Ein großer Gewinner und schlechte Verlierer
Pavel Kaderabek hatte Grund zur Freude, die Wolfsburger dagegen foulen und fauchen.

Von Nikolas Beck
Sinsheim. Es mag an der Position liegen. Vielleicht auch an seinem Naturell. Wahrscheinlich aber ist es eine Mischung aus beidem, warum Pavel Kaderabek bei der TSG Hoffenheim eher selten die Schlagzeilen bestimmt. Auf dem Platz ist der Rechtsverteidiger ein Arbeitstier, mehr Schwarzenbeck als Beckenbauer. Einfach, schnörkellos, lauf- und zweikampfstark. So hat man den 28-jährigen tschechischen Nationalspieler im Kraichgau kennen und lieben gelernt. Abseits des Rampenlichts eines Bundesliga-Stadions bevorzugt der sympathische Familienvater dagegen die ruhigere Gangart.
So war Kaderabek auch im Herbst des vergangenen Jahres ein wenig unter dem Radar geflogen. Als das Virus das Hoffenheimer Fußballsystem befallen hatte, war die Erkrankung von Top-Torjäger Andrej Kramaric das bestimmende Thema. Auch Kasim Adams wurde damals positiv getestet. Kaderabek war der Dritte im Bunde, der zwar nicht infiziert war, sich wegen eines Corona-Falls im direkten familiären Umfeld aber ebenfalls in Quarantäne begeben musste.
Aus den 14 Tagen Isolation wurden 14 Spieltage, die der Rechtsfuß passen musste. Hartnäckige Wadenprobleme machten ihm zu schaffen. Erst vor einer Woche, beim 1:1 bei Union Berlin, schaffte es Kaderabek, der Dauerläufer, wieder über die volle Distanz. Nun gab’s ein Sonderlob von Trainer Sebastian Hoeneß: "Jetzt weiß jeder, was es bedeutet, wenn klare Leistungsträger über einen so langen Zeitraum fehlen", sagte der 38-Jährige nach dem 2:1 gegen Wolfsburg über seinen Außenläufer: "Pavel ist einer von diesen Leistungsträgern."
Nicht nur aufgrund seiner beiden Vorlagen verdiente sich Kaderabek Bestnoten, war ständig unterwegs, immer anspielbar. Ob am Boden oder in der Luft. Sein Gegenspieler Paulo Otavio konnte einem fast schon leidtun. Irgendwann hatte auch VfL-Trainer Glasner ein Einsehen. Ins Kopfballduell mit dem neun Zentimeter größeren Hoffenheimer solle der Brasilianer lieber gar nicht mehr gehen, sich stattdessen auf die zweiten Bälle konzentrieren, gab’s die Anweisung von draußen.
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Apropos Otavio: Der Brasilianer sorgte in der Schlussminute für die vielleicht unschönste Szene der ganzen Saison. "Ein Albtraum", entschuldigte sich der 26-Jährige noch am Abend via Instagram für seine Blutgrätsche, eingesprungen und von hinten in die Beine, gegen Munas Dabbur. Schiedsrichter Markus Schmidt (Stuttgart) zog ohne zu zögern die Rote Karte. "Gott sei Dank habe ich meinen Gegenspieler nicht verletzt", zeigte Otavio Reue. Gesperrt wird er wohl trotzdem lange.
Vielleicht muss man ihm und seinen Kollegen zugutehalten, dass sie in den vergangenen neun erfolgreichen Spielen das Verlieren verlernt haben. Auch Wout Weghorst suchte sich den falschen Kanal, um seinen Frust rauszulassen: den Pay-TV-Sender Sky. "Ist das dein Ernst? Und was war vorher?", blaffte er den Fragesteller an: "Du solltest dich erst mal einlesen, bevor du so etwas formulierst. Wenn du so eine Frage stellst, hören wir besser auf." Dabei hatte der verdutzte Reporter lediglich von einer "Delle" gesprochen, die die Wölfe nach dem Pokal-Aus in Leipzig offenbar abbekommen hätten. Dass auch Sportchef Marcel Schäfer (Gelb-Rot) und Trainer Glasner (Gelb) mit dem Unparteiischen aneinandergeraten waren, passte ins Bild. Glasner immerhin räumte hinterher ein: "Ich bin generell ein schlechter Verlierer." Die zweite Niederlage "nagt an mir und an uns allen".
Ganz anderes war die Stimmungslage freilich bei Pavel Kaderabek: "Ich bin sehr stolz auf die Mannschaft. Wir sind alle sehr zufrieden mit dem Ergebnis und hoffen, dass es so weitergeht." Sagte einer der großen Gewinner des Tages. Und blieb dabei gewohnt bescheiden.
