Endlich wieder "Hoffenheim-Style"
Die TSG wähnt sich mit neuem Trainerteam trotz Niederlage auf einem guten Weg - Auch dank Vorgänger Schreuder

Von Nikolas Beck
Sinsheim. Alexander Rosen hat Stil. Nachtreten ist nicht nur auf dem Feld tabu. "Ich darf Alfred (Schreuder) an dieser Stelle noch mal danken für die geleistete Arbeit", sagte Hoffenheims Sportchef am späten Freitagabend einmal mehr. Die "große Dynamik", die am Wochenende zuvor nach dem 2:2 in Düsseldorf entstanden ist und letztendlich zur Trennung führte, bleibt also immer noch ein Rätsel. Fakt ist: Der Niederländer ist in Hoffenheim Geschichte.
Und: Auch unter dem neuen mehrköpfigen Trainerteam kann die TSG im eigenen Stadion nicht gewinnen. Mit 0:2 unterlag die Elf von Matthias Kaltenbach, Marcel Rapp, Michael Rechner, Timo Gross, Kai Herdling und eben Rosen am Freitagabend RB Leipzig. Es war bereits die neunte Niederlage im 16. Heimspiel dieser Saison.
Und doch war diesmal alles anders. "Wir haben richtig gut, richtig intensiv gespielt – das war Hoffenheim Style", analysierte Rosen hinterher auf dem Podium. Im Gegensatz zum "geflogenen Holländer", der seine Elf nach Niederlagen auch immer wieder gelobt hatte, stieß Rosen mit seiner Analyse vor allem beim TSG-Anhang aber auf offene Ohren. "Schnell, intensiv, anspruchsvoll, technisch gut", schwärmte der 41-Jährige: "Genau so wollen wir unsere Jungs sehen."

Nun muss man kein Sprachwissenschaftler sein, um zwischen den Zeilen lesen zu können. Was Rosen sagte, ohne es auszusprechen: Genau so hatte man die TSG-Jungs unter Schreuder viel zu selten gesehen. Ermin Bicakcic schlug in die gleiche Kerbe: "Wir haben ein Trainerteam um uns herum, das die Art und Weise versteht, wie wir Fußball spielen wollen. Wir sprechen eine Sprache. Das Wichtigste ist gerade das Team."
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Man fühlte sich ein bisschen an alte Zeiten erinnert, als am Freitagabend "das erste von vier noch zu schreibenden Kapiteln in dieser Saison" (Rosen) das Skript eines Action-Blockbusters offenbarte. So verrückt es klingen mag angesichts der 0:2-Niederlage: Ausgerechnet zur Rückkehr von Ex-Trainer Julian Nagelsmann machte "Hoffe" – darin waren sich alle Beobachter einig – das beste Heimspiel der Saison.
Schon die Aufstellung war bemerkenswert. In der Zentrale setzte das neue Trainergespann erstmals seit Januar wieder auf Dennis Geiger von Beginn an. Das Eigengewächs hatte unter Schreuder einen schweren Stand. Dass er allerdings fit und bereit war, zeigte er gegen die "Bullen" von der ersten Sekunde an. Lautstark angefeuert von der 1899-Delegation auf dem Logen-Balkon, spielte der 22-jährige Mosbacher befreit auf. Etwas, was man auch von Geigers Mitspieler behaupten konnte. Der Leipziger Kollege rieb sich auf der Pressetribüne jedenfalls erstaunt die Augen: "Gehen die immer so drauf – die sind ja wie aufgezogen?", fragte er, freilich mit Mundschutz und Sicherheitsabstand.

Dass die Hausherren trotz ihres furiosen Starts schon nach elf Minuten mit 0:2 zurücklagen, ist einer der Gründe, warum auch Nagelsmann hinterher einräumte, "das Spielglück war diesmal auf unserer Seite". Christoph Baumgartner vergab schon nach vier Minuten eine Riesenchance, 120 Sekunden später gab’s Elfmeter für die TSG. Über zwei Minuten lang wurden gleich zwei vermeintliche Handspiele im Vorfeld vom Videoassistenten überprüft. "Daher weiß man auch, dass es keine ganz eindeutige Situation war", so Rosen, der im nicht gegebenen Elfmeter eine spielentscheidende Szene ausgemacht hatte. Schiedsrichter Tobias Welz nahm den Strafstoß zurück. Und auf der anderen Seite jubelte RB durch einen Doppelschlag von Dani Olmo gleich zweimal.
"Imponiert hat mir, das gilt eigentlich für das ganze Spiel, besonders aber für die Phase nach den zwei Gegentoren", so Rosen, "wie unsere Mannschaft sofort weiter gemacht, aggressiv nach vorne verteidigt, und sich viele, viele Chancen herausgespielt hat."
Zweifelsfrei: Hoffenheim konnte man an diesem Abend keinen Vorwurf machen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die besseren Torchancen nach der Pause die Gäste besaßen. Und Nationalstürmer Timo Werner hätte schon vor dem Halbzeitpfiff eigentlich den Deckel drauf machen müssen, als er mutterseelenallein auf Oli Baumann zulief. Statt den Ball zum 3:0 ins Netz zu hämmern, drosch er die Kugel allerdings auf die menschenleere Südkurve.
Die Herangehensweise mag eine andere gewesen sein – unterm Strich steht das gleiche Ergebnis. Dennoch sagte Rosen: "Wir sehen uns auf dem richtigen Weg." Aufgrund der Art und Weise, wie die historische Heimschlappe – noch nie ging die TSG in einer Bundesligaspielzeit häufiger als Verlierer vom eigenen Platz – zustande gekommen war, gab man sich beim Dorfklub auffällig gelassen. Drei Spieltage vor Schluss steht man schließlich immer noch auf Rang sieben, der zur Teilnahme am Europapokal berechtigt.
Es mag nicht immer "sexy" gewesen sein, wie die TSG während der ersten 30 Spieltage aufgetreten war. 43 Punkte hat sie aber nun mal geholt. Unter Alfred Schreuder. Das weiß auch Alex Rosen.