zu erhöhen.

Leicht gefallen ist Plattner der Abschied nicht. "Meine Position als Aufsichtsratsvorsitzender in die richtigen Hände zu geben, ist für mich eine sehr wichtige und auch emotionale Aufgabe, an der ich schon seit einiger Zeit arbeite", hatte der 79-Jährige bei der Hauptversammlung des Softwarekonzerns im vergangenen Jahr gesagt. Mehrfach hatte er die Frage seiner Nachfolge aufgeschoben – zum Ärger mancher Investoren und Aktionärsvereinigungen, die vehement eine Verjüngung forderten. Schließlich hat Plattner die unternehmensintern geltende Regelaltersgrenze von 75 Jahren sowie die Regelzugehörigkeitsdauer im Aufsichtsrat von zwölf Jahren längst überschritten. Plattner selbst begründete den lange hinausgezögerten Übergang vor allem damit, dass gerade in Krisenzeiten Kontinuität gefragt sei. Zudem wolle er sein Amt in die "richtigen Hände geben".

Seinen ursprünglichen Plan verlor er dabei allerdings aus den Augen: Sein bei der Hauptversammlung 2022 formuliertes Ziel, einen Nachfolger aus den eigenen Reihen zu rekrutieren und niemanden von außen zu holen, hat nicht geklappt. "Der Plan hat sich zerschlagen", räumte Plattner nun gegenüber dem "Handelsblatt" ein. Es sei "nicht so einfach, einen Nachfolger aus der Mütze zu ziehen".

Auch die Suche nach geeigneten Kandidaten unter den früheren Vorständen blieb letztlich ohne Erfolg. Lange Zeit galt etwa Jim Hagemann Snabe als Wunschkandidat, inzwischen ist er aber Aufsichtsratsvorsitzender von Siemens. Auch der bei Kunden beliebte Vorstand Gerhard Oswald wurde immer wieder gehandelt, konnte den Mitgründer aber offenbar nicht restlos überzeugen.

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Renjen dagegen schon. Der 61-Jährige habe Deloitte "unglaublich nach vorn gebracht", sagte Plattner. Es sei schwierig, "einen Kandidaten mit so einer Reputation und so einer Kenntnis des Marktes zu finden". Renjen stammt aus Indien und lebt seit 1984 in den USA. Er besitze "wertvolle strategische Erfahrungen und Kenntnisse über die Bedürfnisse von Unternehmen in sich heutzutage schnell verändernden Umgebungen", so Plattner. Renjen, der bis Ende 2022 Chef von Deloitte war, kenne die Anforderungen globaler Kunden sehr genau und ebenso das Potenzial von SAP. Er sei erfreut darüber, für die Aufgabe in Betracht gezogen zu werden, sagte Renjen laut Mitteilung: "SAP ist ein herausragendes Unternehmen mit einer Schlüsselrolle in der Weltwirtschaft." Er freue sich darauf, die Zukunft mitzugestalten.

Aus der Belegschaft waren am Donnerstag Sorgen zu vernehmen, dass die SAP unter ihrem neuen Aufsichtratsvorsitzenden noch amerikanischer werden könnte, da Renjen ja in den USA lebt. "Das ist schon ein großer Einschnitt für die Beschäftigten bei SAP, wenn die Gründer-Generation ganz draußen ist", kommentierte Eberhard Schick, Vorsitzender des Betriebsrats der SAP SE, den bevorstehenden Abschied Plattners. "Wir hoffen, dass der neue Aufsichtsratsvorsitzende bei dem schwierigen Weg der Transformation in die Cloud den Blick auf die Beschäftigten nicht verliert."

Analysten reagierten verhalten. Charles Brennan vom Analysehaus Jeffries schrieb in einer am Donnerstag vorliegenden Studie, dass die jüngsten Personalveränderungen im Management ein Indiz dafür seien, dass der Einfluss von außen bei dem Softwarekonzern so groß werde wie lange nicht. Dies mache Ergebnisse weniger gut planbar. Er glaubt, dass es schwer werde, die versprochenen Mittelfristziele zu erfüllen.

Analyst Michael Briest von der Schweizer Großbank UBS betonte, dass der Abgang Plattners für die SAP-Beschäftigten eine große Umstellung sei. Investoren dürften es begrüßen, dass mit Punit Renjen eine unabhängige Person nachrücken solle.

Plattner ist der letzte der fünf Gründer, der noch ein Amt bei dem Softwarekonzern innehat. Der 79-Jährige war dabei immer mehr als ein Aufsichtsratsvorsitzender, sondern immer auch Mastermind und Antreiber. In dem von ihm gegründeten Hasso-Plattner-Institut in Potsdam werden bis heute wichtige technologischen Neuerungen auch für SAP entwickelt, wie die Datenbank SAP Hana. Ganz wird Plattner die SAP übrigens nicht hinter sich lassen: Als Investor werde er dem Softwarekonzern mit einer unveränderten Beteiligung erhalten bleiben, erklärte er laut Mitteilung. Der Abschied sei auch "kein Aufbruch zu neuen Ufern. Vielleicht gehe ich etwas häufiger in meine Museen."

Update: Donnerstag, 23. Februar 2023, 20.49 Uhr


Walldorf. (dpa) Hasso Plattner hat sich reichlich Zeit bei der Suche nach seinem Nachfolger gelassen. Der Mitgründer von SAP hat schon seit 2003 den Vorsitz im Aufsichtsrat des Softwarekonzerns aus Walldorf inne. Zuletzt wurde die Kritik seitens der Aktionäre an der schleppenden Machtübergabe an der Spitze des Kontrollgremiums lauter.

Am späten Mittwochabend präsentierte der Aufsichtsrat dann einen Nachfolger. Der Manager Punit Renjen, bis vor kurzem noch globaler Chef des Beratungsunternehmens Deloitte, sei vom Aufsichtsrat als neues Mitglied nominiert und als designierter Nachfolger Plattners vorgeschlagen worden.

Damit endet eine lange Suche. Schon 2017 hatte Plattner angekündigt, weiterzumachen - "aber nicht volle fünf Jahre". Die wurden es dann doch. Im vergangenen Jahr - also fünf Jahre später - ließ sich Plattner erneut für zwei Jahre in den Aufsichtsrat wählen. "Meine Position als Aufsichtsratsvorsitzender in die richtigen Hände zu geben, ist für mich eine sehr wichtige und auch emotionale Aufgabe, an der ich schon seit einiger Zeit arbeite", sagte Plattner.

Der 79-Jährige hat einen Großteil seines Lebens bei SAP verbracht. 1972 gründete er gemeinsam mit den ehemaligen IBM-Mitarbeitern Dietmar Hopp, Klaus Tschira, Hans-Werner Hector und Claus Wellenreuther das Unternehmen. Heute ist SAP einer der wertvollsten Konzerne Deutschlands und Europas größter Softwarehersteller. Vor seinem Wechsel in den Aufsichtsrat war Plattner von 1997 bis 2003 Vorstandssprecher des Unternehmens. Von den fünf Gründern ist Plattner der einzige, der noch ein Amt im Konzern bekleidet.

 

Das Unternehmen hat Plattner zu einem der reichsten Deutschen gemacht. Er ist einer der größten Aktionäre von SAP. Das Wirtschaftsmagazin "Forbes" schätzt das Vermögen von Plattner und seiner Familie auf 8,1 Milliarden US-Dollar. Sein Geld steckt er als Mäzen gerne in die Kunst.

In Potsdam baute der Sammler und Liebhaber impressionistischer Gemälde etwa das Kunstmuseum Barberini. Gar nicht weit davon entfernt werden im Hasso-Plattner-Institut IT-Fachleute ausgebildet. Der Segler und E-Gitarrist ist außerdem Besitzer der San Jose Sharks, einer Mannschaft aus der US-Eishockey-Profiliga NHL.

Für seine Nachfolge als Aufsichtsratsvorsitzender von SAP hatte Plattner eigentlich auf eine interne Lösung gehofft. "Aber der Plan hat sich zerschlagen", sagte Plattner dem "Handelsblatt" (Donnerstag). Es sei "nicht so einfach, einen Nachfolger aus der Mütze zu ziehen".

Auch die Suche unter ehemaligen Vorständen habe nicht geklappt. Deshalb habe der Aufsichtsrat auch externe Bewerber angesprochen. Den Kontakt zu Punit Renjen habe letztlich SAP-Chef Christian Klein hergestellt, der geschäftlich mit ihm in den USA zu tun gehabt habe. "Punit war sofort interessiert", sagte Plattner.

Sollte der 61-Jährige auf der Hauptversammlung im Mai in den Aufsichtsrat gewählt werden, würde damit der Übergangsprozess beginnen, hieß es laut Mitteilung. Renjen besitze "wertvolle strategische Erfahrungen und Kenntnisse über die Bedürfnisse von Unternehmen in sich heutzutage schnell verändernden Umgebungen".

Renjen, der von 2015 bis Ende 2022 Chef von Deloitte war, kenne die Anforderungen globaler Kunden sehr genau und ebenso das Potenzial von SAP. Er sei erfreut darüber, für die Aufgabe in Betracht gezogen zu werden, sagte Renjen laut Mitteilung: "SAP ist ein herausragendes Unternehmen mit einer Schlüsselrolle in der Weltwirtschaft." Er freue sich darauf, die Zukunft mitzugestalten, sagte Renjen.

 

Der Softwarehersteller befindet sich in der Transformation. Seit mehr als zwei Jahren treibt Konzernchef Klein den Umbau voran. Er will das Kerngeschäft mit Software-Lizenzen zur Unternehmenssteuerung in ein cloudbasiertes Abo-Modell wandeln. Die Investitionen in die Zukunft gehen aber zunächst zulasten des Ergebnisses. Ende Januar sagte Klein, SAP habe nun einen wichtigen Wendepunkt erreicht und gezeigt, "dass SAP jetzt ein richtiges Cloud-Unternehmen ist".

2022 stieg der Umsatz auch dank der anziehenden Geschäfte mit Cloudsoftware zur Nutzung über das Netz um elf Prozent auf 30,9 Milliarden Euro. Unter dem Strich sackte der Nettogewinn im Vergleich zum Vorjahr aber um gut zwei Drittel auf 1,71 Milliarden Euro, vor allem weil die Risiko-Beteiligungen an Start-ups nicht so viel Bewertungserträge beisteuerten wie zuvor.

Ende Januar kündigte SAP an, 3000 Stellen streichen zu wollen - davon rund 200 in Deutschland. SAP wolle sich auf das Kerngeschäft mit Software zur Unternehmenssteuerung (ERP) konzentrieren, hieß es. Die Einschnitte werde es in Bereichen geben, wo man weniger erfolgreich sei.

Update: Donnerstag, 23. Februar 2023, 13.04 Uhr

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