SVS-Erweiterung

Stadionneubau vorerst vom Tisch

Der SV Sandhausen bekommt zwei weitere Trainingsplätze, der FC Sandhausen zieht um und der Tennisclub erhält eine neue Anlage.

26.04.2022 UPDATE: 26.04.2022 20:40 Uhr 6 Minuten, 31 Sekunden
Ist-Zustand: Tennisclub und FC weichen für zwei der drei Sportplätze. Foto: Priebe

Von Lukas Werthenbach

Sandhausen. Mit 16 zu 4 Stimmen hat der Gemeinderat am Montagabend in der Festhalle vor knapp 50 Bürgern einen Grundsatzbeschluss zur seit Jahren umstrittenen Erweiterung des Fußball-Zweitligisten SV Sandhausen (SVS) gefasst. Im Zuge dessen soll das Sportzentrum im Süden der Gemeinde so umgestaltet werden, dass auch die Nachbarvereine FC Sandhausen und Tennisclub 1970 (TC) davon profitieren. Eine Gegenstimme kam aus der FDP, drei von den anwesenden GAL-Räten. Kritisiert wird insbesondere die mit dem Beschluss verbundene Rodung im Waldschutzgebiet am BWT-Stadion. Ein zuvor diskutierter Stadionneubau des SVS an anderer Stelle ist durch die Entscheidung nur vorerst vom Tisch. Die wichtigsten Fragen und Antworten rund um diese wohl richtungsweisende Abstimmung:

Worum geht es? Bereits 2018 war der Bebauungsplan "Sportzentrum Süd" eingeleitet worden, weil der SVS für seine Jugendabteilung den Bedarf von zwei weiteren Trainingsplätzen angemeldet hatte. Dafür sollten rund 2,5 Hektar Wald südlich des Stadions gefällt werden; neben den zwei Sportplätzen sollten hier über 140 Parkplätze entstehen. Im März 2019 regte sich Protest gegen die Rodung vor allem durch die Bürgerinitiative "Pro Waldschutz" (BI), woraufhin das Bebauungsplanverfahren auf Eis gelegt und ein Runder Tisch zur Suche nach Alternativen eingerichtet wurde. Ende 2020 wurde bekannt, dass der SVS als eine Variante den Neubau eines Stadions an anderer Stelle vorschlägt. Club-Präsident Jürgen Machmeier stellte die Möglichkeit eines Neubaugebiets am jetzigen Vereinsgelände in Aussicht und warb seit vergangenem Januar ausdrücklich für diese Lösung – jedoch müsse sich die Gemeinde an der Finanzierung beteiligen. Letzteres schloss Bürgermeister Hakan Günes Ende März aus rechtlichen Gründen aus und schlug den nun gefassten Grundsatzbeschluss als Kompromiss – auch zu den anderen am Runden Tisch erarbeiteten Varianten – vor.

Was bedeutet der Beschluss? Vorgesehen ist, dass der SVS-Nachbar FC Sandhausen ins Walter-Reinhard-Stadion zieht und der ebenfalls benachbarte TC eine neue Anlage weiter nördlich auf der bisherigen Fläche des FC erhält. Dort sind zudem 150 Parkplätze geplant. Weil der Fußball-Zweitligist bisher das – dann vom FC belegte – Walter-Reinhard-Stadion mitnutzt und einen Bedarf von zwei weiteren Trainingsplätzen angemeldet hatte, würden drei neue Sportplätze direkt am BWT-Stadion entstehen: zwei durch die Verlagerung von TC und FC sowie einer im Waldschutzgebiet Schwetzinger Hardt. Dazu soll das 2018 eingeleitete Bebauungsplanverfahren "Sportzentrum Süd" fortgeführt werden. Rathauschef Günes erklärte, dass "noch nichts in Stein gemeißelt" sei und die Verwaltung nun zunächst beauftragt sei, die Umsetzbarkeit und Planung zu untersuchen. Zudem wird ein Finanzierungsmodell aufgestellt, wozu Gespräche zwischen Verwaltung, SVS, TC und FC stattfinden sollen.

Was sagt der Bürgermeister? Hakan Günes erklärte, dass diese Variante laut Rückmeldungen aus der Bevölkerung ans Rathaus "überwiegend mitgetragen" werde. Er betonte: "Es wird keine Umsetzung geben, wenn nicht jeder der betroffenen Vereine voll und ganz dahinter steht." Finanziell werde die Verwaltung "alles kritisch beäugen und nach der Verhältnismäßigkeit beurteilen". Überdies sei die "Verwaltungsspitze" davon überzeugt, dass das Verfahren "Sportzentrum Süd" auch aufgrund der schon dafür aufgewandten Verwaltungsressourcen fortgeführt werden sollte. Für weitere Informationen verwies Günes auf das öffentlich zugängliche "Verwaltungspapier". Als "kleine persönliche Anmerkung" sagte er abschließend, dass die Einführung des Runden Tischs durch seinen Vorgänger Georg Kletti "ein richtiges und wichtiges Mittel war, um hier vermittelnd tätig werden zu können und weitere Varianten zu begutachten".

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Wie reagiert der SV Sandhausen? Der Club erklärte am Dienstag auf RNZ-Anfrage: "Nach unserer Auffassung hat es die Gemeinde versäumt, die historische Chance zu nutzen, hier an der Stelle eine Wohnbauentwicklung für nachfolgende Generationen zu beschließen und darüber hinaus, hohe Millionenbeträge für die Zukunft der Kommune zu generieren." Dennoch begrüße man die Entscheidung. "Wir werden jetzt mit viel Engagement in die Gespräche mit der Gemeinde einsteigen", so ein Sprecher. Der laut Auflagen der Deutschen Fußball Liga (DFL) nötige Umbau des BWT-Stadions sei für den Club nicht ohne "finanzielle Unterstützung zu stemmen". Zudem bedeute der Bau von drei statt zwei Sportplätzen zusätzliche finanzielle Belastung. "Bis alle diesbezüglichen finanziellen Fragen geklärt sind, ist es unsere Pflicht, auch weiterhin Optionen offen zu lassen", heißt es angesichts der Idee eines Stadionneubaus an anderer Stelle.

Was meint die Bürgerinitiative? Die BI sagte am Dienstag, dass der Beschluss "Bauchschmerzen" bereite, weil der Planumfang im Wald nicht auf die Größe eines Sportplatzes beschränkt ist. Man beobachte die Entwicklung "sehr wachsam weiter".


CDU stellt "Waldschutzgebiet" in Frage – GAL kritisiert Rodung

Sandhausen. (luw) Die hitzige Diskussion blieb aus, doch die Räte nahmen teils ausführlich Stellung zum Grundsatzbeschluss über die Erweiterung des SV Sandhausen (SVS) und die damit verbundene Umgestaltung des Sportzentrums (vgl. weiterer Artikel). Die Stimmen aus den Fraktionen:

> Anna Maria Köhler (CDU) bezeichnete die auf den Weg gebrachte Lösung als "richtige Zukunftsplanung". Schließlich müsse nun weitaus weniger Wald als ursprünglich geplant gerodet werden: "Die Fläche des Sportzentrums wird optimal überplant, es wurden alle dort angesiedelten Sandhäuser Vereine mitgenommen." Auch die Interessen der Bürger und Anwohner würden gewahrt: "Alle gewinnen." Köhler betonte mit Blick auf vergangene Debatten, dass die zwei zusätzlichen Trainingsplätze den "tatsächlichen Bedarf" des SVS decken würden: "Ein jeder kann sich mit eigenen Augen ein Bild des überlasteten Trainingsbetriebs machen." Zu begrüßen sei auch, dass in den Sonnenweg als "Sandhausens am meisten frequentierten Spazierweg" nicht eingegriffen werde. Bezüglich der Rodung erklärte die Rätin, dass die Fläche woanders "mit jungen, beständigeren und resistenteren Bäumen" aufgeforstet werde. Und weiter: Beim "Waldschutzgebiet" Schwetzinger Hardt handele es sich lediglich um eine vom zuständigen Verband "gewählte begriffliche Widmung", die "irreführend" sei: Das Ministerium für Ländlichen Raum nutze diesen Begriff ausschließlich für Bann- und Schonwälder. Der zu rodende Wald am BWT-Stadion habe aber "keinen besonderen Schutzstatus", Köhler verwies zudem auf die aktuelle "Katastierung" des Landesministeriums. Dort sei für das Gebiet "keine Schutzzone eingezeichnet".

> Thorsten Krämer (SPD) bekundete die "grundsätzliche Freude" seiner Fraktion über den Beschluss: "Drei Vereine werden auch in ihrer Jugendarbeit unterstützt." Man sehe aber auch "negativ angestoßene Dinge", so würden etwa Flächen versiegelt und Bäume gefällt. Zudem werde die Gemeinde viel Geld in die Hand nehmen. Krämer betonte die Bedeutung dieses Grundsatzbeschlusses: "Es wird geprüft und geschaut: Ist alles so machbar?" Unter dieser Prämisse stimme man zu. "Und wir wissen, dass wir es nicht allen Recht machen können."

> Ernst Klinger (FDP) erklärte, dass seine Fraktion die Idee eines Stadionneubaus an der Autobahn A 5 für gut gehalten hatte: "Wir hätten Sandhausen zukunftsfähiger machen und ein neues Wohngebiet erschließen können, das Sportzentrum wäre entzerrt worden." Zweifel seien aber mit der Nachricht aufgekommen, dass sich die Gemeinde mit mindestens 15 Millionen Euro an dem Projekt beteiligen sollte. Diese seien "Gott sei Dank" dadurch ausgeräumt worden, dass die Gemeindeverwaltung prüfen ließ, ob man dies aus kommunalrechtlicher Sicht überhaupt dürfe. Die Antwort sei Nein gewesen, weshalb die Liberalen mehrheitlich für den nun unterbreiteten Vorschlag stimmten. Dieser werde "allen gerecht", Kompromisse müssten eingehalten werden.

> Beate Würzer (GAL) sprach von "Licht und Schatten", die bei diesem Beschluss und seiner Vorgeschichte dicht beieinander lägen. So beschrieb sie es als positiv, dass die Bildung einer Bürgerinitiative für ein "intaktes Bürgerinteresse" am Wohnort spreche – "zumindest, wenn es um für sie wichtige Themen geht". Als "im Lichte" sah sie auch, dass die Gemeindeverwaltung alle Betroffenen "zu Beteiligten gemacht" habe, um Argumente auszutauschen und auf der Grundlage geschlossener Kompromisse zu arbeiten: "Ein bislang nicht da gewesener Schritt von Beteiligung, der prinzipiell lobenswert ist, im Ergebnis aber eher wenig ergiebig blieb." Derweil sah Würzer "im Schatten", dass ein Kompromiss aus Sicht ihrer Fraktion nicht mehr gegeben sei. "Unsere Position, die auch von vielen Bürgern getragen wird – nämlich: keine Umwandlung des Waldschutzgebiets in Sport und Freizeit –, wurde nicht berücksichtigt." Mit diesem Plan würden alle Betroffenen ihre Haltung ausschließlich in eine Richtung verändern: in jene des SVS. Ebenfalls als negativ quittierte Würzer, dass in der Jahnstraße "150 Parkplätze mit der Währung ,Baum- und Heckenrodung’ bezahlt" würden. Abschließend appellierte sie: "Es kann kein ,Weiter-so’ im Umgang mit der Umwelt, der Natur, unserem Wald geben." Das Nein der GAL sei "ein Ja zur Lebensgrundlage aller Lebewesen, auch der des Menschen".

Update: Dienstag, 26. April 2022, 20.39 Uhr


Mehrheit für "kleine Lösung"

Sandhausen. (luw) Der Fußball-Zweitligist SV Sandhausen (SVS) soll zwei weitere Trainingsplätze bekommen, der FC Sandhausen zieht um und der Tennisclub 1970 (TC) erhält eine neue Anlage: Das ist zusammengefasst das Ergebnis einer Abstimmung des Gemeinderats am Montagabend. Ob damit die Stadionneubau-Pläne des SVS endgültig vom Tisch sind, bleibt noch offen.

16 Räte inklusive Bürgermeister Hakan Günes stimmten für den Grundsatzbeschluss, den der Rathauschef bekanntlich vor vier Wochen als Kompromiss in dem seit über drei Jahren währenden Streit um die Erweiterung des SVS präsentiert hatte. Vier Ratsmitglieder – drei von GAL und eins von FDP – stimmten gegen den Vorschlag der Verwaltung.

Das bisherige Vereinsgelände des SV Sandhausen. Archiv-Foto: Priebe

Günes betonte noch einmal, dass mit dieser Variante das Sportzentrum nachhaltig umgestaltet werde und davon "alle Vereine" profitieren würden. Der Beschluss sieht vor, dass der SVS-Nachbar FC Sandhausen auf die andere Seite der Jahnstraße ins Walter-Reinhard-Stadion zieht und der ebenfalls benachbarte TC eine neue Anlage wenige Meter weiter nördlich auf der bisherigen Fläche des FC erhält. Weil der Fußball-Zweitligist bisher das – dann vom FC belegte – Walter-Reinhard-Stadion mitnutzt und einen Bedarf von zwei weiteren Trainingsplätzen angemeldet hatte, würden drei neue Sportplätze direkt am BWT-Stadion entstehen: zwei durch die Verlagerung von TC beziehungsweise FC und einer im Waldschutzgebiet Schwetzinger Hardt. Im Zuge dessen werden also – an anderer Stelle wieder aufzuforstende – Bäume gefällt, wogegen die GAL bis zum Schluss protestierte.

Noch offen ist, was dieser Beschluss für den SVS bedeutet, der seit Januar für den Neubau eines Stadions bei den Sandhäuser Höfen an der Autobahn A5 geworben hatte. Rathauschef Günes hatte Ende März der Bitte des Clubs, sich als Gemeinde finanziell an diesem Projekt zu beteiligen, eine Absage erteilt. SVS-Präsident Jürgen Machmeier kündigte daraufhin an, die alleinige Finanzierung eines Stadionneubaus zu prüfen. Das Ergebnis dieser Prüfung war zuletzt noch offen. Ob man sich im Club nun doch mit der jetzt auf den Weg gebrachten "kleinen Lösung" zufriedengibt und stattdessen aufgrund von Auflagen der Deutschen Fußball Liga (DFL) das bestehende BWT-Stadion umbaut, dürften die nächsten Wochen zeigen.

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