Sinsheim-Steinsfurt

Planer sieht keine Alternative zum Abriss und Neubau der Pfohlhofbrücke

"Note 4 heißt: Das war’s" - Auch ein Nachbarhaus ist wohl nicht zu retten

06.03.2019 UPDATE: 07.03.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 23 Sekunden

Eng geht es rund um die Pfohlhofbrücke zu. Eines der umliegenden Gebäude muss nun der Sanierung der Eisenbahnunterführung weichen. Die Gespräche mit dem Eigentümer laufen und seien, wie es heißt, "sehr konstruktiv". Foto: Tim Kegel

Von Tim Kegel

Sinsheim-Steinsfurt. Die Probleme mit der maroden Pfohlhofbrücke im Steinsfurter Bahnhofsviertel sind größer als angenommen. Nach einer eingehenden Bewertung der Lage steht jetzt fest, dass man um Abbruch und Neubau der Konstruktion nicht herumkommt. Schlimmer noch: Der Sanierung der Eisenbahnunterführung steht ein Haus im Weg. Das planerisch anspruchsvolle Projekt wurde jetzt im Gemeinderat erörtert.

Vom "unangenehmsten Fall in meiner Laufbahn" sprach Oberbürgermeister Jörg Albrecht gegenüber der RNZ. Es liefen "Gespräche auf sehr konstruktiver Ebene mit dem Eigentümer und den Mietern" des Gebäudes. Auch der städtische Baudezernent Tobias Schutz geht "fest davon aus, eine einvernehmliche Lösung zu finden". Ein Abriss sei allerdings unumgänglich, das Mietobjekt verhindere nach Erkenntnissen der Planer eine Verbreiterung der Eisenbahndurchfahrt. Doch um die bauliche Anpassung führe bei einem Neubau kein Weg herum: Nach aktueller Faktenlage muss der Abstand von der Gleismitte zum Brückenfundament aufgeweitet werden. Der Unterbau der Brücke stammt aus dem Jahr 1869, der Überbau wurde 1932 erstellt. Eine Aufweitung von zwei auf 3,30 Meter sei erforderlich, um den Sicherheitsanforderungen im modernen Zugverkehr Rechnung zu tragen.

So schilderte es Hermann Rothenhöfer dem Gremium. Der Karlsruher Diplomingenieur gilt als Experte und Sachverständiger für Eisenbahnbrücken; seine Kenntnisse zur komplexen Gesetzgebung rund um den Bahnverkehr sind in Fachkreisen bekannt. In Form einer sogenannten Machbarkeitsstudie soll sich sein Büro nun mit dem schwierigen Vorhaben befassen. Knapp 45 Minuten lang ging der Insider bei der Sitzung in die Details. Selbst oft als Gutachter tätig, gibt er dem Zustand der Pfohlhofbrücke die Note 4. Hier verhalte es sich "gänzlich anders als bei Schulnoten", sagt er: "Note 4 heißt: Das war’s".

Als Geldfresser erweist sich die Brücke schon jetzt: Die Gefahr, dass sich Betonbrocken lösen und auf durchfahrende Züge stürzen könnten, ist groß. Aus diesem Grund wurde ein Sicherungsnetz installiert. Die Spezialkonstruktion muss mindestens alle zwei Jahre ersetzt werden; eine Überprüfung des Netzes ist noch in diesem Jahr fällig. Die Kosten für Ab- und Wiederaufbau schätzt Rothenhöfer auf 90.000 bis 100.000 Euro. Auch eine Sperrung der Brücke für den Verkehr sei nicht auszuschließen - je nachdem, wie weitere Erkenntnisse ausfallen, jetzt, nachdem der Planungsprozess anläuft. Hermann Rothenhöfer vergleicht den Zustand der Pfohlhofbrücke "mit einem kariösen Zahn". Einen solchen könne man "ab einem gewissen Zustand putzen wie man will - er zerbröselt dennoch".

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Den Zeitraum, in dem man zurzeit denke, schätzt Bernd Kippenhan, Leiter des städtischen Infrastrukturamts, auf "Unterkante 3,5 Jahre", die man für die genaue Untersuchung des Objekts und seines Baugrunds, baulichen und verkehrstechnischen Planungen, Abstimmungen mit Anwohnern und der Deutschen Bahn voraussichtlich benötige.

Was dies alles kosten wird, ist noch unklar, lediglich eine "ganz, ganz grobe Vorausschau", die auf "seriösen Erfahrungswerten" beruhe, konnte der Planer dem Gremium unterbreiten: Auf dem Papier geht man derzeit von rund 5,5 Millionen Euro Gesamtkosten aus, von denen die Stadt Sinsheim dann rund 3,5 zu tragen hätte. Genauer könne man dies "zum jetzigen Zeitpunkt nicht rechnen", sagt Tobias Schutz. Als Kostenrisiken wurden unter anderem der Baugrund und die Gründung der Brückenfundamente genannt. Dass die Bahn AG einen wesentlichen Teil der Kosten trägt, sei jedoch "bis zum bitteren Ende" im Eisenbahnkreuzungsgesetz festgelegt, sagte Hermann Rothenhöfer.

Dieses Gesetz, das "eigentlich für Ingenieure geschrieben" sei, besage im Kern Folgendes: Zwar sei die Stadt Sinsheim als Besitzer der Brücke zum Handeln gezwungen und müsse die Bahn an der Planung beteiligen. Diese komme dann allerdings für die Kosten ihrer gestellten Forderungen auf, schilderte Rothenhöfer. Und auch Tobias Schutz sagt: "Die Kosten fallen dem zur Last, der die Änderung verlangt."

Die Notwendigkeit der Pfohlhofbrücke ist im Gemeinderat unumstritten: Rund 1300 Fahrzeuge passierten das Bauwerk in 24 Stunden, oft auf dem Weg zur Schule am Giebel oder zur neu gebauten Steinsfurter Sporthalle. Hinzu kämen etliche Radfahrer und Fußgänger.

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