1899 Hoffenheim

Diese Dortmunder Dramen gab es

Zum Abschluss einer turbulenten und besonders langen Saison hofft die TSG Hoffenheim auf ein Happy End am Samstag in Dortmund

25.06.2020 UPDATE: 26.06.2020 06:00 Uhr 4 Minuten, 1 Sekunde
Moment der Erlösung: Hoffenheims Sejad Salihovic (r.) jubelt mit Kevin Volland, Roberto Firmino und Sven Schipplock (v.l.) nach einem seiner zwei Elfmetertore zum 2:1, mit denen die TSG im Saisonfinale 2013 in Dortmund den Abstiegsplatz verlassen konnte. Foto: APF

Von Nikolas Beck

Heidelberg. Immer wieder Dortmund: Bereits zum dritten Mal in der zwölfjährigen Bundesliga-Geschichte der TSG Hoffenheim hält der Schlussakt einer Saison das Duell mit den Schwarz-Gelben bereit. Dramen in oder gegen Dortmund haben einen festen Platz in "Hoffes" Klubannalen.

Fadenkreuz in Mannheim

Begonnen hat alles in Mannheim. Am 21. Oktober, dem fünften Spieltag der Hinrunde 2008/2009, als in Hoffenheims erster Erstliga-Saison die Sinsheimer Arena noch nicht fertiggestellt war, wurde das Carl-Benz-Stadion Schauplatz einer denkwürdigen Partie. Nicht nur, weil der Aufsteiger den BVB mit 4:1 regelrecht auseinanderspielte. Sondern vor allem auch deswegen, weil damals die unsäglichen Schmähungen gegen Dietmar Hopp ihren Anfang nahmen, der TSG-Gesellschafter erstmals ins Fadenkreuz genommen wurde. Wer hätte damals gedacht, dass eine Entwicklung in Gang gesetzt wurde, die elfeinhalb Jahre später, beim Gastspiel der Münchner Bayern in Sinsheim, in einem 15-minütigen Nichtangriffspakt seinen traurigen Höhepunkt findet?

Hintergrund

Kein Götze

Mario Götze wird ein Abschieds-Einsatz verwehrt bleiben. Der WM-Siegtorschütze steht nicht im Kader, verlässt im Sommer den BVB. Seinen letzten Scorerpunkt in Schwarz-Gelb erzielte der 28-Jährige mit seinem Tor beim 1:2 der Dortmunder im

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Kein Götze

Mario Götze wird ein Abschieds-Einsatz verwehrt bleiben. Der WM-Siegtorschütze steht nicht im Kader, verlässt im Sommer den BVB. Seinen letzten Scorerpunkt in Schwarz-Gelb erzielte der 28-Jährige mit seinem Tor beim 1:2 der Dortmunder im Hinspiel in Sinsheim.

Ein Haaland

Dafür ist Erling Haaland mit dabei. 13 Tore hat der 19-Jährige seit seiner Ankunft in der Winterpause bereits erzielt. Im Schnitt jubelt er alle 75 Minuten – ligaweit hat keiner eine bessere Quote.

Viele Jokertore

Niemand wechselt besser ein als Hoffenheim und die Borussia. Alleine zwölf "Hoffe"-Tore gehen in dieser Spielzeit auf das Konto der Joker – Ligabestwert. Zehnmal waren Dortmunds Einwechselspieler erfolgreich (sechsmal Haaland). ⋌nb

So könnten sie beginnen

Dortmund: Bürki - Piszczek, Hummels, Akanji - Hakimi, Brandt, Witsel, Guerreiro - Sancho, Hazard - Haaland.

Hoffenheim: Baumann - Posch, Grillitsch, Hübner - Kaderabek, Samassekou, Skov - Rudy, Kramaric - Dabbur, Baumgartner.

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Elfmeter ins Glück

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Der 18. Mai 2013 ist für die TSG ein Schicksalstag. Viel größer hätte der Kontrast zwischen den beiden Teams nicht sein können, als sich der designierte Absteiger aus dem Kraichgau am 34. Spieltag auf den Weg zum BVB machte, der sich eine Woche später im Londoner Wembley-Stadion mit den Bayern um den Champions-League-Pokal streiten sollte. Die Elf von Trainer Markus Gisdol – assistiert von einem gewissen Julian Nagelsmann – stand bereits mit mehr als einem Bein in Liga zwei, als erst Mats Hummels Kevin Volland von den Beinen holte und Sejad Salihovic per Strafstoß ausgleichen konnte. Wenig später war es BVB-Keeper Roman Weidenfeller, der Sven Schipplock im Strafraum zu Fall brachte: Rot und erneut Elfmeter. Salihovic ließ sich auch von Aushilfs-Torwart Kevin Großkreutz nicht aus der Ruhe bringen und schoss "Hoffe" mit dem zweiten Elfer ins Glück. Der Rest ist Geschichte. Wo die TSG heute wohl stehen würde, wenn es damals eine Liga runter gegangen wäre?

Stich ins Herz

Es war ein packender Pokal-Thriller, den es im Signal Iduna Park am 7. April 2015 zu sehen gab. Einen frühen Rückstand drehte Hoffenheim rasch in eine 2:1-Führung. Nach der Pause kam der BVB zurück, zitterte sich am Ende in die Verlängerung – und wurde nach 107 Minuten vom eingewechselten Kapitän Sebastian Kehl erlöst. Dessen Dropkick aus 25 Metern fand über den Innenpfosten den Weg ins Tor – ein Stich mitten ins Herz für leidenschaftlich kämpfende Kraichgauer. Für Dortmund war erst der VfL Wolfsburg im Endspiel von Berlin zu stark. Was die TSG wohl erreicht hätte, wäre ihr erstmals der Sprung ins Pokal-Halbfinale gelungen?

Festtag in Sinsheim

Wenn der 18. Mai 2013 als "Schicksalstag" in den Hoffenheimer Geschichtsbüchern steht, dann findet man dort den 12. Mai 2018 unter der Überschrift "Feiertag". Kein Halten gab es nach dem 3:1-Erfolg im direkten Duell um Champions-League-Platz drei – ob beim Platzsturm der Fans, der Bierdusche für Trainer Nagelsmann während der PK oder beim Feiern am Zaun. Hoffenheim auf Rang drei, der Dorfklub qualifiziert für die Champagner-Liga. Ob das so schnell noch mal zu toppen ist?

Comeback in Dortmund

An das jüngste Aufeinandertreffen im Dortmunder Stimmungstempel erinnert man sich ebenfalls bei 1899 viel lieber zurück als beim BVB. 3:3 trennten sich die ungleichen Rivalen am 9. Februar 2019. Und das, obwohl die Hausherren eine Viertelstunde vor Schluss beim Stand von 3:0 wie der sichere Sieger aussahen. Dann trafen zweimal Ishak Belfodil und einmal Pavel Kaderabek, die Sinsheimer nahmen einen Punkt mit nach Hause – und der damals noch souveräne Tabellenführer Dortmund begann langsam, aber sicher, seinen komfortablen Vorsprung auf die Bayern zu verspielen. Ob es für Schwarz-Gelb ohne das Monster-Comeback der TSG für den Titel gereicht hätte?

Update: Freitag, 26. Juni 2020, 18.23 Uhr


Von Nikolas Beck

Heidelberg. Das Buch der Hoffenheimer Saison 2019/2020 hat viele Kapitel. Am Donnerstag, im Rahmen der Pressekonferenz vor dem Bundesligafinale bei Borussia Dortmund (Samstag, 15.30 Uhr/Sky), versuchte sich Alexander Rosen schon einmal an einer "Inhaltsangabe".

Der TSG-Sportdirektor erinnerte an den großen Umbruch und die Verpflichtung eines neuen Trainers: "Dann ist die Mannschaft nach einer holprigen Startphase mit dem Spiel in München in eine Art Flow mit einer fantastischen Siegesserie gekommen." Zu Beginn der Rückrunde habe sie abermals Probleme bekommen und sei nun, nach der Freistellung von Trainer Alfred Schreuder (Rosen: "Die schwierigste Entscheidung in dieser Saison") das drittstärkste Team nach der Corona-Pause. "Wir sind froh, dass wir die nötige Kraft, Frische, Energie und auch die Qualität haben, dass wir im Endspurt gerade richtig punkten." Freilich wolle man das "jetzt noch ein Spiel so durchziehen".

Nun also der Schlussakt in Dortmund. Bei einem Gegner, der schon in mehreren Hoffenheimer Geschichten für ein angenehmes Ende gesorgt hat. "Es ist in der Tat so, dass wir gegen den BVB schon zweimal am letzten Spieltag sehr gut ausgesehen haben", erinnerte sich Rosen an die Jahre 2013 und 2018: Zunächst sicherte sich die TSG bei den Schwarz-Gelben in letzter Minute einen Relegationsplatz, der letztendlich zum Ligaverbleib reichte. Vor zwei Jahren machten die Kraichgauer daheim im direkten Duell mit Dortmund Rang drei und damit die erstmalige Teilnahme des Dorfvereins an der Champions League klar.

"Nichtsdestotrotz ist das eine absolute Topmannschaft", sagt Rosen und muss schmunzeln: "Nur aufgrund der Vergangenheit stehen nicht automatisch die Vorzeichen gut, dass wir aus Dortmund etwas mitnehmen." Optimismus verbreitete der 41-Jährige dennoch vor dem Fernduell um Rang sechs, der die strapaziösen Qualifikationsspiele zur Europa League ersparen würde. Der Siebte muss am 17. September in der zweiten Quali-Runde einsteigen – diesmal nicht mit Hin- und Rückspiel, sondern in einer K.o.-Partie. Die zuletzt gezeigten Leistungen, die bisherige Trainingswoche und die große Gier seiner Mannschaft stimmen den Sportchef zuversichtlich.

Die Rechnung ist nicht allzu kompliziert: Beim "Vize" Dortmund muss die TSG mehr Punkte holen als der punktgleiche VfL Wolfsburg, der Meister München empfängt. Oder ganz einfach: "Platz sechs wäre ein Platz besser als Platz sieben", weiß Rosen.

Im Idealfall geht es also auf Rang sechs in den Epilog: Die Suche nach einem neuen Cheftrainer für die kommende Runde ist schließlich noch nicht abgeschlossen. Inzwischen habe man begonnen, aus den "paar Dutzend Bewerbern" eine Art "Longlist" zu erstellen, berichtete Rosen. Aktuell liege der Fokus aber voll auf dem finalen Kraftakt im Revier.

"Es ist nahezu unglaublich", so Rosen, "dass man eigentlich in einer Woche wieder mit der Vorbereitung beginnen würde – und jetzt spielen wir gerade einmal den letzten Spieltag." In Anbetracht der turbulenten Spielzeit müsse seine Elf körperlich und mental extrem stabil sein. Und sie ist mehr als urlaubsreif: "Die Jungs brauchen jetzt einfach mal eine Zeit lang frei – mindestens vier Wochen."

Hoffenheims Saison 2019/2020 – ein Roman mit Überlänge. Und auch mit Happy End?

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