Knochenjobs
Joachim Klaehn über die Arbeitsbedingungen für die "Freiwilligen-Armee"
Von Joachim Klaehn
Ein Großereignis lebt von der Infrastruktur - vor allem aber von den Menschen. Gerade Olympia hängt von vielen freiwilligen Helfern ab, die den Laden am Laufen halten. Insgesamt 90.000 Bewerbungen aus 145 Ländern lagen dem Organisationskomitee vor. 14.000 wurden ursprünglich eingestellt, über 2 000 davon haben ihren Dienst erst gar nicht angetreten oder inzwischen quittiert. Warum?
Die Arbeitsbedingungen für die "Freiwilligen-Armee" sind grenzwertig. Teilweise weit entlegene, überbevölkerte Unterkünfte, Transportprobleme, schlechte Verpflegung - im Kern ist das die Hauptkritik. Rund 60 Beschwerdebriefe landeten bisher im Blauen Haus in Seoul, dem Regierungssitz von Staatspräsident Moon Jae-in. Die Tageszeitung Seoul Shinmun hatte vor Beginn der Spiele plakativ getitelt: "Selbst Gefängnisnahrung ist besser als das hier!"
Die meisten Olympia-Besucher nehmen die Freiwilligen - viele von ihnen stammen aus China und üben schon mal für Peking 2022 - als freundlich, höflich und stets lächelnd wahr. Über deren Sprachkompetenz erreichen uns aus Südkorea unterschiedliche Einschätzungen. Um die Englischkenntnisse ist es mal besser, mal schlechter bestellt. Wenn es mit der Kommunikation gar nicht klappen will, fragen die Volunteers per Handy einen ihrer "Vorgesetzten".
Knochenjobs haben insbesondere Sicherheitsposten. Im offenen Olympia-Gelände von Pyeongchang wurden Checkpoints für die Zonen Nord, West, Ost und Süd eingerichtet, um Akkreditierungen zu prüfen. Die Wachleute müssen hier Stunden lang in der Kälte ausharren, behelfen sich dabei mit dicken Daunenmänteln und kleinen Heizlüftern. Geld gibt es für die Maloche nicht, sondern nur Kleidung und Essen. Grotesk: Das IOC macht dicken Reibach - und zahlt nicht mal Aufwandsentschädigungen. Habgier ist das Arsenal der Granden. Kein Wunder also, dass Freiwillige freiwillig wieder aufhören.