Sinsheim

Flüchtlinge werden irgendwann zu Mitbürgern

Städtische Integrationshelfer berichteten über ihre Aktivitäten -

22.03.2018 UPDATE: 23.03.2018 06:00 Uhr 2 Minuten

Junge Schwarzafrikaner machten bei dem Theaterprojekt "Wer ist Apostole Katsawaki?" am Wilhelmi-Gymnasium mit.

Von Tim Kegel

Sinsheim. Die städtische Integrationsarbeit wurde jetzt dem Gemeinderat präsentiert. In dem Vortrag der Integrationsbeauftragten Inge Baumgärtner und des Flüchtlingsbeauftragten Frederik Böna wurde auch die "Zahl der Ausländer in Sinsheim" an die Wand projiziert, die bei 4041 liege und bei 34.903 Einwohnern insgesamt einem Anteil von 11,5 Prozent entspreche. Kleiner Makel dieser Zahl: Sie datiert vom 31. März 2015 und damit in eine Zeit als die Flüchtlingswelle noch nicht stattgefunden hatte.

Ein weiteres Schaubild zeigte eine bundesweite Bevölkerungspyramide, die sich, wie schon das erste Schaubild, auf den Mikrozensus des statistischen Bundesamts bezog. Daneben wurde ein Satz aus der Süddeutschen Zeitung zitiert, demzufolge es "jährlich im Schnitt 460.000 Zuwanderern" bedürfe, "damit der Bevölkerungsanteil der potenziell Erwerbsfähigen bis 2050 konstant" bleibe. Am Schluss der Präsentation erkundigte sich Freie-Wähler-Sprecher Harald Gmelin, "wie viele der für eine Ausbildung infrage kommenden Flüchtlinge in Sinsheim tatsächlich in einer Ausbildung sind".

Eine Antwort gab es nicht, eine solche Auswertung werde "im Rhein-Neckar-Kreis nicht gemacht". Jedoch hätten 30 in Sinsheim untergebrachte Flüchtlinge, "darunter auch eine Frau", im Herbst 2017 eine Ausbildung begonnen. Diese Zahl, sagt Inge Baumgärtner, sei "einmalig im Kreis". Von den derzeit 173 in der städtischen Anschlussunterbringung lebenden Personen - unter ihnen seien 22 Familien mit bis zu sechs Kindern - gingen rund 100 zur Schule, gingen zwölf einer Arbeit nach und studiere eine Person. In den Unterkünften des Rhein-Neckar-Kreises auf Sinsheimer Gemarkung lebten im Moment 453 Asylbewerber.

Die Stadt Sinsheim unternehme große Anstrengungen zur Betreuung von Flüchtlingen: Es seien Mittel zur Schaffung einer Stelle eines Flüchtlingsbeauftragten beantragt worden; die Stelle existiert seit 1. Juli 2016. Eine hausinterne Arbeitsgruppe aus Fachstellen und Verwaltungsspitze und ein lokales Bündnis für Flüchtlingshilfe, finanziert über Landesmittel, wurden gegründet. Man nutze seit Beginn der Flüchtlingswelle "vorhandene Strukturen im Bereich Integration/Ehrenamt" für die Arbeit mit Einwanderern.

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Ein Gesamtbetrag, wie viel Geld die Flüchtlinge die Stadt kosten, wurde nicht genannt. Allerdings werde die Stelle der Integrationsbeauftragten Inge Baumgärtner vom Land zu 50 Prozent bezuschusst, die Förderung laufe vorerst bis 31. Juni dieses Jahrs. Zur Beschäftigung des Flüchtlingsbeauftragten Frederik Böna zahle das Land einen Pauschalbetrag, voraussichtlich bis 30. Juni 2019. Insgesamt flössen von August 2015 bis Juli 2019 rund 157.500 Euro Landesmittel an die Stadt, weitere Zuschussmöglichkeiten würden geprüft, ein Ausgang ist jedoch offen.

Berichtet wurde ab dem Spätjahr 2015: Seither hätten zahlreiche Aktivitäten und Projekte stattgefunden, etwa die Gründung des lokalen Bündnisses für Flüchtlingshilfe mit 16 Partnerorganisationen von "SAM" bis Moscheegemeinde von Januar bis Dezember 2016; ein Kraichgauer Ehrenamtstag; ein Praxisprojekt "Kochen", ein Theaterprojekt mit jungen Schwarzafrikanern, das am Wilhelmi-Gymnasium lief; ein Radtouren-Projekt mit Einheimischen und Flüchtlingen oder gemeinsames Hallenfußball.

Flüchtlingsbeauftragter Frederik Böna und drei junge Männer erkämpften sich beim Sinsheimer Firmenlauf einen respektablen Platz acht in der Mannschaftswertung. Hausaufgaben- und Alltagshilfen verschiedenster Art, Sprachkurse und ein Fahrrad-Reparatur-Workshop ergänzen das Angebot, wie auch die "Woche der Vielfalt", bei der Oberbürgermeister Jörg Albrecht jährlich Menschen unterschiedlicher Herkunftsländer besucht.

Wie lange die Flüchtlinge in Sinsheim bleiben, weiß aufgrund der weltpolitischen Lage keiner. Frederik Böna meinte allerdings, "dass sie irgendwann lange genug hier sind, um nicht mehr von Flüchtlingen, sondern von Mitbürgern zu sprechen."

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