Stefan Kulovits (links) am Ball und Marc Schnatterer jagt hinterher. Meist war es umgekehrt. Im Derby gegen Sandhausen fehlt "Mister Heidenheim" erstmals nach 133 Spielen. Foto: vaf
Von Wolfgang Brück
Sandhausen. Sie führen als Kapitäne ihre Mannschaften aufs Spielfeld. Und könnten doch unterschiedlicher nicht sein. Stefan Kulovits ist ein Mann fürs Grobe. Der 35-jährige Wiener teilt aus, muss aber auch einstecken. Vor ein paar Monaten brach er sich die Hand. Es war der 13. Knochenbruch seiner Karriere.
Marc Schnatterer ist der Dirigent des Heidenheimer Fußball-Ensembles. Als Vorlagengeber, Freistoß- und Ecken-Spezialist sowie als Torschütze ist der 32-jährige gebürtige Neckargartacher, der auch mal beim Karlsruher SC war, einer der Besten in der Zweiten Liga.
Kulovits und Schnatterer schrieben jetzt wieder Schlagzeilen. Der Sandhäuser schoss ein Tor. Sein erstes im 117. Spiel für die Kurpfälzer. Das 2:0 in Duisburg könnte gleichbedeutend mit dem Klassenerhalt gewesen sein.
Der Heidenheimer wird beim Derby am Sonntag, 29. April (13.30 Uhr/direkt in Sky) gegen den SV Sandhausen fehlen. Zum ersten Mal seit 133 Spielen, seit dem Aufstieg des 1. FC Heidenheim vor vier Jahren in die Zweite Liga.
36 Tore hat Schnatterer in diesem Zeitraum erzielt. Sogar 93 in den 309 Spielen, seit er vor zehn Jahren an die Brenz kam. Dennoch ist sich Kenan Kocak nicht sicher, wie sehr Heidenheim ohne "Mister Heidenheim" geschwächt sein wird übermorgen in der Voith-Arena. "Natürlich ist Marc Schnatterer die Seele des Heidenheimer Spiels", wägt der Sandhäuser Trainer ab, "andererseits könnte es sein, dass jetzt die anderen enger zusammen rücken."
So wie die Sandhäuser in den letzten Monaten, als bis zu zehn Spieler ausfielen. Die Lage hat sich inzwischen entspannt. Am Sonntag muss neben den Langzeit-Verletzten Tim Kister und Ken Gipson vermutlich nur Philipp Förster ersetzt werden. Der Ex-Waldhöfer liegt mit einer Grippe flach.
Für ihn könnte Erol Zeynullahu zum Zug kommen und mithelfen, die desaströse Derby-Bilanz zu verbessern. Von 20 Spielen hat der SV Sandhausen nur drei gewonnen. Der einzige Sieg in Heidenheim liegt zwölf Jahre zurück. Damals spielten beide Vereine in der Oberliga und die Schwaben firmierten noch unter Sportbund Heidenheim.
Die "Knöpfleswäscher" sind ein Angstgegner. Vielleicht liegt es daran, dass sich die Mannschaften in ihrer Spielweise ähneln. Badener und Württemberger spielen einen körperbetonten Fußball. Der Schlüssel zum Erfolg, da war man sich bei der Pressekonferenz gestern einig, wird die Mehrzahl der gewonnenen Zweikämpfe sein.
"Wir müssen robust in die Zweikämpfe gehen und versuchen, dem Gegner den Schneid abzukaufen", empfiehlt Nejmeddin (gesprochen: Neschmeddin) Daghfous. Der 31-jährige Mittelfeldspieler, seit Wochen in glänzender Form, muss es wissen. Er hat das geschafft, was Sandhausen lange nicht gelang. Mit seinen früheren Vereinen VfR Aalen und Kickers Würzburg entführte der Deutsch-Tunesier die Punkte von der Ostalb.
Mit einem Sieg ist der SV Sandhausen durch. "Dann darf die Mannschaft feiern", sagt Kenan Kocak, "denn sie hat eine tolle Saison gespielt." Bei einem Unentschieden ist zwar rechnerisch noch manches möglich, doch auch in diesem Fall dürfen die Getränke kalt gestellt werden. Bei einer Niederlage könnte es, abhängig von den anderen Resultaten, vor den letzten Spielen gegen den 1. FC Nürnberg und bei Arminia Bielefeld noch mal ein bisschen ungemütlich werden.
In Heidenheim hat der Stuhl von Trainer Frank Schmidt nie gewackelt, obwohl es zwischenzeitlich runter bis auf den Relegationsplatz ging. Mit 38 Punkten, also vier weniger als Sandhausen, bleibt die Lage prekär. Die Gastgeber stehen mehr unter Druck als die Gäste. Der jüngste Trend zeigt aber nach oben. Im letzten Heimspiel gab es vor 12.800 Zuschauern - am Sonntag werden nicht viel weniger kommen - einen 3:1-Sieg über Spitzenreiter Fortuna Düsseldorf und vor einer Woche ein 1:1 in Berlin.