Gute Leistung, "ka..." Ergebnis
Neben dem Wetter sorgte das 2:3 am Samstagnachmittag bei der TSG ebenfalls für Trübsinn. Es war die vierte Niederlage im fünften Heimspiel.

Von Achim Wittich
Sinsheim. Es ist beileibe nicht selbstverständlich, dass die TSG Hoffenheim bei einem Heimspiel gegen Bayer Leverkusen ein ausverkauftes Stadion vermelden kann. Auch wenn der Pillenklub Tabellenführer der Fußball-Bundesliga sein mag – die Fanschar der Werkself hält sich in überschaubarem Rahmen.
Am verregneten Samstagnachmittag jedenfalls brauchte keiner der 30.150 Zuschauer in der Sinsheimer Arena sein Kommen zu bereuen. Beim verdienten 3:2 (2:0)-Sieg des Kölner Vorortvereins wurde beste Fußball-Unterhaltung geboten. Pellegrino Matarazzo hatte zum Abschluss der Pressekonferenz die Lacher auf seiner Seite: "Die Leistung war ein Schritt nach vorne, das Ergebnis ka...", befand der Hoffenheimer Trainer nach der vierten Heimniederlage im fünften Saisonheimspiel.
Seine Spieler hatten auf ihrer Ehrenrunde – diesmal nicht nur vor der Südkurve – von den verbliebenen Anhängern Applaus für eine gute Leistung erhalten. Allein: Für einen Teilerfolg gegen einen vor allem in der ersten Halbzeit bärenstarken auftrumpfenden Gegner reichte es nicht.
Diese Leverkusener Mannschaft wird dem Dauermeister aus München tatsächlich gefährlich werden können. Daran besteht kein Zweifel. Mit ihrem Trainer Xabi Alonso hat Bayer nun auch endlich einen sportlichen Chef gefunden, der eine Siegermentalität in dem oft viel zu selbstzufriedenen Verein erzeugt hat. Kein Wunder, schließlich war der Spanier einst beim FC Bayern auf dem Rasen ein absoluter Anführer.
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Seine Mannschaft hatte in den ersten 45 Minuten eines bemerkenswerten Fußballspiels die Feldhoheit inne. Der überragende Florian Wirtz – angeblich von Jürgen Klopps FC Liverpool heiß umworben – brachte sein Team schon in der neunten Minute in Führung. Der ebenfalls bärenstarke Doppeltorschütze Alejandro Grimaldo sorgte kurz vor dem Halbzeitpfiff (45.+1 Minute) für eine eigentlich beruhigende 2:0-Führung von "Vizekusen".
Doch dann kam der aus Bayer-Sicht verheerende Auftritt von Lukas Hradecky. Leverkusens Torwart bediente mit einem kapitalen Pass Anton Stach und der Hoffenheimer ließ sich nicht zweimal bitten. Aus 35 Metern flog der Ball über Hradecky hinweg zum 1:2 ins Netz (56.). "Schön, dass man so ein Spiel noch gewinnen kann, obwohl ich ein kleines Feuer angezündet habe. Das zehnminütige Chaos hat uns nicht gut getan", beschrieb der 33 Jahre alte Finne mit slowakischer Herkunft die Anfangsphase der zweiten Hälfte.
Nach Stachs kunstvollem Anschlusstreffer ("Mir blieb nichts anderes übrig, als es einfach mal zu probieren") sorgte zwei Minuten darauf Wout Weghorst mit seinem zweiten Pflichtspieltor für "Hoffe" dafür, dass das Stadion in seinen Grundmauern erbebte. Was wäre erst passiert, hätte der niederländische Nationalstürmer gar das Ergebnis per Kopf auf 3:2 gestellt (64.)?
Doch der Schock folgte prompt: Grimaldo schlenzte das Spielgerät mit seinem feinen Füßchen elegant zum K.o. für die Kraichgauer in Oliver Baumanns Kasten. Mit Bravour und neuer Abgezocktheit manövrierte sich der aktuelle Branchenprimus aus einer brenzlig gewordenen Situation. "Wichtig war, dass wir nicht weggeknickt sind, sondern dagegengehalten haben. Es gehört dazu, Schwierigkeiten zu meistern. Wir haben wunderbare Kicker", resümierte Leverkusens Sport-Geschäftsführer Simon Rolfes im Stadionbauch. Wohl wahr.
Die Hoffenheimer mussten sich trotz der abermaligen Heimpleite nicht grämen. Sowohl am Mittwoch beim Pokal-Aus in Dortmund als auch diesmal konnten sie unter Beweis stellen, dass mit ihnen immer zu rechnen ist. Am Samstag (15.30 Uhr) wartet nun mit dem FC Augsburg kein Hochkaräter der Liga auf die Elf von Pellegrino Matarazzo. "Das wird ein sehr, sehr ekliges Spiel", blickte Anton Stach schon mal voraus.
Mit fünf Auswärtssiegen plus dem Pokalerfolg in Lübeck im Gepäck kann "Hoffe" dem Gastspiel in der Fuggerstadt optimistisch entgegen sehen. Dann soll nicht nur die Leistung, sondern auch das Ergebnis stimmen.
Kramaric braucht noch Zeit
Pellegrino Matarazzo hatte es am Freitag angedeutet. Andrej Kramaric sei eine "Option für den Kader", sagte Hoffenheims Trainer auf der Pressekonferenz vor dem Spiel zum Comeback des Offensivspielers nach fünfwöchiger Verletzungspause. In der 78. Minute brachte Matarazzo den Kroaten. Kramaric konnte allerdings keine entscheidenden Impulse setzen.
Finn Ole Becker selbstkritisch
Finn Ole Becker durfte diesmal wieder von Beginn an ran. Der 23 Jahre alte gebürtige Elmshorner hatte in der ersten Halbzeit große Probleme, ins Spiel zu finden und leistete sich einige vermeidbare Fehler. Nach der Pause konnte sich Becker allerdings steigern. Das 0:2 nach dem Eckball von Jonas Hofmann nahm er selbstkritisch auf seine Kappe. "Das Tor geht zu einfach. Das 0:2 war mein Fehler", sagte er beim Interview mit den Pressevertretern. Trotz der erneuten Heimniederlage blickt Becker optimistisch auf das Spiel in Augsburg. "Der Kopf bleibt oben, wir haben gut gespielt."
Hoffenheimer Aufholjagd wird nicht belohnt
Von Achim Wittich
Sinsheim. Die TSG Hoffenheim hat erkennen müssen, dass der Bundesliga-Tabellenführer eine Nummer zu groß ist. Im Nieselregen von Sinsheim verlor die Mannschaft von Trainer Pellegrino Matarazzo am Samstagnachmittag trotz einer zwischenzeitlichen Aufholjagd gegen Bayer Leverkusen mit 2:3 (0:2).
"Eine Top-Mannschaft, die nicht nur individuell viel Klasse besitzt, sondern auch eine super Spielanlage hat. Wenn man da etwas holen möchte, muss man an sein Leistungslimit gehen", hatte Matarazzo am Freitag gesagt.
Doch schon nach neun Minuten wurde seiner Mannschaft aufgezeigt, wer die Fußballhoheit hat. Florian Wirtz spielte auf der linken Seite perfekt mit Victor Boniface zusammen und vollendete dann höchstpersönlich. TSG-Torwart Oliver Baumann war chancenlos.
Für die Hoffenheimer setzte Marius Bülter das erste Ausrufezeichen, zwang Bayer-Schlussmann in der zwölften Minute zu einer Flugparade. Dennoch: Die Rheinländer zeigten, warum sie aktuell der Branchenprimus sind. Immer wieder über die schwache rechte Abwehrseite von "Hoffe" trugen sie, angeführt von Wirtz, ihre gelungenen Offensivaktionen vor.
Einziges Manko: Der finale Abschluss gelang zu selten. In der 25. Minute zielte Jonas Hofmann knapp links vorbei, in der 36. Minute schoss der wieselflinke Jeremie Frimpong aus spitzem Winkel ans Außennetz. In der Mitte ärgerte sich der gut positionierte Boniface über den egoistischen Abschluss seines Kollegen.
In der Nachspielzeit der ersten Hälfte schockte die Werkself ihren Gegner noch einmal. Ein flach hereingegebene Ecke konnte Alejandro Grimaldo mit einem sehenswerten Schuss zum 0:2 verwerten (45.+1). Allerdings verteidigte Hoffenheim diese Standardsituation ganz schwach. Die 3000 mitgereisten Fans der Gäste in der ausverkauften Arena feierten ihre Mannschaft.
Hoffenheim hatte nach dem Wechsel durch Maxi Beier mit einer Doppelchance den besseren Start (50.). Das Zeichen für eine Aufholjagd? Bayer-Torwart Lukas Hradecky leistete sich einen fatalen Fehlpass.
Anton Stach nahm das Geschenk an und zog aus 35 Metern ab – nur noch 1:2 (56.). Zwei Minuten später knallte Beier den Ball an den Pfosten und den Abpraller schob Wout Weghorst zum Ausgleich ein (58.). Eine unglaubliche Wende. Jetzt waren die TSG-Fans mit dem Feiern an der Reihe.
Weghorst hätte fünf Minuten später fast per Kopf das Spiel komplett gedreht (63.).
Doch der Pillenklub schüttelte sich kurz und konterte eiskalt. Grimaldo schlenzte das Runde zum 2:3 in den Winkel (70.). Es war schon die Entscheidung.
Matarazzo brachte Andrej Kramaric und Ihlas Bebou (79.). Doch der erneute Ausgleich gelang nicht mehr.
Hoffenheim: Baumann - Kabak, Vogt, Akpoguma (88. Conté) - Skov (78. Bebou), Stach, Prömel, Bülter - Becker (79. Kramaric) - Weghorst, Beier (88. Berisha)
Leverkusen: Hradecky - Kossounou (46. Stanisic), Tah, Tapsoba - Frimpong, Palacios, Xhaka, Grimaldo - Hofmann (80. Andrich), Boniface (88. Adli), Wirtz (90. Hlozek)
Schiedsrichter: Willenborg (Osnabrück)
Zuschauer: 30.150 (ausverkauft)
Tore: 0:1 Wirtz (9.), 0:2 Grimaldo (45.+1), 1:2 Stach (56.), 2:2 Weghorst (58.), 2:3 Grimaldo (70.)