MRC hat beispielsweise eine Kamera entwickelt, die in Kernspintomographen eingesetzt werden kann. Foto: zg
Von Matthias Kros
Heidelberg. Die Heidelberger MRC Systems ist ein "Hidden Champion" im wahrsten Sinne des Wortes. Ein bisschen hat es den Anschein, als ob sich der Spezialist für Medizin- und Lasertechnik unweit des großen Henkel-Teroson-Werkes im Industriegebiet Pfaffengrund tatsächlich "versteckt" hat. Wer zu den Geschäftsräumen der Firma in dem unauffälligen Büropark durchdringen will, muss erst mal einen Innenhof durchqueren.
Und doch wurde bereits der Weltkonzern Siemens auf MRC aufmerksam. Im Jahr 2003 erwarben die Münchener die Strahlentherapiesparte des aufstrebenden Unternehmens. Diese Behandlung ist nach der Chirurgie die am häufigsten eingesetzte Therapie bei Tumorerkrankungen und kommt bei mindestens der Hälfte aller Krebspatienten zum Einsatz. Objekt der Siemens-Begierde waren damals die speziellen Blenden, die MRC entwickelt hatte. Mit ihnen lässt sich die Präzision der Strahlen erhöhen und gleichzeitig gesundes Gewebe so gut es geht verschonen.
Im Rahmen eines Strategieschwenks gab Siemens das Geschäft und damit den Standort Heidelberg dann allerdings 2010 wieder auf. Erst jetzt, zehn Jahre später, planen die Münchener ihre Rückkehr auf diesen Milliarden-Markt – und zwar mit einem ganz großen Coup: Anfang August hatte die neuformierte Siemens-Medizinsparte Healthineers die Übernahme des amerikanischen Strahlenspezialisten Varian angekündigt – für die Rekordsumme von 16,4 Milliarden US-Dollar (knapp 14 Milliarden Euro). Die Münchener wollen damit zum weltgrößten Unternehmen in der Krebserkennung und -behandlung durch Strahlentherapie aufsteigen.
Marcus Götz. Foto: zgDoch zurück nach Heidelberg: "Ein einschneidender Schritt" sei der Spartenverkauf an Siemens gewesen, erinnert sich Marcus Götz, damals wie heute Geschäftsführer von MRC. Letztlich stand das Rest-Unternehmen mit leeren Händen da, denn ein Großteil der Mitarbeiter war zu Siemens gewechselt und der verbliebene Geschäftsbereich, die Laser-Behandlung von Hirntumoren, hatte noch kein marktreifes Produkt hervorgebracht. MRC war erst acht Jahre vorher von vier namhaften Wissenschaftlern aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ), der Universität Heidelberg und der Uni-Klinik Köln ausgegründet worden.
Doch das Unternehmen, das in diesem Jahr seinen 25. Geburtstag feiert, bekam trotzdem die Kurve: Mit dem Siemens-Erlös konnten die Heidelberger ihre Risikokapitalgeber ausbezahlen und das Unternehmen neu ausrichten. Es folgten in rascher Folge eine Reihe neuer Produkte: "Das erste war eine Videokamera, die in Kernspintomografen eingesetzt werden kann", erinnert sich Götz. Konventionelle Kameras arbeiteten wegen der starken Magnetfelder hier nicht störungsfrei. Die MRC-Kamera werde heute weltweit in neurowissenschaftlichen Studien und zur Patientenbeobachtung eingesetzt, so der Geschäftsführer.
Auch Systeme zur Ausrichtung und Stabilisierung von Laserstrahlen gehören zum Angebot von MRC. Entwickelt für den Einsatz bei der medizinischen Tumorbekämpfung komme diese Technologie heute auch in der klassischen Industrie zum Einsatz, etwa beim präzisen Schneiden von Solarzellen und Smartphone-Displays.
Zu den Innovationen von MRC zählte zudem der sogenannte "Cardioman", mit dem Träger von Herzschrittmachern und Defibrillatoren für sie gefährliche unsichtbare elektromagnetische Felder erkennen können und so den erforderlichen Sicherheitsabstand zu Maschinen und Haushaltsgeräten einhalten.
Heute hat MRC 17 Mitarbeiter, die einen Jahresumsatz von über zwei Millionen Euro erwirtschaften. Man lege Wert darauf, "alles selbst zu machen", so Götz, also die Entwicklung genau wie die Fertigung. Auf den Schreibtischen im Pfaffengrund stehen deshalb nicht nur Laptops, sondern auch Lötkolben. Auch den Vertrieb übernehme man selbst, erklärt Götz, zumindest in Europa und den USA, nur in Asien arbeite man mit Partnern zusammen. Kunden seien hauptsächlich Universitäten und Forschungseinrichtungen, aber auch Konzerne wie Daimler oder Freudenberg.