Michael Mack, Geschäftsführer der Heidelberger Brauerei, tut es weh, Bier wegschütten zu müssen. Foto: Philipp Rothe
Von Barbara Klauß
Berlin/Heidelberg. Die monatelange Schließung von Kneipen und Restaurants hat für Brauereien in Deutschland schwerwiegende Folgen. Sie verkaufen kaum Fassbier und verlieren so wichtige Einnahmen, wie die Betriebe in einem Offenen Brief beklagen. "Von Woche zu Woche geraten immer mehr Brauereien, Brauereigaststätten und Fachgroßhändler unverschuldet in existenzielle Not und sind von Insolvenz bedroht", heißt es in dem Schreiben, das mehr als 300 Brauereien unterzeichnet haben. Die Betriebe stehen für rund 95 Prozent des in Deutschland gebrauten Bieres, teilten die beiden Spitzenverbände der deutschen Brauwirtschaft, der Deutsche Brauer-Bund und der Verband Private Brauereien Deutschland, in einer gemeinsamen Erklärung mit.
Unter den Unterzeichnern ist auch Michael Mack, Geschäftsführer der Heidelberger Brauerei. Die Lage sei angespannt, erklärte er am Montag im Gespräch mit der RNZ. Wichtig sei für ihn und seinen Betrieb vor allem zu wissen, wie es weiter gehe. "Wir brauchen eine Perspektive", sagte er.
Die Heidelberger Brauerei lebt stark vom Verkauf in der Gastronomie und in Hotels. Gerade mal 15 bis 20 Prozent des Umsatzes macht das Unternehmen Mack zufolge mit Flaschenbier. Doch vier Monate lang waren alle Gaststätten, Restaurants, Kneipen, Bars und Hotels im vergangenen Jahr bereits geschlossen. Ein Ende des zweiten Lockdowns, der seit Anfang November 2020 läuft, ist nicht in Sicht. Und Fassbier könne er Privatleuten nicht verkaufen, so Mack. "Das kriegen sie ja zu Hause gar nicht auf."
Mit den Lockdowns und dem dadurch ausgelösten Zusammenbruch des Fassbiermarktes hätten die Brauereien von einem Tag auf den anderen einen maßgeblichen Teil ihres wirtschaftlichen Fundamentes verloren, heißt es in dem Offenen Brief. "Ware im Wert von vielen Millionen Euro, deren Haltbarkeitsdatum überschritten wurde, musste bereits vernichtet werden." Auch in der Heidelberger Brauerei. Dort seien es bestimmt schon 8000 bis 10.000 Hektoliter gewesen, meinte Geschäftsführer Mack. Auch jetzt habe er gerade Ware im Tank, fügte er hinzu. Auch die müsse er, so wie es derzeit aussehe, wohl weg kippen. "Lebensmittel zu vernichten, tut immer weh", sagte er. "Und Bier zu vernichten, ist eine ganz schlimme Sache."
35.000 bis 40.000 Hektoliter Bier produziert die Brauerei normalerweise pro Jahr. 2020 sei es etwa die Hälfte gewesen, erklärte der Geschäftsführer.
Insgesamt verkauften die Brauer laut Statistischem Bundesamt allein im vergangenen Jahr 5,5 Prozent weniger Bier als 2019. Die Branche fordert eine Erstattung für verderbliche Ware, die nicht verkauft werden kann, eine Ausweitung von Hilfen auf Brauereigasthöfe, Erleichterungen bei Steuern und KfW-Krediten sowie eine Öffnungsstrategie für die Gastronomie.
Mack bräuchte wenigstens Planungssicherheit, wie er erklärte. Auch für die 35 Mitarbeiter, die derzeit zum Großteil in Kurzarbeit sind. "Wir arbeiten mit Lebensmitteln. Wir können unsere Rohstoffe nicht ein Jahr lang liegen lassen", sagte er. Bevor er produzieren könne, brauche er also einen Vorlauf von vier bis sechs Wochen. Schon, um alles Notwendige besorgen zu können.
Die ganze Situation tue einfach nur weh, sagte er. Zumal die rund 1500 Brauer den Verbänden zufolge bei den Hilfsprogrammen bisher weitgehend leer ausgegangen sind. Viele von ihnen sind demnach handwerkliche Familienbetriebe. "Wenn Bund und Länder hier nicht gezielt, entschieden und schnell mit finanzieller Unterstützung gegensteuern, droht vielen unserer Betriebe die Insolvenz", heißt es weiter.
Auch die Heidelberger Brauerei habe bis heute keinen Cent bekommen, sagte Mack. Und das, obwohl sie jeden Tag Geld verbrennen würden. Gefährdet sei der Betrieb allerdings nicht. "Wir werden auch 2023 noch am Start sein", davon ist der Geschäftsführer überzeugt. Wirtschaftlich sei das Unternehmen gut aufgestellt. "Wir haben in den vergangenen Jahren sehr zurückhaltend gewirtschaftet." Voraussetzung ist, dass sie den Betrieb im Sommer wieder aufnehmen können. Davon aber geht Mack fest aus. "Es wird anders werden, manchen Gastronomiebetrieb wird es womöglich nicht mehr geben – aber es wird weiter gehen", sagte er. Er wolle nicht schimpfen und sei optimistisch, sagte Mack. Er wolle nur wissen, wann es wie weiter geht.