Von Vanessa Dietz
Brackenheim. Mit großen, selbstbewussten Schritten kommt er zum Gespräch mit der Rhein-Neckar-Zeitung. Der Treffpunkt: ein kleines Café mitten in der Eppinger Altstadt. Micha Kible hält eine Art Aktentasche in der Hand. Der Bankkaufmann hat das Interview in seine Mittagspause geschoben. "Gleitzeit", erklärt der 23-Jährige, der bei der Volksbank in Brackenheim arbeitet, und grüßt mit einem kräftigen Handschlag. Unter seinem Mantel trägt er einen selbst gestalteten Hoodie - eines seiner eigenen Merchandise-Artikel. Der Schriftzug lässt erahnen, was in Kibles Leben abseits des eher ruhigen Bankgeschäfts abläuft. "#Rampensau" prangt auf seiner Brust. Micha von der Rampe, wie sein Künstlername heißt, ist gemeint.
Der Sänger aus Brackenheim-Hausen bezeichnet seine Musik selbst als "Partyschlager mit einem Touch Volksmusik". Am Wochenende tauscht er seinen Anzug gegen Ledertracht ein. Immer mit dabei: sein Markenzeichen, die blaue Tuba - ein sechs Kilogramm schweres Blasinstrument. Mittlerweile die vierte. "Die verrecken ständig bei mir", sagt Kible und erzählt von einer Aktion, bei der er Tuba spielend eine Ski-Piste heruntergefahren sei.
Wenn der 23-Jährige an die Anfänge seines Künstlerdaseins zurückdenkt, muss er schmunzeln. Damals, vor rund drei Jahren, sei "das alles noch nicht so professionell" gewesen: die Videos, die Songtexte, das "Drumherum". Für seine Debüt-Single "Lasst uns einen heben" - ein Spaßprojekt, wie er selbst sagt - brannte er jedoch damals schon. "Für mich war irgendwann klar, ich gehöre auf die Bühne. In die zweite Reihe wollte ich nie."
Foto: zgDeswegen machte er sich kurzerhand alleine auf dem Weg nach Mallorca, um seinen ersten Song zu promoten. "Ich bin mit meiner Tuba am El Arenal entlang gelaufen und habe Leute angesprochen", meint Kible. Dort habe er dann durch Zufall die Bekanntschaft mit dem Ballermann-Künstler "Almklausi" ("Mama Lauda") gemacht, der ihn spontan auf einen Gig einlud. Noch am selben Abend stand Micha von der Rampe das erste Mal auf einer großen Bühne.
Seitdem ist viel passiert im Leben des Brackenheimers. Im letzten Jahr hatte Micha von der Rampe rund 80 Auftritte: In Festzelten, in Ski-Gebieten, Clubs und bei der Live-Sendung "Immer wieder sonntags" im Ersten. Mit seiner neuesten Single "Ticki Tacka" (Achtung: Ohrwurm-Gefahr!) hat er den bisher größten Erfolg: Der Song wurde fast eine halbe Million Mal aufgerufen. "Die Nummer läuft wie die Sau, des isch echt brudal", sagt er in seinem schwäbischen Dialekt und verweist auf die aktuellen iTune-Charts. Hier belege sein Après-Ski-Hit Platz 3, hinter den im Schlagerbereich etablierten Künstlern Kerstin Ott und DJ Ötzi.
2020 soll mehr bringen. Auftritte im "dreistelligen Bereich" seien sein Ziel, verkündet der Entertainer und kramt stolz seine lange To-Do-Liste in den Notizen seines Smartphones heraus. Organisatorisches stehe hier drauf, zu viel verraten möchte er aber nicht. Von einem Management hält der Unternehmer bewusst Abstand. "Ich selber bin das Produkt und bin dafür verantwortlich. Die Strippen will ich selber ziehen", erklärt er. Deswegen kümmert sich der 23-Jährige selbst um Bookings, die Buchhaltung und Marketing-Aktionen seiner "One-Man-Show". Sogar Pressebilder und die Videos zu seinen Liedern macht er selbst, wenn er nicht gerade an einem Song bastelt. "Wozu gibt's den Selbstauslöser?", fragt Kible rhetorisch. Nur das Produzieren gibt er in andere Hände. Dafür fliegt er dreimal im Jahr ins südösterreichische Graz.
Mittlerweile arbeitet der Bankkaufmann nur noch in Teilzeit. "Das Schlagergeschäft mit Micha von der Rampe boomt und nimmt viel Zeit in Anspruch", so Kible. Das "Hauptgeschäft" vernachlässige er aber nicht. "Ich gebe immer 120 Prozent auf der Arbeit", erklärt er. Ein echter "Schaffer" eben, wie man im Schwabenländle sagen würde. Micha Kible wirkt im Gespräch mit der RNZ fokussiert. Er wisse, wo er hin möchte und gebe dafür jeden Tag alles.
Das kommt nicht bei jedem an. Der Erfolg bringe auch Neider, das hat Kible schon am eigenen Leib zu spüren bekommen. "Am Anfang haben mich viele dafür belächelt. Aber ich stehe da drüber." Auch wenn sich über den Tiefgang seiner Texte und die Melodie streiten lässt, stellt Kible klar: "Es ist alles andere als einfach, einen Schlagerhit zu kreieren. Wer es besser kann, soll es machen." Bei seinen Songs, sei er immer "zu 100 Prozent nüchtern". Business sei eben Business. Was andere von dem überzeugten Sänger halten, sei ihm egal.
Mit dieser Einstellung ging der Künstler auch an eine Marketing-Aktion im Juli 2019 ran. Kible erinnert sich an den "Medienhype" zurück, nachdem er damals auf dem Weg zu einem Auftritt in Stuttgart mitten in eine stundenlange Vollsperrung der A81 gekommen war, seine Tuba ausgepackt und ein spontanes Autobahnkonzert für alle Staugeplagten gegeben hatte. Daran ließ er live seine Facebook-Community teilhaben. Das Video ging viral.
Die Verkehrspolizei fand die Aktion weniger lustig. Dem Entertainer drohte dafür eine Geldstrafe, die es ihm wert gewesen wäre zu zahlen. Denn durch das spontane Autobahnkonzert löste Micha von der Rampe einen "Medienhype" aus, wie er erzählt. "Die Presseresonanz war riesig", weiß er noch.
Woher er das Selbstbewusstsein für seine "One-Man-Show" nimmt? "Ich war selbst immer einer meiner größten Fans. Wenn ich nicht selbst an mich glaube, wie kann ich es dann von anderen erwarten?" Seine Devise: "Einfach machen! Zu viel Nachdenken ist manchmal nicht gut." Kible nennt diese Einstellung "das Kind-Syndrom". Er erklärt: "Hätte ich mir vor der Aktion größere Gedanken gemacht, wäre sie nie so gut angekommen."
Derartige Marketing-Kampagnen sind weiterhin geplant. Micha Kible strotzt nur so voller Energie und Ideen. Er wolle weiterhin, Aufmerksamkeit für sich und seine Projekte erregen. Sonst gehe man "in dem Business" unter. Sein nächster Hit sei auch schon in Arbeit. "Rampensau" soll Ende Februar erscheinen. Die Schlagerwelt wird wieder von ihm hören: Das hat Prio Nummer eins auf seiner To-Do-Liste.