Angst vor Umweltschäden nach dem Brand 2013
Herbizide, Düngemittel für Weinberge, Asbest - Stadt habe Gelände in chaotischem Zustand hinterlassen

Idyllisch gelegen: das künftige Baugebiet "Bühl/Wanne" in Eschelbach. Foto: Tim Kegel
Von Tim Kegel
Sinsheim-Eschelbach. Pferde grasen am Hang im Morgenlicht. Gegenüber Friedhof und Kirchturm ein paar Geschirrhütten. Unterhalb ein modernes Wohngebiet, kleine, saubere Parzellen. Ein schmaler Weg führt in den Altort, durch Wiesenmatten. Das Gebiet sieht so aus, wie es heißt: "Bühl/Wanne". In der geschützten Tallage plant die Stadt zwölf Bauplätze, will innerörtlich nachverdichten. Nach einem jüngst gefassten Satzungsbeschluss, ist das Thema kommunalrechtlich "durch". Doch es gibt Stimmen in der Nachbarschaft, die nicht verklingen: Gegner der Planung fürchten, hier werde auf verseuchtem Boden gebaut. Und auf dem Rücken von Gewässer-, Arten- und Klimaschutz.
Die Gemengelage, wie man im Amtsdeutsch sagt, ist komplex. Und das Baugebiet wäre vermutlich keines, hätte es den Großbrand im Jahr 2013 nicht gegeben: Das Areal einer Zimmerei war wegen eines Kurzschlusses in Flammen aufgegangen. Auf dem Anwesen wurden über Jahre Fahrzeuge gewartet und Hölzer imprägniert. Anwohner berichten von wilden Lagerstätten und chaotischen Zuständen auf dem Gelände: Auch Herbizide und Düngemittel für Weinberge seien in jener Nacht verbrannt. Mit dem Löschwasser sei die giftige Brühe damals "den Weg hinunter in den Kanal beim Schulhaus geflossen" und ins Erdreich gesickert. Asbestplatten platzten in der Hitze. Starker Wind hätte die Stücke über das ganze Gelände verteilt; auch auf die Pferdekoppel.
Die Stadt, die einen Großteil der Fläche kaufte und andere Stücke in dem Gebiet verpachtet, sei ihrer Aufräumpflicht nur stiefmütterlich nachgekommen. Das sagt Hans Moritz aus der Bühlstraße. Er wehrte sich anwaltlich gegen die Planungen. Dem Rathaus wirft er Versäumnisse im Umgang mit dem Brand und eine Salamitaktik bei Bekanntgabe und Abwicklung der Umweltschäden vor. Wichtig ist Moritz auch die Funktion der "Bühl/Wanne" fürs Kleinklima des dicht bebauten Gebiets. Die Aufweitung mit Büschen und Wiesen sei eine Kaltluftschneise, außerdem Lebensraum von Vögeln, Eidechsen und Insekten.
Und in der Tat kam es im Bebauungsplanverfahren zu Stellungnahmen der Naturschutzbehörden. Eidechsen müssen aufwendig umgesiedelt werden. Die Stadt muss Nistkästen aufhängen - "lächerliche fünf Stück", moniert Hans Moritz. "Ich habe 13 Kästen im Garten." Genauso wie die Eidechsen-Umsiedlung sei dies "ein Mäntelchen mit zweifelhaftem Erfolg." Moritz hat sich eingelesen. Ihn wundert, dass in einem früheren Bebauungsplan aus dem Jahr 1995 "Dinge festgeschrieben sind, die heute plötzlich nichts mehr gelten", wie etwa klimatische Aspekte zur Begründung von Freiflächen. Durch die Änderung werde aus gutem Recht schlechtes und umgekehrt.
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"Sorry, aber das ist Schwachsinn" entfuhr es gestern dem städtischen Baudezernenten Tobias Schutz. Er stammt selbst aus Eschelbach. Kaltluftschneisen bezeichnet der Stadtplaner als Phänomen von gestern. Eingeholt von "neueren Erkenntnissen", zeigten solche nur im urbanen Umfeld einen Effekt, "wie in Großstädten mit nahezu 100 Prozent Flächenversiegelung."
In der Tat seien im Rahmen eines Altlastengutachtens bedenkliche Werte, unter anderem von Fluorid, festgestellt worden. Dem wolle man mit einem Bodenabtrag von 80 Zentimetern Rechnung tragen, laut Schutz deutlich mehr Abtrag als in solchen Fällen üblich. Die Stadt würde sich andernfalls "ins Knie schießen, weil belasteter Baugrund unverkäuflich ist." Bei Grundwasseruntersuchungen hätten Kernbohrungen bis in zwölf Meter Tiefe keine Auffälligkeiten gezeigt. Von Asbestverseuchung könne nicht die Rede sein, da eine Gefahr nur beim Einatmen von Stäuben bestünde. Allerdings würde im künftigen Wohngebiet eine permanente Messstelle eingerichtet, mit der etwaige Schadstoffe in einem überwacht werden können.
Für Hans Moritz ein Hinweis, "dass es zumindest Restbedenken gibt." Er fragt sich, ob das gründliche Vorgehen des Rathauses auch ohne die Einsprüche so stattgefunden hätte. Gegengutachten werde es nicht geben, weil man den Kostenaufwand scheue. Das Rathaus versucht, zu beruhigen: "Wir gehen nicht nur auf Nummer sicher", sagt Tobias Schutz, "das ist tausend Prozent sicher."



