Von Tillmann Bauer
Heidelberg. Wenn Uli Roth (56) auf die Handball-Weltmeisterschaft zurückblickt, dann schießen dem ehemaligen Rekordnationalspieler viele verschiedene Gedanken in den Kopf. "Insgesamt muss man dieses Turnier aus deutscher Sicht aber positiv bewerten", sagt der WM-Experte der RNZ und begründet seine Aussage folgendermaßen: "Man hat einfach gespürt, dass die Mannschaft begeistert und die Massen mitgenommen hat. Der Handball wird nach wie vor geliebt - das war eigentlich die wichtigste Erkenntnis. Das müssen wir mitnehmen."
Zudem sei das selbst gesteckte Ziel, das Halbfinale in Hamburg zu spielen, erreicht worden. Roth: "Und das war ein großes Ziel, wenn man sich den Weg dorthin anschaut."
Wenn er aber nun die berühmte Frage beantworten soll, an was es denn letztendlich lag, dass es für die DHB-Auswahl nicht für eine Medaille gereicht hat, dann kommt Roth auf den Rückraum zu sprechen: "Dort fehlt uns einfach noch die Durchschlagskraft. Deswegen zähle ich uns auch noch nicht zur absoluten Weltspitze dazu. Diese Schwäche konnten wir in diesem Jahr etwas durch die Euphorie überspielen", sagt Roth. In der Breite habe man gute Alternativen, mit Fabian Wiede, Paul Drux und Fabian Böhm habe man auch Spieler, die zukünftig eine gute Rolle spielen können: "Aber insgesamt müssen wir im Nachwuchsbereich noch mehr investieren, damit wir besser aufgestellt sind."
Bundestrainer Christian Prokop sollte man hoch anrechnen, dass er aus der Mannschaft eine echte Einheit geformt habe. Roth: "Das wurde in der Vergangenheit zurecht kritisiert, hat aber diesmal gefruchtet. Auch das ist ein Lernprozess und eine Entwicklung, die in die richtige Richtung geht."
Ob der Handball aber weiterhin in Deutschland eine wichtige Rolle spielen wird, hänge auch vom Einsatz der Medien ab. Roth: "Wenn ich sehe, dass das Endspiel am Sonntag nicht im ZDF ausgestrahlt wird, dann ist das schon wieder ein erstes negatives Signal."
Sportlich enttäuscht haben den ehemaligen Kreisläufer aber die Kroaten und Franzosen. "Die hätte ich beide viel stärker eingeschätzt", so Roth.
Dass die skandinavischen Teams um den Titel mitspielen, war für ihn keine Überraschung sowie, dass Dänemark sich letztendlich verdient zum Weltmeister krönte.
Roth ist aber sehr traurig über die Leistung der Schiedsrichter: "Da ist meine Enttäuschung riesig. Diese Linie, die vom Verband vorgegeben wurde, wird keinem Spieler gerecht, der so hart für diese Weltmeisterschaft gearbeitet hat."
Man habe in Deutschland und Dänemark kein überhartes Turnier gesehen, diese Auslegung habe dem normalen Standard nicht entsprochen: "Das war totaler Schwachsinn. Man sollte versuchen, dass die Schiedsrichter auch auf dem Niveau einer Weltmeisterschaft sind. Die neue Linie hat die Unparteiischen sehr verunsichert, das hat man deutlich gesehen und das ging gar nicht - da sehe ich dringenden Handlungsbedarf."