Erfolgreiches Trio: Dievini-Geschäftsführer Friedrich von Bohlen (l.) und Christof Hettich mit Dietmar Hopp in der Mitte. Foto: Klose
Von Matthias Kros
Heidelberg. Der SAP-Börsengang 1988 hat Dietmar Hopp und seine Mitgründer zu Milliardären gemacht. Jetzt, 32 Jahre später, könnte sich das für den Mäzen, der zu den 100 reichsten Menschen der Welt gezählt wird, wiederholen. Denn seine Biotechnologiefirma Curevac ist an der US-Börse Nasdaq nicht zu bremsen. Laut Wirtschaftsnachrichtenagentur Bloomberg kommt das Tübinger Unternehmen, das gerade einen Corona-Impfstoff testet, mittlerweile auf einen Börsenwert von rund 10,5 Milliarden US-Dollar (gut neun Milliarden Euro). Und Hopp hält über seine Heidelberger Beteiligungsholding Dievini gut die Hälfte der Curevac-Anteile, was demnach über fünf Milliarden Dollar entspricht.
Natürlich besteht der Wert dieser Beteiligung – wie bei anderen Aktien auch – zunächst einmal nur auf dem Papier. Doch potenzielle Käufer stehen derzeit Schlange. Schon die Platzierung der Aktien am 14. August war zwölffach überzeichnet. Und auch danach wurden die Papiere fleißig weitergekauft, sodass sich der Kurs inzwischen fast vervierfacht hat. Profiteur davon ist übrigens auch der Bund, der im Juni über die KfW-Bank für 300 Millionen Euro Curevac-Anteile kaufte und nun mit 17 Prozent beteiligt ist. Rechnerisch ist dieser Anteil mittlerweile rund 1,5 Milliarden Euro wert.
Allerdings schwankt der Aktienkurs derzeit stark und es stellt sich die Frage, ob Curevacs aktuell so immenser Börsenwert, der etwa doppelt so hoch ist wie der der Lufthansa mit ihren 100.000 Mitarbeitern, auch gerechtfertigt ist. Die Tübinger schreiben schließlich tiefrote Zahlen und haben bislang noch kein einziges marktreifes Produkt zu bieten. Außerdem wurde Curevac beim Börsengang von den beteiligten Banken ein realistischer Wert von lediglich 2,8 Milliarden Dollar zugerechnet. Die Steigerung auf die aktuell gut 10 Milliarden Dollar ist allein auf Kursgewinne zurückzuführen und basiert damit letztlich auf Hoffnungen.
Dabei steht Curevac nicht allein da: Das Mainzer Biopharma-Unternehmen Biontech, das ebenfalls einen Corona-Impfstoff testet, kommt laut dpa derzeit sogar auf einen Börsenwert von rund 17 Milliarden Dollar. Beide Unternehmen werden aktuell von der Aussicht getrieben, dass Regierungen für eine Corona-Impfung einen hohen Preis zahlen dürften – um weitere Lockdowns zu verhindern. Erst in der vergangenen Woche sicherte sich beispielsweise die EU für ihre Mitgliedsstaaten 225 Millionen Dosen des Curevac-Impfstoff-Kandidaten.
Experten schätzen das Umsatzpotenzial für eine solche Arznei deshalb als riesig ein. So berichtet das "Handelsblatt", die Analysten von Bernstein Research kalkulierten allein für die erste Impfwelle mit einem Umsatzpotenzial von 20 Milliarden Dollar. Für die kommenden Jahre sei sogar mit einem Gesamtvolumen von insgesamt hundert Milliarden Dollar zu rechnen.
Der Corona-Impfstoff von Curevac ist derzeit in einer Phase-1-Versuchsreihe, deren Ergebnisse im Schlussquartal dieses Jahres vorliegen sollen. Aktuell testet Curevac das Mittel hauptsächlich in Europa. Mitte 2021 könnte es dann in einigen Ländern außerordentliche Genehmigungen geben, den Impfstoff zu verabreichen.
Für Hopp dürfte der Curevac-Erfolg auch ein Stück Genugtuung sein. Denn in der Vergangenheit war seine außerordentliche Geduld mit den Biotechfirmen immer wieder mit Kopfschütteln quittiert worden. "Wir aber haben nie daran gezweifelt, dass wir mit unseren Unternehmen Erfolg haben werden", sagte Dievini-Geschäftsführer Friedrich von Bohlen am Montag. Zwar seien einige letztlich gescheitert. "Aber das muss man lernen zu akzeptieren solange man seiner Strategie vertraut", so von Bohlen. "Ein amerikanischer Investor hat mir einmal gesagt: wenn kein Unternehmen scheitert, hast Du zu wenig gewagt". Das sei vielleicht kein typisch deutsches Denken, "aber er hat recht".