Viele Menschen haben wegen der Corona-Pandemie ihre Büros verlassen und arbeiten von zu Hause aus. Allerdings gibt es immer wieder Berichte von Angestellten, denen das verwehrt wird. Die Grünen wollen Arbeitgeber verpflichten, mehr Homeoffice zu ermöglichen. Foto: dpa
Von Matthias Kros und Barbara Klauß
Heidelberg. In der Debatte um Homeoffice in der Pandemie erhöhen vor allem die Grünen im Bundestag den Druck auf Arbeitgeber. "Dort, wo es möglich ist, müssen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber verpflichtet werden, Homeoffice zu erlauben", sagte die Fraktionsvorsitzende Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Wer von zuhause arbeiten kann und will, muss das sofort tun können." Aber auch Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und CSU-Chef Markus Söder fordern Arbeitgeber dazu auf, Angestellten noch stärker als bisher das Arbeiten von zu Hause zu ermöglichen. Die Bundesregierung will beim Thema Homeoffice aber weiter auf Freiwilligkeit setzen, sagte eine Sprecherin am Mittwoch. Auch die Unternehmen der Region halten wenig von einer Pflicht.
> BASF: Klare Worte findet beispielsweise Michael Heinz, Arbeitsdirektor und Standortleiter Ludwigshafen bei dem Chemiekonzern: "Wir wollen kein gesetzliches Regelwerk sondern werden auch in Zukunft mehr Flexibilität erlauben, bei der die einzelnen Teams besprechen, was sinnvoll und machbar ist", schreibt er bei dem sozialen Netzwerk LinkedIn. "Auch zukünftig müssen Arbeitgeber im Einzelfall entscheiden dürfen, ob und wie häufig mobiles Arbeiten im Betriebsablauf sinnvoll und die Tätigkeit dafür geeignet ist". Das sähen auch die Mitarbeiter so.
Die aktuelle Diskussion ärgert Heinz: Um ein Recht auf Homeoffice zu diskutieren, werde "die Mähr verbreitet, dass Großraumbüros in Unternehmen weiter besetzt wären und die Mitarbeiter gezwungen würden, vor Ort zu arbeiten". Das sei zumindest bei BASF nicht der Fall. Auch durch konsequentes Einhalten der Abstands- und Hygieneregeln lägen die Inzidenzzahlen im Werk deutlich unter den bundesweiten.
> HeidelbergCement: Auch beim Baustoffkonzern HeidelbergCement sieht man aktuell keinen weiteren Anpassungsbedarf, wie eine Sprecherin auf Anfrage mitteilte. "Die bisherigen Hygiene- und Abstandsmaßnahmen in unseren Büros und Werken sowie das mobile Arbeiten haben sich unseres Erachtens als ausreichend erwiesen, insbesondere da die Ansteckungen in der Regel nicht im Arbeitsumfeld erfolgen."
Von den 1200 Mitarbeitern in der Hauptverwaltung in Heidelberg, im HeidelbergCement Technology Center (Leimen) und im HeidelbergCement Shared Service Center in Leimen sind ihren Angaben nach im Moment deutlich mehr als zwei Drittel im Homeoffice. Faktisch sei immer nur ein kleiner Teil der Mitarbeiter wechselweise im Büro anwesend. Mit Start des zweiten Lockdowns wurden die Mitarbeiter laut Sprecherin angehalten, bevorzugt mobil zu arbeiten. Ins Büro könnten sie nur mit der Genehmigung des Vorgesetzten kommen.
> SAP: Der Walldorfer Softwarekonzern hatte bereits frühzeitig seine kulante Homeoffice-Regelung bis Mitte 2021 verlängert. Derzeit arbeiten etwa 90 Prozent der Belegschaft von zu Hause aus. Deutschland-Personalchef Cawa Younosi appelliert in einem Post auf dem sozialen Netzwerk LinkedIn an alle Arbeitgeber: "Macht mit, wo es geht, lasst Eure Mitarbeitende im Homeoffice arbeiten und tragt mit dazu bei, die Pandemie zu bekämpfen! Sie nervt und schadet uns allen gewaltig!"
> Freudenberg: Bei dem Weinheimer Mischkonzern hatte man nach eigenem Bekunden schon vor der Pandemie flexible Lösungen zum mobilen Arbeiten. "Diese haben wir seit Beginn der Pandemie nochmals ausgeweitet", teilte ein Sprecher mit und sieht das Unternehmen daher aktuell nicht in der Pflicht. "Wo aktuell immer möglich, arbeiten die Mitarbeiter von zu Hause."
> Audi: Nicht bei allen Unternehmen kann ein hoher Anteil der Beschäftigten zu Hause bleiben – wie etwa bei Audi. Zwar gehöre mobiles Arbeiten zur Kultur des Autobauers und sei bereits vor der Corona-Pandemie fest etabliert gewesen, wie eine Sprecherin auf Anfrage erklärte: "Wann und wo gearbeitet wird, können die Mitarbeitenden in Abstimmung mit den Vorgesetzten selbst bestimmen, sofern dies die jeweilige Arbeitsaufgabe zulässt." In der Fertigung aber gehe das natürlich nicht.
So waren bei Audi an den Produktionsstandorten in Ingolstadt und Neckarsulm im Dezember nur knapp 20 Prozent der Beschäftigten im Homeoffice. Die Arbeitsplätze, die kein mobiles Arbeiten zulassen, beispielsweise in der Fertigung, wurden laut Sprecherin "Corona-Ready" gemacht – etwa durch größere Abstände oder Trennwände.