TSG Hoffenheim gegen VfL Wolfsburg

Die mit den Wölfen tanzen

Die TSG Hoffenheim erkämpft sich einen 2:1-Erfolg gegen den VfL Wolfsburg, das bis dahin beste Team der Rückrunde.

06.03.2021 UPDATE: 07.03.2021 19:30 Uhr 4 Minuten, 10 Sekunden
Dropkick ins Glück: Besser als Christoph Baumgartner bei seinem Tor zum 1:0 kann man einen Ball nicht treffen. Foto: APF

Von Nikolas Beck

Sinsheim. Beinahe hätte der Radio-Kollege von vorne beginnen müssen. Unmittelbar nach Spielende fürchtete er am Samstagnachmittag um die Tonqualität seines Aufsagers, weil ein nicht enden wollender Applaus durch die leere Pre Zero Arena hallte. Zwar nur aus wenigen Händen. Dafür aber umso entschiedener.

Trainer Sebastian Hoeneß durfte sich beim Gang in die Kabine über stehende Ovationen seiner Vorgesetzten freuen. Foto: APF

Die Hoffenheimer Delegation auf dem Logen-Balkon, die schon in der Vorsaison durch ihre lautstarke Unterstützung in Zeiten von Geisterspielen "CEO-Ultras" getauft wurde, honorierte die Darbietung mit stehenden Ovationen.

Die Gruppe um "Capo" Geschäftsführer Peter Görlich, Sportdirektor Alexander Rosen und Co. wollte erst gar keinen Zweifel aufkommen lassen: Ehe nicht auch der letzte Hoffenheimer nach den 2:1 (2:1)-Erfolg gegen den VfL Wolfsburg den Rasen verlassen hatte, wurde das Applaudieren nicht eingestellt.

Symbolisch war’s, dass ausgerechnet Trainer Sebastian Hoeneß den Abschluss machte. Mit einer Mischung aus Stolz und Verlegenheit immer wieder nach oben blickte zu seinen Vorgesetzten, ihnen den Daumen entgegenstreckte. Als ob diese ihm und allen anderen signalisieren wollten: Unser gemeinsamer Weg ist noch lange nicht zu Ende. Egal, wie die Saison bisher gelaufen ist. Egal, was alles geschrieben und spekuliert wurde. Die Message war unmissverständlich: Die TSG Hoffenheim hat noch einiges vor in dieser Spielzeit.

Genauso entschlossen war die TSG den "Tanz mit den Wölfen" angegangen. Die Tabellensituation spiegelte das Duell zwischen der bis dahin besten Rückrunden-Mannschaft und den Hoffenheimern auf Rang elf nicht ansatzweise wider. "Viel Energie, viel Intensität", hatte nicht nur Hoeneß bei seinen Schützlingen erkannt. Folgerichtig gingen die Hausherren auch früh in Führung.

673 lange Minuten hatte Koen Casteels den Wolfsburger Kasten sauber gehalten. Zwischen den Pfosten in Sinsheim will es für den Belgier, von 2011 und 2015 bekanntlich selbst im Kraichgau aktiv, aber einfach nicht so recht klappen. Christoph Baumgartner beendete flugs die sechslängste Serie ohne Gegentor in der Geschichte der Bundesliga.

Sehenswert war’s, wie sich "Baumi" die Hereingabe von Pavel Kaderabek mit der Brust perfekt vorlegte und den Ball per Dropkick unter die Latte und in die Maschen knallte (8. Minute). Ob die tags zuvor bekanntgewordene Vertragsverlängerung bis 2025 den 21-jährigen Österreicher zusätzlich beflügelt hatte?

"Baumis Verlängerung ist top, ein super Zeichen für uns alle. Aber die Jungs brauchen keine Extra-Motivation", unterstrich Trainer Hoeneß: "Sie haben einfach Bock zu zeigen, was sie drauf haben." Der Kunstschütze räumte zumindest ein, "natürlich sehr glücklich" zu sein. Übers Tor und die geklärte Zukunft.

„Baumi“ (2.v.l.), Pavel Kaderabek (v.l.), Andrej Kramaric und Ihlas Bebou konnten auch noch ein zweites Mal jubeln. Foto: APF

Stichwort Zukunft: Ein längerfristiges Ziel für die verbleibenden zehn Spiele wollte Hoeneß auch nach dem Coup gegen den Tabellendritten, den Andrej Kramaric nach Weghorsts Ausgleich (23.) mit seinem 14. Saisontor klargemacht hatte (41.), nicht ausrufen. "Aktuell macht es für uns überhaupt keinen Sinn, nach oben zu schauen." Der Rückstand auf Europapokal-Platz sechs beträgt nach wie vor neun Zähler. "Aber", betonte Hoeneß mit Nachdruck, "aber wir müssen jetzt auch nicht mehr nach unten schauen – das ist übrigens schon ein kleiner Erfolg."

Nicht etwa, weil es den Ansprüchen der TSG genüge, lediglich in der Liga zu bleiben. Aber eben deshalb, weil "Hoffe" in dieser Spielzeit mehr als alle anderen von Corona-Infektionen und Verletzungen gebeutelt ist. Gegen Wolfsburg fehlten alleine sechs (!) Innenverteidiger. "Eine unfassbare Zahl", fand auch Hoeneß. Umso mehr freute es den Coach, wie die zusammengewürfelte Dreierkette mit Grillitsch in der Mitte, flankiert von Richards und Adams, vor allem im zweiten Durchgang den Sieg ins Ziel verteidigte.

"Wir haben die Situation angenommen und einfach losgelegt", sagte Hoeneß. Das führe dann zu solchen Spielen und zu solchen Ergebnissen.

Der Applaus war wohl verdient. Ende gut, alles gut! Auch für den Kollegen vom Hörfunk. Denn der konnte seine Aufnahme – trotz Klatschkulisse – noch verwenden.

Update: Sonntag, 7. März 2021, 19.30 Uhr


TSG 1899 Hoffenheim - VfL Wolfsburg
Hoffenheims Stürmer Andrej Kramaric (M) jubelt mit den Mannschaftskameraden Christoph Baumgartner (l) und Ihlas Bebou (r) über seinen Treffer zum 2:1. Foto: Uwe Anspach/dpa

Hoffenheim gewinnt gegen Wolfsburg mit 2:1

Zum ersten Mal unter Coach Sebastian Hoeneß ist die TSG vier Spiele in Serie unbesiegt.

Von Jens Marx

Sinsheim. Die ersten Liga-Gegentore nach über elf Stunden, die erste Niederlage nach neun Spielen: Die Serien des Rückrunden-Topteams VfL Wolfsburg sind gerissen. Der Champions-League-Aspirant verlor am Samstag mit 1:2 gegen die TSG Hoffenheim. Keeper Koen Casteels kassierte nach 673 Minuten in der Fußball-Bundesliga erstmals wieder ein Gegentor, als Christoph Baumgartner (8.) die Hoffenheimer in Führung brachte. Nach dem Ausgleich durch Hoffenheim-Schreck Wout Weghorst (23.) gelang Andrej Kramaric (41.) noch vor der Pause die erneute Führung.

Zum ersten Mal unter Coach Sebastian Hoeneß ist die TSG vier Spiele in Serie unbesiegt. Die Wolfsburger verpassten es, auch im zehnten Spiel nacheinander ungeschlagen den Platz zu verlassen und Rang drei in der Tabelle zu festigen. Sekunden vor dem Ende kassierte Wolfsburgs Paulo Otavio wegen einer Notbremse noch die Rote Karte.

Kurz bevor es für die Mannschaft von Trainer Oliver Glasner schon denkbar schlecht losging, hatte Sportdirektor Marcel Schäfer noch die Gegentor-Statistik gelobt. "Man sieht, wie es ihnen Spaß macht zu verteidigen", sagte er beim Sender Sky. Nach wenigen Minuten und einem sehr verhaltenen Beginn war davon aber wenig zu sehen. Spektakulär schloss Baumgartner per Volleyschuss nach Brustannahme ab. Der Ball krachte unter die Latte und ins Tor - ausgerechnet bei seinem Ex-Club ein Gegentreffer für Casteels.

Aufgeschreckt wirkte Wolfsburg dadurch nicht, aufgeregt auch nicht. Zunächst machte Hoffenheim weiter das Spiel. Die Hoeneß-Mannschaft, in der in Kevin Vogt wegen Adduktorenprobleme kurzfristig ein weiterer Spieler fehlte, kombinierte gefällig. Vor allem Baumgartner, dessen Vertrag unter der Woche bis Ende Juni 2025 verlängert worden war, trieb das TSG-Spiel an.

Aber da gibt es ja diese besondere Liaison von Weghorst und den Hoffenheimern. Gegen Leipzig beim Pokal-Aus jüngst noch vom Pech verfolgt, als er bei einem Elfmeter wegrutschte und verschoss. Vier Pflichtspiele nacheinander war er sogar insgesamt ohne Tor geblieben, aber gegen die TSG ist er mal wieder zur Stelle. Nach einem Pass aus der eigenen Hälfte von Xaver Schlager lief der 28 Jahre alte Niederländer mit dem Ball aufs TSG-Tor zu und schob unbedrängt und souverän an Keeper Oliver Baumann vorbei ins Tor.

Weghorsts siebtes Liga-Tor gegen die TSG, sein 15. in dieser Saison. Trotz der nun stärkeren Phase der Wolfsburger gingen die Hoffenheimer aber noch vor der Pause erneut in Führung. Kramaric ließ sich aus kurzer Distanz eine Hereingabe nicht nehmen - und schon wieder war Casteels geschlagen.

So wollte Wolfsburg partout nicht heimreisen. Die Mannschaft - nun auch mit Admir Mehmedi - drehte nach dem Seitenwechsel auf, erhöhte den Druck, hatte deutlich mehr Ballbesitz. Ein Kopfball von Weghorst streifte die Latte (61.) bei der besten Ausgleichschance.

Hoffenheim ließ sich immer weiter in die eigene Hälfte drängen. Nach einem Klasse-Angriff initiiert von Baumgartner bot sich dann jedoch die große Möglichkeit für die Hausherren. Einen Freistoß aus 16 Metern schoss Kramaric aber deutlich am Tor vorbei (67.). Wolfsburg stemmte sich bis zum Ende gegen die dritte Niederlage in dieser Saison nach den punktlosen Spielen gegen den FC Bayern München und Borussia Dortmund - vergeblich.

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