Eine Heideldruck-Anlage am Stammsitz in Wiesloch. Foto: dpa
Von Barbara Klauß
Wiesloch/Stans. Der Verkauf der Gallus-Gruppe an das Schweizer Verpackungsunternehmen Benpac Holding, den die Heidelberger Druckmaschinen AG im Juli angekündigt hatte und der noch in diesem Jahr wirksam werden soll, ist noch nicht abgeschlossen. Zu den Gründen hüllen sich die Beteiligten in Schweigen. Benpac-Gründer und -Inhaber Marco Corvi erklärte am Montag auf RNZ-Anfrage lediglich: "Benpac arbeitet intensiv daran, das Closing entsprechend der ad hoc-Meldung vom Juli 2020 bis Ende des Jahres abzuschließen." Auch ein Heideldruck-Sprecher bekräftigte am Montag, die Transaktion solle bis Ende dieses Kalenderjahres abgeschlossen sein. "Der rechtsgültige Kaufvertrag verpflichtet die Benpac Holding AG zur Zahlung des Kaufpreises, der allerdings erst bei Vollzug der Transaktion fällig ist." Der vereinbarte Kaufpreis beträgt 120 Millionen Euro.
Käufer der Gallus-Gruppe mit Hauptsitz im Schweizerischen St. Gallen ist die Benpac Holding mit Sitz im ebenfalls Schweizerischen Stans. Laut firmeneigener Website beschäftigt der Hersteller von Maschinen für die Druck- und Verpackungsindustrie rund 3650 Mitarbeiter in 38 Unternehmen weltweit und macht einen Jahresumsatz von rund 750 Millionen Schweizer Franken (umgerechnet derzeit rund 695 Millionen Euro). Gründer und Inhaber des Unternehmens ist Marco Corvi, über den es auf der Website heißt, er sei "willensstark, ausdauernd und erfahren darin, Herausforderungen anzunehmen und zu meistern".
Der Luzerner Zeitung sagte Corvi kürzlich: "Wir haben in den letzten Jahren eine Firmengruppe geformt, die so in der Verpackungswelt einzigartig ist." Doch gibt es Medienberichten zufolge Zweifel an dieser Darstellung. Insgesamt habe man im Verlauf der letzten Monate mit über einem Dutzend ehemaligen Geschäftspartnern, Mitarbeitern und externen Beratern von Corvi gesprochen, schrieb die Luzerner Zeitung Ende Oktober. "Die meisten haben große Zweifel daran, dass hinter Benpac tatsächlich eine große Firmengruppe mit international über 3500 Angestellten steht." Weiter hieß es: "Die Zahlungsmoral ist ein wiederkehrendes Thema bei Gesprächen über den einstigen Elektromechaniker aus dem zürcherischen Dachsen – in Bezug auf seine früheren wie auch seine heutigen Firmen."
Gerüchte und Mutmaßungen kommentiere Benpac nicht, erklärte Corvi nun auf RNZ-Anfrage. Der Luzerner Zeitung gegenüber habe er jedoch alle Vorwürfe vehement zurückgewiesen, schrieben die Schweizer Journalisten.
Auch ein Heideldruck-Sprecher wollte Gerüchte, "insbesondere solche außerhalb unserer Sphäre", nicht kommentieren, erklärte jedoch: "Heidelberg hat die Transaktion nach den üblichen Standards durchgeführt."
Beide Unternehmen wurden bei der Transaktion von renommierten Wirtschaftskanzleien beraten, wie aus Veröffentlichungen auf den jeweiligen Websites der Kanzleien hervorgeht.
Unterdessen gab es bei Benpac zuletzt personelle Veränderungen: Neben einem Anwalt aus der Schweiz verließ auch ein deutscher Druckindustrie-Experte kürzlich den ursprünglich fünfköpfigen Verwaltungsrat. Der ehemalige Mitarbeiter der Heidelberger Druckmaschinen war erst seit Juli Mitglied in dem Aufsichtsgremium; zuvor war er Mitglied des Gallus-Verwaltungsrats gewesen. Auf RNZ-Anfrage wollte er sich zu Benpac und Gallus nicht äußern.
Die Gallus-Gruppe hatte der St. Galler Unternehmer Ferdinand Rüesch erst im Jahr 2014 an Heideldruck verkauft. Im Gegenzug bekam er ein Aktienpaket mit neun Prozent am Unternehmen, wurde dessen größter Einzelaktionär und später Mitglied des Aufsichtsrates. Nach Bekanntgabe des Verkaufs der Gallus-Gruppe erklärte Rüesch auf RNZ-Anfrage, er sehe das als Chance für Gallus, sich weiterzuentwickeln und erfolgreich zu wachsen. "Für mich ist dieser Schritt auch sehr emotional, ich freue mich aber, dass Gallus von einem privaten Eigentümer weitergeführt wird."
Mit dem Verkauf sollen alle Tochterunternehmen der Gallus-Gruppe mit rund 430 Mitarbeitern an fünf Standorten in Deutschland und der Schweiz auf Benpac übergehen. Damit forciere der kriselnde Druckmaschinenhersteller die Fokussierung auf das Kerngeschäft im Bogendruck, wie es in der Mitteilung aus dem Juli hieß. Diese Konzentration aufs Kerngeschäft ist Teil eines umfassendenden Restrukturierungsprogramms, das Heidelberger Druckmaschinen im Frühjahr angeschoben hat. "Unser Ziel ist es, Heidelberg nachhaltig finanziell zu stabilisieren – darauf sind alle Maßnahmen seit dem Start unserer Transformation im März dieses Jahres ausgerichtet", erklärte Finanzvorstand Marcus Wassenberg damals laut Mitteilung. "Die Veräußerung der Gallus-Gruppe ist ein weiterer wichtiger Teil unserer Neuausrichtung und knüpft an unsere bisher erzielten Erfolge in der Transformation an", fügte er hinzu. "Wir stärken weiter erheblich unsere Liquidität und unser Konzern-Eigenkapital – das hilft uns vor allem auch in Zeiten von Corona."