TSG Hoffenheim

Stadion- und Hausverbot für Roger Wittmann

Machtkampf im Dorfklub? "Hoffe" ergreift weitere Maßnahme gegen einflussreichen Spielerberater und Hopp-Freund. Nicht nur Wittmann ist nicht mehr willkommen.

07.08.2025 UPDATE: 07.08.2025 09:00 Uhr 2 Minuten, 26 Sekunden
Wittmann stoppen: Dem Wunsch, den die Kurve, hier im vergangenen Dezember, mehrfach geäußert hat, will man bei der TSG nun mit Entschiedenheit nachkommen. Foto: imago

Von Nikolas Beck

Zuzenhausen. Im Bestreben, sich vom einflussreichen Spielerberater Roger Wittmann zu lösen, sieht sich die TSG Hoffenheim offenbar dazu gezwungen, weitere Maßnahmen zu ergreifen. Laut Informationen der RNZ hat der Dorfklub dem Chef der Spielervermittler-Agentur Rogon und engen Freund von Dietmar Hopp für die bevorstehende Saison Stadionverbot und Hausverbot fürs Trainingsgelände in Zuzenhausen erteilt. Auf Anfrage dieser Zeitung hält sich die Klubspitze bedeckt. "Wir äußern uns grundsätzlich nicht zu Stadion- und Hausverboten", sagt Franziska Kipper-Schreyer, "Hoffes" neue Geschäftsleiterin Kommunikation.

Dennoch: Es ist die nächste Eskalationsstufe im Trennungsstreit zweier Geschäftspartner, deren besondere Beziehung über Jahre hinweg ein offenes Geheimnis war, aber vom Klub stets abgestritten wurde. Bis April. An Ostern verkündete die Geschäftsführung um den Vorsitzenden Markus Schütz, dass im Zuge einer strategischen Neuausrichtung des Klubs "bestehende Partnerschaften kritisch hinterfragt" wurden: "In Bezug auf die Zusammenarbeit mit Spielerberatern und Agenturen sind wir zu dem Schluss gekommen, eine Kurskorrektur vorzunehmen." Berater sollten fortan nicht mehr in Vereinsprozesse miteinbezogen werden. 

Vor allem eben jener Berater, über den immer wieder vielversprechende Talente ihren Weg in den Kraichgau fanden und später für hohe Transferüberschüsse weitertransferiert werden konnten. Erinnert sei an dieser Stelle an die Rekord-Deals von Roberto Firmino (2015 für 41 Millionen Euro zum FC Liverpool), Joelinton (2019/43,5/Newcastle United) und Georginio Rutter (2022/40,5/Leeds United). Dass sich zuletzt allerdings auch jene Rogon-Transfers häuften, bei denen die hohe Ablöse, die "Hoffe" zahlte, in krassem Missverhältnis zur anschließenden sportlichen Leistung stand, war nur ein Teil des Problems. Vielmehr soll Wittmann bisweilen diktiert haben, welcher Spieler kommt, wann er wieder geht – und welche Provisionen dafür fließen. Umgesetzt stets per Gesellschafterbeschluss, zum Teil gegen die Überzeugung der jeweiligen sportlichen Leitung.

Eine solche Zusammenarbeit mal eben so und ohne Widerstand auf ein branchenübliches Maß zurückfahren zu können, hätte für den Klub die Dimension eines sportlichen Osterwunders gehabt. Schon damals lag der Verdacht nahe: Es geht nur ganz oder gar nicht. 

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Zu eng und zu verworren waren die Geschäftsbeziehungen zwischen 1899 und Wittmann, der bis zuletzt auch eine Loge in der PreZero Arena angemietet haben soll. Auch darum hatte die RNZ vor ziemlich genau zwei Monaten die Frage aufgeworfen, wie belastbar "Hoffes" Distanz zu Wittmann eigentlich ist. Kurz zuvor war mit Tim Lemperle ein Rogon-Klient ablösefrei aus Köln gekommen. 

Roger Wittmann (r.) galt lange als „Einflüsterer“ seines Freundes Dietmar Hopp. Ist es mit dem großen Einfluss des Spielerberaters beim Dorfklub tatsächlich vorbei? Archivbild: imago

Schließlich gibt es auch noch die Auslandsaktivitäten, die Hopp gemeinsam mit Wittmann in den vergangenen Jahren vorangetrieben hat. Große Anstrengungen wurden unternommen, junge Talente für die TSG in Brasilien und Portugal zu entdecken und zu entwickeln. Hopps Firma Hobra GmbH & Co. KG hält Mehrheitsanteile am Zweitligisten Académico de Viseu FC in Portugal und dem Viertligisten Barra Futebol Clube aus dem brasilianischen Balneário Camboriú im Bundesstaat Santa Catarina. "Die Zusammenarbeit mit Rogon wird derzeit überprüft, auch im Hinblick auf die Aktivitäten in Brasilien und Portugal", hatte der Vereinsvorsitzende Jörg Albrecht auf Anfrage bestätigt.

Offenbar ist man inzwischen ein Stück weiter. Dass neben Wittmann auch dem ehemaligen TSG-Nachwuchschef und heutigen Hobra-Angestellten Dirk Mack mitgeteilt worden sein soll, in Sinsheim und Zuzenhausen nicht mehr willkommen zu sein, lässt jedenfalls darauf schließen, dass der Klub auch diesbezüglich eher auf Abstand gehen will. Offenbar ist die Geschäftsführung der Ansicht, dass auch von Mack Befugnisse überschritten wurden oder zumindest nicht im Sinne der Vereinsspitze gewirkt wurde.

Was zwangsläufig die Frage aufwirft, wo sich Dietmar Hopp positioniert. Der 85-Jährige Hauptgesellschafter, der seine Stimmmehrheit inzwischen aber an den e.V. zurückgegeben hat, sei "aktiv in den Entscheidungsprozess miteingebunden" gewesen und habe sich "der klaren Linie der Geschäftsführung angeschlossen", hieß es im April. Und diesmal? Auch dazu wollte die Klubführung auf Nachfrage der RNZ keinen Kommentar abgeben. 

Es scheint zumindest nicht ausgeschlossen, dass gerade als man glaubte, nach dem turbulenten 125. Jubiläumsjahr sei endlich wieder Ruhe eingekehrt, im beschaulichen Hoffenheim der nächste Machtkampf ausgebrochen ist.

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