Aufgrund der Corona-Pandemie steht de Einzelhandel vielerorts vor einer wirtschaftlichen Krise. Foto: Marijan Murat/dpa
Mannheim. (lsw/mk) Das Handelsunternehmen Breuninger muss nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes seine Häuser geschlossen lassen. Die Einschränkungen zum Infektionsschutz seien weiterhin verhältnismäßig, argumentierten die Mannheimer Richter in ihrem am Donnerstag veröffentlichen Beschluss. Die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland sei insgesamt noch als sehr hoch einzuschätzen. Dies rechtfertige es gegenwärtig, Betriebsuntersagungen aufrechtzuerhalten. Das Traditionsunternehmen hatte entschädigungspflichtige Eingriffe in sein Eigentumsrecht, erhebliche wirtschaftliche Einbußen sowie Probleme beim Zugang zu Bundeshilfen geltend gemacht.
Manfred Schnabel, Präsident der IHK Rhein-Neckar, zeigte sich enttäuscht: "Nach mehr als neun Wochen Lockdown im Einzelhandel geht es vielen Unternehmen schlecht. Sie sind verzweifelt und ringen um ihre Existenz", schilderte er. Das Gericht habe aktuell einen Einzelfall beurteilt, weitere Klagen anderer Unternehmen stünden dem Vernehmen nach an. "Erst nach weiteren Urteilen lässt sich erkennen, wie die Gerichte die Frage der Verhältnismäßigkeit und der Entschädigung mit Blick auf die gesamte Breite der von Schließung betroffenen Unternehmen bewerten", so der Wirtschaftsvertreter.
Auch der Handelsverband ist unzufrieden. "Wir hatten eine andere Einschätzung", sagte Verbands-Hauptgeschäftsführerin Sabine Hagmann. Gerade Zugpferde wie Breuninger seien notwendig, um Kunden in die City zu bringen. "Andernfalls sterben die Innenstädte." Andere Händler ständen mit Eilanträgen bereits in den Startlöchern. Hagmann begrüßte die Aussagen von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), der dem Handel Hoffnung auf eine baldige Wiedereröffnung gemacht hatte. "Sollten wir stabil die 35 erreichen, das heißt, sollten wir diese Inzidenz im Land über mehrere Tage unterschreiten, dann werde ich weitere Öffnungsschritte veranlassen", sagte Kretschmann mit Blick auf die Corona-Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in einer Woche.
Als erstes solle der Einzelhandel bei Öffnungen berücksichtigt werden – dann aber nur mit einem "klaren Hygienekonzept" und der "Begrenzung von 20 Quadratmeter pro Kundin oder Kunden", so der Regierungschef in dem Interview. Ein solches Vorgehen wäre laut Kretschmann von den jüngsten Beschlüssen der Bund-Länder-Konferenz gedeckt.
Breuninger argumentierte im Gerichtsverfahren unter anderem, es verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, dass Supermärkte weiter Textilien verkaufen dürften. Der 1. Senat betonte, es sei davon auszugehen, dass der Verkauf von Kleidung im Lebensmitteleinzelhandel zu keinem zusätzlichen Anstieg der durch die Öffnung ohnehin geschaffenen Infektionsquellen führe. Das sehe bei der Öffnung des Textileinzelhandels ganz anders aus.
Das Land bezeichnete die Argumentation des Textilhändlers als teils unvollständig und teils tendenziös. So seien dem Unternehmen Abholstellen und Lieferdienste erlaubt. Laut Presseberichten erziele es 30 Prozent des Umsatzes mit einem sehr gut etablierten Online-Shop. Der Beschluss des Gerichtshofes ist unanfechtbar. (Az. 1 S 398/21)
Update: Donnerstag, 18. Februar 2021, 19.45 Uhr