Ein Job an der frischen Luft und mit Präzision
Thomas Mayer schwärmt von seinem Beruf beim Vermessungsamt des Rhein-Neckar-Kreises.

Von Berthold Jürriens
Sinsheim. Was haben Old Shatterhand, George Washington und Heinrich Lübke gemeinsam? Sie alle waren Geodäten oder Geometer. So nannte man früher die Land- oder Feldvermesser, die heutigen Vermessungstechniker, die vor allem über ein räumliches Vorstellungsvermögen, technisches Verständnis und eine systematische Arbeitsweise verfügen sollten. Und spätestens seit dem Roman "Die Vermessung der Welt" ist bekannt, wie spannend das Thema sein kann.
Eine illustre Gesellschaft, in der sich Thomas Mayer vom Vermessungsamt des Rhein-Neckar-Kreises nicht nur wohl fühlt, sondern vor Begeisterung für seine Arbeit im Gespräch kaum zu stoppen ist. Eine Sonderbeilage würde nicht reichen, um den enthusiastischen Redebeiträgen von Mayer gerecht zu werden. Der Neckarbischofsheimer, der als junger Mann beim Blick auf die "Topografie der Flinsbacher Höhe" seine Berufswahl getroffen hat, "brennt" für seine Arbeit. Ingenieurvermessungen im Baubereich, Liegenschaftsvermessungen, Geoinformatik oder Planungen zu Flurbereinigungsverfahren sowie Raumplanung gehören unter anderem dazu.
In den vergangenen Jahren habe er das Aufgabenspektrum für das Landratsamt mit seinem Team nach und nach erweitert. Glasfaserausbau und Vermessungsarbeiten "unter der Erde" beim Sinsheimer Krankenhaus zählt Mayer auf. Ein Aspekt für die Wahl dieses Jobs, den auch die jungen Kollegen Irina Elißer und Arno Dussinger mit Mayer teilen: "Wir arbeiten drinnen und draußen, und das schätzen wir sehr. In der freien Natur wird gemessen, und im Innendienst werden die gemessenen Daten den Anforderungen des Auftraggebers entsprechend mit verschiedener Auswertungssoftware verarbeitet und zur Nutzung bereitgestellt."
Auftraggeber ist der Rhein-Neckar-Kreis, für den Mayer und sein Team, zu dem auch Tina Gehrmann, Patrick Rott, Petra Hofmann und Nicole Gräb gehören, das weitläufige Gelände direkt unterhalb des Stadtfriedhofs für den Neubau der Steinsbergschule inklusive Kindergarten vermessen hat. Ohne Vermessung laufe vieles wortwörtlich schief, denn egal ob Straße, Bahntrasse, Tunnel oder Brücke – überall werden die Daten der Vermessungstechniker oder -Ingenieure benötigt. "Auch Stadtpläne, Land- und Seekarten, 3D-Visualisierungen und ganze Navigationssysteme fürs Auto wären ohne diese Daten undenkbar." Dabei kommen moderne Techniken wie Laserscanning oder GPS-Verfahren zum Einsatz. "Viele wissen eigentlich gar nicht, was wir machen", weiß Mayer. Wenn man die Mess-, Nivellier- oder Rotationsgeräte am Straßenrand sieht, denken viele eher an Radarkontrollen.
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Dabei wird beim Blick auf alte Stadtansichten im Archiv in der Muthstraße deutlich, dass die Städte und Gemeinden im Kreis einem ständigen Wandel unterzogen sind und "schon immer" vermessen wurden. Andere Verkehrswege, entfernte Gräben und neue Gebäude, Daten sammeln und das einmessen, was auf der Erdoberfläche neu entstanden ist oder geändert wurde: Das galt im Grundsatz schon 1852 bei Beginn der badischen Katastervermessung, die in jeder Gemarkung mit der Feststellung der Grundstücksgrenzen ihren Anfang hatte.
"Meistens gab es bereits Marksteine, aber fehlende Grenzsteine mussten zusätzlich gesetzt werden", erzählt Mayer. Es folgte Vermessung, Berechnung von Grundstücksgrößen und die Herstellung des Gemarkungsatlasses. Die alten Bücher, die den Ablauf der Vermessung in Handschrift beschreiben, finden sich noch im Archiv und zeugen von den früheren monate- beziehungsweise jahrelangen aufwendigen Vermessungsarbeiten, über die Mayer selbst immer wieder staunen muss. Auch die Gewann-Namen spielten eine wichtige Rolle, die bereits existierten, aber nun abgegrenzt und im Grundbuch eingetragen wurden. Auch dass das 1872 eingeführte Metermaß bessere Ergebnisse mit sich brachte als die bis dahin gemessenen Entfernungen in Ruten, Fuß oder Zoll gehört zur Vermessungsgeschichte.
Auch ein Blick in die Zukunft lässt den Beruf in neuem Licht erscheinen. "Wir brauchen qualifizierte, raumbezogene Informationen. Amtliche Geobasisdaten sind für die Weiterentwicklung, für Klima und Natur sowie für die Infrastruktur immer notwendig." Deswegen sei der Job so spannend und vielfältig. Nachholbedarf sieht er bei zukunftsorientierten Messtechnologien und der Digitalisierung. "Wir sind hier im Amt auf einem guten Weg." Auch die Ausbildung gehört zu Mayers Aufgaben, die ihm besonders am Herzen liegt. "Einerseits gebe ich mein Wissen weiter, und gleichzeitig profitiere ich von den jungen Mitarbeitern, die teilweise in Fragen der Digitalisierung die Nase vorne haben." Fasziniert ist er von Dussingers 3D-Gebäudeaufnahme des LRA in Sinsheim gewesen, das dieser im Rahmen seiner Abschlussarbeit an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt eingereicht hatte. "Solche Techniken werden die Zukunft im Vermessungswesen bestimmen", sind sich alle einig.



