Buwe machen Riesen-Schritt in Richtung Klassenerhalt
Janne Sietan hatte nach dem 1:0-Heimsieg Tränen in den Augen. Doch zuvor gab es auch unschöne Szenen. Die Partie musste für rund zehn Minuten unterbrochen werden.

Von Daniel Hund
Mannheim. Als alles vorbei war, ballte Dominik Glawogger, der Trainer des SV Waldhof, beide Fäuste und reckte sie im Carl-Benz-Stadion in Richtung Haupttribüne. 1:0 (0:0) gewonnen. Gegen Dynamo Dresden, den Spitzenreiter der Dritten Liga. Das waren echte Big Points im Abstiegskampf für die Buwe.
Vor dem letzten Spieltag am kommenden Wochenende bei Arminia Bielefeld rangiert der Waldhof mit 46 Punkten nun auf dem 15. Tabellenplatz, ist aber noch nicht gerettet: Borussia Dortmund II, das nach aktuellem Stand als Tabellen-Siebtzehnter absteigen würde, hat 43 Punkte auf dem Konto und die um fünf Treffer schlechtere Tordifferenz. Auch der VfB Stuttgart II steht noch hinter Mannheim und muss mit 46 Punkten noch zittern.
Die Erleichterung bei den Spielern war danach riesig. "Ich war ein zweimal nah an den Tränen dran, weil da ohne Ende Druck abgefallen ist", sagte Mittelfeld-Abräumer Janne Sietan, der kaum noch eine Stimme hatte, extrem heiser war. "Die Situation war zwischendurch sehr hart für uns, aber wir sind alle jeden Tag an den Alsenweg gefahren und haben immer an den Klassenerhalt geglaubt."
Und weiter: "Rechnerisch ist noch alles möglich, klar, aber wir werden alles dafür tun, dass der Waldhof drinbleibt." Nächste Saison wollen wir nichts mehr mit dem Abstieg zu tun haben." Beim Waldhof fühlt er sich längst heimisch: "Ich bin wahnsinnig froh, dass ich für einen solchen Klub so viele Spiele gemacht habe." Die Partie wurde überschattet durch unschöne Szenen der Fans in der Schlussphase. Das Spiel stand zwischenzeitlich kurz vor einem Abbruch. Doch dazu später mehr.
Die Stimmung war zunächst gigantisch und friedlich. 22.796 Zuschauer – darunter 3400 Dynamo-Anhänger – machten ordentlich Alarm, sorgten für Gänsehaut-Atmosphäre.
Der vorletzte Spieltag hatte für den Waldhof schon am Freitagabend begonnen. Denn da lief sich die direkte Konkurrenz über den Weg: Der VfB Stuttgart II gastierte bei der U23 von Borussia Dortmund. Kellerkinder unter sich – und beide mit 43 Zählern punktgleich mit den Buwe.
Das Wunschergebnis aus Mannheimer Sicht? Schwer zu sagen, jedenfalls kein Unentschieden. Und das gab’s auch nicht: Die Schwaben erzielten in der Schlussphase nach einem Eckball den 1:0-Siegtreffer. Klar war somit: Waldhof rutschte nicht auf einen Abstiegsplatz und das würde auch so bleiben, wenn der SVW (Tordifferenz -2) keine Packung gegen Dresden kassiert, weil man gegenüber dem BVB (-6) das bessere Torverhältnis vorweisen konnte.
Zum Spiel: Im rappelvollen Carl-Benz-Stadion entwickelte sich eine ausgeglichene Partie, in der die Gäste ab der 20. Minute mehr von der Partie hatten, sich aber keine echten Torchancen erspielen konnten. Rund zehn Minuten vor der Pause schaltete der SVW dann einen Gang hoch. Arianit Ferati, der Denker und Lenker der Mannheimer, verteilte das Bällchen. Wirkliche Torgefahr ging aber auch von den Buwe nicht aus. Das 0:0 zur Pause ging somit in Ordnung.
Dresden wäre übrigens aufgestiegen gewesen, wenn zur Halbzeit schon Schluss gewesen wäre: Da der 1. FC Saarbrücken zur Halbzeit mit 0:1 bei Alemannia Aachen zurücklag, betrug der Vorsprung auf den dritten Platz sechs Punkte, den sich zu diesem Zeitpunkt wieder Cottbus, das mit 2:0 in Rostock führte, erkämpft hatte.
Und es ging ausgeglichen weiter, bis der Waldhof dann doch noch zuschlug. Und das kam so: Felix Lohkemper schickte seinen Sturmkollegen Kenny Okpala auf die Reise, der zündete den Turbo und knallte den Ball zum 1:0 unter die Latte (62.).

Kurz vor Schluss, in der 82. Minute – Saarbrücken lag in Aachen mit 1:4 zurück – durchbrachen hunderte Dresden-Fans die Sicherheitszäune und wollten sich auf ihre Aufstiegsfeier im CBS vorbereiten. Da sie Waldhof-Torhüter Jan-Christoph Bartels quasi bereits auf den Füßen standen, konnte die Partie so nicht fortgesetzt werden. Da auf der anderen Seite nun auch Waldhof-Fans vor der OST hinter dem Tor auftauchten, wurde die Begegnung unterbrochen. Schiedsrichter Lukas Benen schickte beide Mannschaften vorübergehend in die Kabine.
Als beide Teams zurück aufs Rasen-Rechteck kamen, hatte man sich auf eine Art Nichtangriffspakt verständigt: Dynamo spielte sich minutenlang nur noch den Ball in der eigenen Hälfte zu.

Danach wurde auf beiden Seiten gefeiert: Dresden freute sich über den Aufstieg in die Zweite Liga. Und der SVW feierte zwar noch nicht den Klassenerhalt, aber eben einen großen Schritt in diese Richtung.
Unschön waren aber die Begleitumstände. Böller und Raketen flogen über den Rasen. Mittendrin sicherte die Polizei – teilweise auch mit Pferden und Hunden – und der Sicherheitsdienst die Lage.
Sietan, der Nachdenkliche: "Es hat sich alles etwas hochgeschaukelt. Die Dresdner Mädels und Jungs wollten feiern, das kann ich verstehen. Ich bin ja selbst aus dem Osten und freue mich ein bisschen mit ihnen mit."
Und was sagt er zum Nichtangriffspakt? "Ich kann da jetzt nur für uns sprechen, wir wollten nichts mehr zulassen und haben gut verschoben. Zu Dresden kann ich nichts sagen, aber wir haben uns jetzt nicht beschwert."
Waldhof: Bartels - Matriciani, Hoffmann, Sechelmann, Voelcke - Rieckmann – Thalhammer (76. Benatelli), Sietan (76. Karbstein) - Ferati (86. Seegert) – Okpala (68. Shipnoski), Lohkemper (86. Becker)
Tore: 1:0 Okpala (62.)