Die SAP-Chefs Jennifer Morgan und Christian Klein (rechts) wollen vollenden, was Bill McDermott ihnen hinterlassen hat. Foto: ZG
Von Barbara Klauß
Walldorf/New York. Es geht viel um Wachstum an diesem Vormittag in New York, und um Effizienz. In einem Konferenzraum stehen die beiden neuen Vorstandsvorsitzenden des wertvollsten deutschen Dax-Konzerns und sprechen auf einem außerordentlichen Kapitalmarkttag vor Investoren und Analysten darüber, wie sie SAP künftig führen wollen. Per Livestream wenden sie sich an Menschen in aller Welt.
Einen Monat ist es her, dass SAP-Chef Bill McDermott überraschend zurück getreten ist und Jennifer Morgan und Christian Klein an die Spitze des Softwarekonzerns rückten. "Es war ein ereignisreicher Monat", sagt die USA-Amerikanerin Morgan nun. In erster Linie hätten Klein und sie in den vergangenen Wochen eines getan: zugehört. Den Mitarbeitern, den Kunden, aber auch den Anteilseignern und Investoren. "Und wir haben Sie verstanden", fügt Morgan hinzu. Nun soll Europas größter Softwarekonzern effizienter und profitabler werden, um die angepeilten Margenziele zu erreichen. Unter anderem soll die Profitabilität in der schnell wachsenden Cloudsparte (Geschäft mit Mietsoftware) weiter steigen.
Zuletzt – bereits vor dem Abgang McDermotts – war Kritik laut geworden. Aus Sicht von SAP-Anwendern wurden zu viele Programme angestoßen aber nicht weiterentwickelt; die Integration der zugekauften Softwarelösungen funktioniere nicht wie erhofft, erklärte die deutschsprachige Anwendergruppe DSAG im September bei ihrem Jahreskongress in Nürnberg. 30 Prozent der rund 3500 Unternehmen, die der Verband vertritt, haben demnach kein Vertrauen in SAP als "Digitalisierungspartner".
Doch jetzt, so führen die beiden Co-Chefs in New York aus, soll die Integration vorangetrieben werden, Synergie-Effekte genutzt, Portfolio-Überschneidungen entfernt. "Zum Teil bieten wir für das selbe Problem verschiedene Lösungen an", so Klein. Das müsse sich ändern. Morgan stellt klare Richtlinien in Aussicht, auf welche Produkte SAP sich konzentrieren wolle. Der Fokus bei Investitionen müsse auf den wachstumsstärksten Produkten liegen. Beide setzen hier klar auf die Cloud.
Auch innerhalb der Organisation sehen die Vorstandsvorsitzenden noch Möglichkeiten zu straffen. So wolle man etwa Hierarchien reduzieren, erklärt Klein. Im Moment, fügt er hinzu, werde der Konzern häufig nicht als "eine SAP" wahrgenommen. Doch arbeite der Vorstand daran, den Konzern wieder "einfacher" zu machen – gemäß dem alten SAP-Slogan "run simple".
Klein, der viel über Digitalisierung und intelligente Unternehmen spricht, will die Kunden darin unterstützen, ihre Automatisierung mit Hilfe der künstlichen Intelligenz um 20 bis 40 Prozent zu steigern. Der SAP-Chef spricht von Prozessen, bei denen kein Mensch mehr tätig werden müsse. So helfe SAP seinen Kunden, erfolgreicher zu sein. "Und sind unsere Kunden erfolgreich, sind wir es auch."
Die Ausrichtung an den Digitalisierungsvorhaben der Kunden begrüßt die DSAG. "Das Kapital von SAP sind erfolgreiche und zufriedene Kunden", erklärt der Vorstandsvorsitzende Marco Lenck. Den Anwendern sei bewusst, dass herausfordernde Aufgaben auf die Chefs warteten. Doch freue sich der DSAG über die neuen Impulse, die Morgan und Klein im Sinne der Kunden setzten. "SAP ist mit dem Führungs-Duo gut aufgestellt."
Neben den Kunden wollen Morgan und Klein aber auch die Anteilseigner zufrieden stellen. Milliardenschwere Zukäufe nicht sehr rentabler Firmen haben lange auf der operativen Marge gelastet. McDermott hatte im April angekündigt, sie steigern zu wollen. Zuletzt teilte der Konzern mit, über Aktienrückkäufe oder Sonderdividenden im kommenden Jahr 1,5 Milliarden Euro zusätzlich an seine Anteilseigner zurückgeben zu wollen.
Bei ihrer Ernennung vor einem Monat hatten Morgan und Klein betont, sie setzten auf Kontinuität. "Für Jennifer und mich ist es nun auch wichtig, die Vergangenheit zu bewahren und gleichzeitig den Weg in die Zukunft zu weisen", hatte Klein im Interview mit der RNZ gesagt. Sie wollten "das vollenden, was Bill uns hinterlässt".
Nun haben sie diesen Job seit vier Wochen. "Und manchmal fühlt es sich an wie zehn Jahre", sagt Klein nun in New York. Aber: "Wir arbeiten hart daran, das nächste erfolgreiche Kapitel von SAP zu schreiben."