Sinsheim-Steinsfurt

Wenn ein Brückenabriss beinahe den Ort zerteilt

Zukunft der Pfohlhofbrücke ungewiss - Abriss wegen erheblicher Bauwerksmängel

06.12.2018 UPDATE: 07.12.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 20 Sekunden

Die Pfohlhofbrücke verbindet mehrere Straßenzüge mit der Steinsfurter Ortsmitte. Das aus den Anfangszeiten der Eisenbahn stammende Bauwerk weist massive Schäden auf und muss saniert werden. Foto: Tim Kegel

Von Tim Kegel

Sinsheim-Steinsfurt. Hiobsbotschaft im Gemeinderatsausschuss für Technik und Umwelt: Die Pfohlhofbrücke - eine innerörtliche Überführung der Bahnstrecke - ist marode und muss saniert werden. Vieles ist unklar. Die Maßnahme ist mit extremem Aufwand verbunden, etliche Millionen Euro teuer und hat deutliche Auswirkungen auf den Fußgänger- und Fahrzeugverkehr. Noch ist nicht sicher, wer die Kosten trägt und ob die Brücke in Zukunft bestehen bleibt. Dann würden ganze Wohnviertel in Steinsfurt voneinander abgeschnitten.

Starke Schäden präsentierte Infrastrukturamts-Leiter Bernd Kippenhan; sie zeigen sich vor allem an der Unterseite des Bauwerks: Stahlstreben im Beton rosten. "Es haben sich Tropfsteine gebildet, Salpeter wird ausgeschwemmt", sagt Kippenhan. Herabfallende Betonbrocken müssten schon jetzt in einem Netz aufgefangen werden: Ein solches kostet rund 57.000 Euro und muss im Turnus von etwa zwei Jahren - das nächste Mal im November 2019 - erneuert werden.

Komplex und teuer wird die Maßnahme auf jeden Fall; allein eine Machbarkeitsstudie, die das Rathaus erwägt, kostet rund 250.000 Euro. "Lediglich einen neuen Brückenüberbau" zu montieren hält neben CDU-Sprecher Friedhelm Zoller auch Bernd Kippenhan für das Gebot der Stunde. Wohl aber nicht das Eisenbahnbundesamt: Dort heißt es, dass die Pfohlhofbrücke "nicht dem neuen Regelwerk" entspreche. Sie müsse verbreitert, das Gleisbett vertieft werden. Folge: laut Kippenhan ein komplett neues und "deutlich größeres" Bauwerk. Als Kosten standen zehn Millionen Euro und mehr im Raum.

Die Folgen für den Ort: Schwierigkeiten sieht man im Gremium aufgrund der dichten Bebauung. Häuser stehen direkt an der Brücke. Auch verbindet sie die Wohngebiete links und rechts der Bahn, darunter das "Giebel"-Viertel, in dem die Schule liegt. Eine zweite Brücke liegt Richtung Ortsausgang. Eine Verkehrszählung läuft gerade, um herauszufinden, wie notwendig die Pfohlhofbrücke ist. Ein Ersatz lediglich mittels einer Fußgängerquerung wird als letztes Mittel erwogen, wenn Zuschüsse nicht wie erhofft fließen und die Zahlen, die erst noch erhoben werden müssen, dafür sprächen. Falls eine Sperrung der Brücke - mit oder ohne Neubau - kommt, müsste über Schienenersatzverkehr und wer diesen bezahlt verhandelt werden.

"Fällt die Brücke zusammen?", fragte Freie-Wähler-Sprecher Harald Gmelin. Eine Antwort gab es nicht. Tatsächlich seien 2017 "erhebliche Bauwerksmängel" entdeckt und der auf der Brücke erlaubte Verkehr auf 7,5-Tonner beschränkt worden. Bis eine Sanierung - oder ein Abriss - des Bauwerks kommt, könnten zwischen drei und sechs Jahre vergehen, hieß es in der Sitzung.

Wer ist zuständig? Dies müsse geklärt werden, die Lage wirkt verfahren. Mitte der 1990er-Jahre ging die 1869 gebaute und 1938 sanierte Brücke von der Bahn an die Stadt über. 1995 sei beschlossen worden, dass die schon damals "erheblichen Schäden vor der Übergabe durch die Bahn behoben werden müssen", sagt das Rathaus. 2009, als die Bahnstrecke elektrifiziert wurde, wurden Gleise an der Brücke tiefer gelegt und Teile des Bauwerks angepasst, etwa die Brückenlager. Damals verzichtete das Tiefbauamt darauf, wie von der Bahn angeregt, Gehwege und Geländer zu modifizieren. Freie-Wähler-Stadtrat Peter Hennig sind die Zuständigkeiten klar, die Brücke sei Sinsheim "in marodem Zustand aufgedrängt worden". CDU-Rätin Ursula Brenner pflichtete ihm bei: "Kann man gerichtlich dagegen vorgehen?" Oberbürgermeister Jörg Albrecht hält "die juristische Prüfung eines 70-Prozent-Zuschusses" an einer Sanierung für realistisch.

Gegen eine Machbarkeitsstudie, die eine Viertelmillion Euro kostet, sprach sich CDU-Rat Georg Trunk aus; das viele Geld tue ihm "in der Seele weh": Man solle "einen Hintern in der Hose haben" und mutig entscheiden. Alex Riederer von den Grünen bescheinigt den Entscheidern des Bahnwesens "öffentlich schlechte Karten". Er schlug vor, Kontakt zum Verkehrsministerium zu knüpfen. Eine Mehrheit sieht die Studie skeptisch. Nun sollen im Vorfeld "Zuschuss- und Rechtsfragen geklärt werden", sagte Jörg Albrecht am Donnerstag der RNZ.

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