In Mannheim beschäftigt John Deere etwa 3600 Mitarbeiter. Firmenbild
Von Harald Berlinghof
Mannheim. Der Traktor von John Deere wird 100 Jahre alt. 1918 übernahmen die Amerikaner die Waterloo Gasoline Engine Company - der "Waterloo Boy Tractor" war der erste von John Deere produzierte Traktor. Die Entscheidung damals war umstritten. Doch die Mechanisierung in der Landwirtschaft war nicht aufzuhalten. Bereits 1921 folgte bei Heinrich Lanz in Mannheim-Lindenhof der "Lanz-Bulldog".
Genug Anlass für John Deere, in diesem Jahr auch in Lindenhof das Traktor-Jubiläum zu feiern. Der Blick ging weit zurück in die Anfänge des Traktorenbaus in den USA und in Mannheim und weit in die Zukunft. Die Gegenwart in Mannheim ist die größte John-Deere-Traktorenfabrik außerhalb der USA. In alle Welt gehen von hier aus die grün-gelben Landwirtschaftsmaschinen.
Knapp 1000 Mitarbeiter bauen hier in mehreren Produktionshallen. Insgesamt sind am Mannheimer Standort etwa 3600 Menschen beschäftigt. 150 Lkw liefern täglich Zulieferteile ab, die in unzähligen Varianten zu den unterschiedlichen Traktor-Typen zusammen gebaut werden. Nordamerika fordert zusätzliche Blinklichter, bei Traktoren für den russischen Markt ist viel Platz unter der Motorhaube, weil man auf Wunsch des Kunden auf Partikelfilter und ähnlichen "Schnickschnack" verzichten kann.
Getriebe, Kupplung und Motor müssen mit den Chassisteilen verschraubt werden. Die Getriebe in unterschiedlichster Ausprägung bauen sie in Mannheim zusammen. Die Getriebegehäuse werden auf tausendstel Millimeter genau nachgearbeitet - erschütterungsisoliert bei konstant 20 Grad Celsius, um Messfehler zu vermeiden. Die Motoren werden aus Frankreich angeliefert, die Kabinen kommen per Lkw aus dem Werk in Bruchsal. Jede Kabine, die in Mannheim aufgesetzt wird, ist maximal vier Stunden vorher mit Lastwagen angeliefert worden. Für mehr ist gar kein Lagerplatz im Werk in Lindenhof, das sich immerhin über 42 Hektar erstreckt.
Die Mitarbeiter in Mannheim arbeiten in der Getriebeabteilung nur in einer Schicht, in der Endmontage in drei Schichten rund um die Uhr. Die Arbeitsplätze auf den Bändern im Getriebebau bewegen sich mit 1,44 Metern pro Minute. 147 Getriebe sollen in der Schicht als Vorgabe fertiggestellt werden, steht in großen roten LED-Lettern unter der Decke. 130 hat man eine Stunde vor Feierabend bereits geschafft. Damit ist man im Zeitplan. Keine Unfälle bisher. Steht auch dort oben zu lesen.
Wenn die Kabine per Hand auf das Chassis abgesenkt und verschraubt wird, spricht man von der "Verheiratung". Zumindest als "Verlobung" kann man die vorherige Verbindung von Getriebe und Rahmenkonstruktion bezeichnen. Mit schweren Hämmern treiben Mitarbeiter Bolzen in die Konstruktion. Als "Mannheimer Getriebemontage" wird dieser Vorgang auch bezeichnet. Die Bolzen werden dabei aus einer Tiefkühltruhe entnommen und eingeschlagen. Bei steigender Temperatur dehnen sie sich aus und sitzen extrem fest.
Nach und nach nimmt der Traktor Gestalt an. Ganz so schnell wie in der Autoindustrie sind die Produktionszyklen bei Traktoren allerdings nicht. Das liegt an der Typenvielfalt der Traktoren. Man kann deshalb nicht so viele Roboter einsetzen. In der Endmontage rollt alle drei Minuten ein Traktor vom Band. Per Lkw und per Schiff werden sie in alle Welt transportiert. Die Bahn spielt erstaunlicherweise trotz des Rangierbahnhofs in unmittelbarer Nachbarschaft keine große Rolle beim Transport der John-Deere-Landmaschinen ab Mannheim.