Das Haldex-Werk in Heidelberg-Wieblingen. Foto: Kresin
Von Matthias Kros
Heidelberg. 79 frühere Beschäftigte von Haldex in Heidelberg haben unerwartet erfreuliche Post bekommen. Die im Zusammenhang mit der Aufgabe des Standortes des schwedischen Nutzfahrzeug-Zulieferers eingesetzte Transfergesellschaft Weitblick teilte ihnen Anfang des Monats schriftlich mit, dass sie über die damaligen Abfindungen hinaus im Juni diesen Jahres noch eine einmalige Nachzahlung von jeweils 3000 Euro brutto erhalten werden. Das bestätigte die IG Metall Heidelberg am Mittwoch. Die ehemaligen Haldex-Beschäftigten könnten dieses Geld sicherlich gut gebrauchen, so die Gewerkschaft, denn längst nicht alle Betroffenen seien bisher in eine neue Beschäftigung vermittelt worden. Nach Angaben der IG Metall hat bisher nur etwa ein Viertel der ehemaligen Beschäftigten einen neuen Arbeitsplatz gefunden – ein vergleichsweise schwacher Wert.
Zuvor hatte der traditionsreiche Standort im Heidelberger Stadtteil Wieblingen (früher: Grau Bremse) einen traurigen Niedergang erlebt, zeitweise waren hier bis zu 1000 Mitarbeiter beschäftigt gewesen. Seit 1998 gehörte das Werk zu Haldex, zuletzt hatten nur noch rund 100 Mitarbeiter Bremssysteme und Luftfederungen für Lastwagen montiert. Trotz dieser schwachen Entwicklung kam die Ankündigung der Schweden, das Werk komplett zu schließen und die Produktion sowie die Entwicklung nach Ungarn und England zu verlagern, im Oktober 2019 überraschend. Viele Wochen kämpften die betroffenen Kollegen mit Rückendeckung von IG Metall und Vertretern der Politik vergeblich um ihre Jobs. Ende 2020 war Schluss, das Produktionsgebäude wurde kurze Zeit später von der Firma Heidelberg Instruments gekauft. Lediglich acht Angestellte verblieben bei Haldex und wechselten laut IG Metall in Büroräume auf dem früheren Furukawa-Gelände im Heidelberger Stadtteil Rohrbach.
Immerhin konnte die IG Metall noch einen Sozialplan aushandeln, der neben finanziellen Abfindungen für die Betroffenen auch einen möglichen Wechsel in die Transfergesellschaft Weitblick vorsah, in der sich die Kollegen maximal ein Jahr lang für einen neuen Job weiterbilden konnten. Ende 2021 lief diese Maßnahme aus.
Betriebsschließung und Transfergesellschaft seien somit mitten in die Corona-Pandemie und die daraus resultierende wirtschaftliche Krise gefallen, heißt es rückblickend von Seiten der IG Metall Heidelberg. Auf Grund der prekären Situation hätten sich nur rund 40 Prozent der ehemaligen Haldex-Beschäftigten an entsprechenden Qualifizierungsmaßnahmen tatsächlich beteiligt. Das habe zur Folge gehabt, dass knapp zwei Drittel der Qualifizierungsmittel, die Haldex laut Sozialplan zur Verfügung stellen musste, nicht in Anspruch genommen werden konnten. Auch sei nur ein Teil der Verwaltungskosten für die Transfergesellschaft verbraucht worden.
Im Sozialplan sei aber festgelegt worden, dass "nicht verbrauchte Entgelte nicht an Haldex zurückgehen", so die Gewerkschaft. Stattdessen sei dem zuständigen Beirat der Transfergesellschaft aus Arbeitgeber, Betriebsrat und IG Metall überlassen gewesen, über die Verwendung der verbleibenden Restmittel zu entscheiden. Auf Antrag des ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden und der IG Metall habe dazu in der letzten Aprilwoche eine Beiratssitzung stattgefunden. Dabei hätten alle Beteiligten gemeinsam entschieden, die Gelder zu gleichen Teilen allen ehemaligen Beschäftigten in der Transfergesellschaft zukommen zu lassen.
Die IG Metall Heidelberg sieht diese Entwicklung aber mit gemischten Gefühlen: Trotz der jetzt im Nachgang der Transfergesellschaft noch "erfreulichen Zahlung" an die ehemaligen Haldex-Beschäftigten seien ihre Arbeitsplätze für die Menschen in Heidelberg und der Umgebung für immer verloren.