Heilbronn/Damme. (dpa) Der Discounter Lidl hat als Reaktion auf die jüngsten Protest- und Blockadeaktionen von Landwirten die Preise für Schweineprodukte erhöht. Lidl habe den Einkaufspreis für zehn Artikel aus dem Schweinefleischsortiment um 1 Euro pro Kilogramm angehoben, als Folge steige der Verkaufspreis im gleichen Umfang, teilte Lidl am Donnerstag in Heilbronn mit. Zuerst hatte die OM-Mediengruppe (Vechta/Cloppenburg) über die Preiserhöhung berichtet.
Lidl hatte vergangene Woche schon angekündigt, 50 Millionen Euro zusätzlich an die Landwirte über die Initiative Tierwohl auszuzahlen. Jetzt folge eine weitere Soforthilfemaßnahme für die unter Druck stehenden Schweinebauern, hieß es. Am Freitag will Lidl-Konkurrent Aldi Gespräche unter anderem mit der Bauern-Protestbewegung "Land schafft Verbindung" führen.
Die sich in Existenznot sehenden Bauern klagen über zu geringe Erzeugerpreise und ein aus ihrer Sicht unfaires Gebaren der Einzelhandelsketten. In den vergangenen zwei Wochen blockierten sie mit ihren Traktoren in vielen Städten Zentrallager.
Der Geschäftsführer der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) im niedersächsischen Damme, Torsten Staack, begrüßte die Reaktion Lidls. Er gehe davon aus, dass auch die anderen Händler nachziehen werden. Den stark gefallenen Erzeugerpreisen stünden gestiegene Verbraucherpreise gegenüber. "Von den höheren Verbraucherpreisen ist bei den Bauern bislang nichts angekommen." Die Diskussion müsse zu einer auch für Bauern nachhaltigen Preispolitik führen.
Update: Donnerstag, 10. Dezember 2020, 15.34 Uhr
Lidl-Betreiber will Ombudsstelle im Streit mit Bauern
Neckarsulm. (dpa) Der Betreiber der Handelsketten Lidl und Kaufland, die Schwarz-Gruppe, hat die Einrichtung einer Ombudsstelle zur Beilegung von Konflikten zwischen Einzelhandel und Landwirtschaft vorgeschlagen. "Mit einem klaren Kodex und einer Ombudsstelle können wir Streitthemen an zentraler Stelle bündeln und viel schneller über Lösungen sprechen", sagte der Chef der Schwarz-Gruppe in Neckarsulm, Klaus Gehrig, am Dienstag.
In der vergangenen Woche hatte Gehrig bereits 50 Millionen Euro Soforthilfe für Schweinebauern angekündigt. Am Montag seien bereits erste Gespräche mit Vertretern der Initiative Tierwohl geführt worden, wie das Geld unbürokratisch an die Landwirte ausgeschüttet werden könne, berichtete Lidl. Mit der Ankündigung der Soforthilfe hatte Gehrig auf massive Bauernproteste gegen die Preispolitik des Einzelhandels reagiert.
Auch zwischen Montagabend und Dienstagmorgen blockierten Hunderte Landwirte in mehreren Bundesländern wieder an verschiedenen Orten Zentrallager des Handels.
Update: Dienstag, 8. Dezember 2020, 15.22 Uhr
Millionengeste von Lidl reicht Bauern nicht
Neckarsulm/Berlin. (dpa) Nach heftigen Bauernprotesten gegen die Preispolitik des Einzelhandels will der Betreiber der Handelsketten Lidl und Kaufland, die Schwarz-Gruppe, 50 Millionen Euro für Landwirte bereitstellen. Den Bauern ist das allerdings nicht genug. "So ein Trostpflaster reicht bei weitem nicht aus, um die grundsätzlichen Probleme zwischen Landwirtschaft und dem gesamten Lebensmitteleinzelhandel zu lösen", sagte der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, am Freitag.
Das Angebot sei zwar eine nette Geste. "Aber wegen des andauernden Preiskampfs verlieren unsere Bauern diesen Betrag fast wöchentlich", meinte er. Notwendig sei eine "grundlegende Veränderung in der Zusammenarbeit" zwischen den Bauern und dem Handel.
Die Schwarz-Gruppe hatte am Donnerstagabend im Anschluss an eine "Dringlichkeitsgipfel" mit den Spitzen des Handels und der Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) angekündigt, im Laufe des kommenden Jahres über die Initiative Tierwohl 50 Millionen Euro zur Unterstützung ihrer Landwirte zur Verfügung zu stellen. Damit sollen insbesondere die durch die Corona-Pandemie und die Afrikanische Schweinepest verursachten Schwierigkeiten im Markt abgefedert werden. Das Unternehmen komme damit der Anfang der Woche gegebenen Zusage nach, pragmatische und schnelle Hilfen für Landwirte zu leisten, hieß es in Neckarsulm.
Der Bauernverband sah in dem Angebot aber nicht mehr als ein Trostpflaster. Um den Landwirten dauerhaft zu helfen, sei eine klare Selbstverpflichtung des Handels zum Ausstieg aus der "Dauerniedrigpreiskultur" notwendig. Außerdem dürfe das Kartellrecht Landwirte und ihre Vermarkter nicht länger daran hindern, Gegengewichte zum Handel zu bilden, betonte der Verband. Darüber hinaus forderten die Bauern unter anderem eine angemessene Bezahlung für höhere Qualitätsstandards und eine Förderung der heimischen Landwirtschaft in der Einkaufspolitik.
Protestierende Bauern hatten in den vergangenen Wochen immer wieder die Lager verschiedener Händler mit Traktoren blockiert, um der Forderung nach besseren Preisen Nachdruck zu verleihen. Die Probleme der Landwirte sind allerdings nicht nur auf die Preispolitik des Handels zurückzuführen. Ein wichtiger Faktor für den aktuellen Einbruch der Scheinefleisch-Preise etwa ist der deutliche Rückgang der Fleischexporte infolge der Afrikanischen Schweinepest.