Sarah verbringt ein Jahr in Indien. Sie verbringt viel Zeit mit den Kindern, die sehr offen und herzlich sind. Foto: privat
Indien ist bunt und laut. Indien, das ist das Land des Tees, des Himalayas und der Kühe. Das Land, in dem Frauen glitzrige Saris tragen, das Essen scharf ist und in dem jeder Bahnhof wie ein Schloss aussieht. Indien, das ist unfassbare Schönheit und Armut zugleich. Es ist ein Land der Gegensätze, aber auch der Möglichkeiten - das ist es, was die Menschen an Indien fasziniert. Die Walldürnerin Sarah Mestmacher ist eine davon. Dieses Jahr machte Sarah ihr Abi. Nach dem Abi war für sie ein guter Zeitpunkt, um ihren Traum, einmal nach Indien zu gehen, zu verwirklichen.
Über die Organisation "Kultur life", deren Träger das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklungshilfe ist, absolviert sie nun ihr "Weltwärts"-Jahr in Dehradun, der Hauptstadt des nordindischen Bundesstaats Uttarakhand, am Fuße des Himalayas. Dort ist sie seit Juli als Assistenzkraft in der gemeinnützigen Organisation "Shishya Society" tätig. Diese wurde 1995 von einem kanadischen Ehepaar gegründet. Die Organisation hilft Waisen sowie vernachlässigten Kindern. Zur "Shishya Society" gehört eine Schule, die auch 400 Kindern aus den umliegenden Dörfern Zugang zu Bildung ermöglicht. Dort arbeitet Sarah.
Nach einem Vorbereitungsseminar begann im Juli das große Abenteuer: Nach Abflug in Frankfurt, Zwischenstopp im Oman, Landung in Delhi und einer siebenstündigen Taxifahrt kam sie am 5. Juli wohlbehalten in Dehradun an und fühlt sich sofort heimisch.
"Die Kids kamen mit einem ,Hello Sarah mam!' auf mich zu und wollten, dass ich ihnen vorlese. Berührungsängste? Fehlanzeige!", berichtet die 18-Jährige. Mittlerweile hat sie sich "schon super eingelebt".
"Die Umgebung ist wunderschön. Dank des Monsuns ist es auch nicht mehr ganz so heiß wie am Anfang. Alle Menschen hier sind unglaublich nett und offenherzig und die Kinder total süß", erzählt Sarah. Nach ihrer persönlichen Einschätzung hat das auch damit zu tun, dass sie in einer christlichen Organisation arbeitet, was hier eine große Rolle spielt, da der Glaube sehr wichtig für die Inder ist.
Dennoch bleibt Indien für sie "eine andere Welt". "Die Gegensätze zwischen Arm und Reich beispielsweise sind wirklich sehr heftig hier und immer noch unfassbar für mich. Es ist unglaublich, dass das ein und derselbe Planet ist." Was sie besonders an Indien liebt? "Das Bunte! Die Kleidung glitzert, die Kinder schreiben bunt, und die Häuser sind grün, pink und orange." Mittlerweile hat sie sich auch an den Tagesablauf und ihre Aufgaben in der Organisation gewöhnt. "Jeder Morgen beginnt mit einer Versammlung, bei der für den Tag gebetet wird. Danach beginnt der Unterricht."
Zurzeit unterrichtet Sarah Deutsch, Sport und eine Lerngruppe von Mädchen. Die Mädchen kommen aus sozial schwierigen Verhältnissen, sprechen kein Wort Englisch und können daher nicht am normalen Unterricht teilnehmen.
"Ich versuche, ihnen spielerisch ein paar englische Wörter beizubringen. Es ist wunderbar, was für große Fortschritte sie schon gemacht haben", schwärmt sie. Am Nachmittag hilft sie bei den Hausaufgaben, isst und spielt mit den Kindern und bereitet den Unterricht vor. Auch die abendliche Vorlesestunde darf natürlich nicht fehlen. Mit der Vorlesestunde endet jeder Abend.
Neben deutschem Vollkornbrot vermisst sie natürlich am meisten ihre Familie und ihre Freunde. "Aber die Nähe bekommt man ein Stück weit durch die Kinder ersetzt", sagt sie.
Ansonsten ist sie "nach wie vor superfroh, diesen Weg gegangen zu sein. Man merkt einfach, wie man selbst dabei wächst", erzählt sie. "Vieles wird hier viel bewusster erlebt als in Deutschland. Die Menschen sind trotz des niedrigeren Wohlstands unglaublich zufrieden. Es sind die kleinen Dinge, die für sie zählen." So auch für Sarah, die noch gut ein Jahr in Indien verbringen wird. Denn wenn ein "Thank you, Sarah mam! I really had fun today", aus vielen Kinderkehlen erklingt, dann weiß sie, dass sie hier richtig ist.