Wechsel auf der Trainerbank: Martin Schwalb wird die Rhein-Neckar Löwen nur noch bis zum Saisonende betreuen und sich dann wohl eine neue Aufgabe suchen. Foto: vaf
Von Tillmann Bauer
Heidelberg. Es knisterte gewaltig, als Martin Schwalb im Februar vergangenen Jahres den mit Journalisten vollgepackten Presseraum der SAP Arena betrat. Nach schier unendlicher Pause – es waren genau 2104 Tage – hatte sich die Trainer-Ikone mehr oder weniger kurzfristig entschieden, die bisherigen Aufgaben als Experte für den Bezahlsender Sky und als Vizepräsident des Handball Sportvereins Hamburg niederzulegen und bei den Rhein-Neckar Löwen als neuer Cheftrainer anzutreten. Auf das Missverständnis mit dem beurlaubten Schweden Kristjan Andresson folgte also ein in Handballdeutschland bekannter Name. Ein neues Kapitel begann.
Nun – nur ein knappes Jahr später – ist das schon wieder beendet, obwohl es noch nicht einmal richtig angefangen hat. Der 57-Jährige wird seinen zum Saisonende auslaufenden Vertrag in Mannheim nicht verlängern und die Löwen verlassen. Das ließ er in den vergangenen Tagen die Geschäftsführung und den Aufsichtsrat wissen, die noch bis zuletzt auf eine Weiterbeschäftigung gehofft hatten.
Es sei keine einfache Entscheidung gewesen, die er gemeinsam mit seiner Familie getroffen habe, so Schwalb, der Handball habe immer sein Leben bestimmt: "Ich werde ihm sicher in anderer Form erhalten bleiben."
Für die Löwen ist diese Entscheidung sehr bitter. Schließlich hatte der gebürtige Stuttgarter immer wieder betont, dass er große Lust an der Arbeit im Verein habe und sich eine langfristige Zusammenarbeit mit den Badenern durchaus vorstellen könnte.
Schwalb ist eine Respektsperson, er erreichte die Mannschaft von der ersten Minute an, er probierte vieles aus und machte den Handball der Löwen wieder deutlich schneller.
Er bat aber auch immer wieder um die nötige Zeit, die er brauche, um das große Potenzial aus den verfügbaren Spielern herauszukitzeln und die Rhein-Neckar Löwen zurück zu einem Spitzenklub in der Bundesliga zu formen. Die Corona-Krise machte die Sache für ihn natürlich nicht gerade einfacher.
Weil "Schwalbe" durch seine unglaubliche Aura für Spieler, Verein, Fans und Umfeld ein absoluter Glücksgriff war, hätten ihm Geschäftsführerin Jennifer Kettemann und der Sportliche Leiter Oliver Roggisch wohl liebend gerne noch mehr Zeit gegeben. Jetzt müssen sie wieder auf die Suche nach einem neuen Mann gehen. Kettemann sagt: "Es ist kein Geheimnis, dass wir gerne über die Saison hinaus mit Martin weitergearbeitet hätten."
In der offiziellen Pressemeldung des Klubs gibt es aber noch einen entscheidenden Satz. Schwalb wird dort zitiert: "Langfristig sehe ich meinen Lebensmittelpunkt in Hamburg." Dass der HSV Handball, mit dem er unter anderem 2011 die Deutsche Meisterschaft und 2013 die Champions League als Trainer gewann, sein Herzensverein ist, ist ebenfalls ein offenes Geheimnis.
Damals war auch Deutschlands Torwart-Legende Johannes "Jogi" Bitter mit dabei – der gab nicht nur ebenfalls am Donnerstag bekannt, den TVB Stuttgart zu verlassen, sondern wird schon seit mehreren Wochen mit einer Rückkehr nach Hamburg in Verbindung gebracht. Dass "Schwalbe" also bald wieder – in welcher Form auch immer – in der Hansestadt anheuert, ist nicht gerade aus der Luft gegriffen.
Aktuell steht der HSV Hamburg an der Spitze der Zweitliga-Tabelle und liebäugelt sogar mit der Rückkehr in die Handball-Bundesliga. Ein nicht gerade uninteressantes Projekt.
In Hamburg sagt man Tschüss.
Update: Donnerstag, 4. Februar 2021, 19.37 Uhr
Martin Schwalb verlässt die Löwen
Mannheim. (dpa) Trainer Martin Schwalb wird seinen auslaufenden Vertrag bei den Rhein-Neckar Löwen nicht verlängern und den Handball-Bundesligisten zum Saisonende verlassen. Das teilten die Badener am Donnerstag mit. "Es ist sicher keine einfache Entscheidung, die ich gemeinsam mit meiner Familie getroffen habe", sagte der 57-Jährige, der im Februar 2020 beim zweimaligen deutschen Meister angeheuert hatte. "Die Rhein-Neckar Löwen sind ein fantastischer Club mit tollen Möglichkeiten und ehrgeizigen, sportlichen Zielen. Langfristig sehe ich aber meinen Lebensmittelpunkt in Hamburg. Der Handball hat immer mein Leben bestimmt und ich werde ihm sicher in anderer Form erhalten bleiben."
Er werde den Löwen "auf alle Fälle verbunden bleiben und im Rahmen meiner Möglichkeiten helfen, wo ich kann", erklärte Schwalb. An den Zielen für die laufende Saison ändere sich nichts. "Es ist kein Geheimnis, dass wir gerne über die Saison hinaus mit Martin weitergearbeitet hätten", sagte Löwen-Geschäftsführerin Jennifer Kettemann. Er habe das Team "in einer sehr schwierigen Phase übernommen und innerhalb von kurzer Zeit zu neuer Spielfreude und Begeisterung verholfen." Es sei "sehr schade, dass praktisch seine komplette Amtszeit in die Corona-Pandemie fällt, die uns alle vor große Herausforderungen stellt."