Bad Rappenau will weg vom Krankenstadt-Image

Gesundheitstourismus gewinnt weiter an Bedeutung - Bad Rappenau ist gut aufgestellt, kann aber in einigen Bereichen noch nachlegen

17.10.2016 UPDATE: 18.10.2016 06:00 Uhr 2 Minuten, 20 Sekunden

BTB-Chef Dieter Wohlschlegel (stehend, re.) erläuterte den Tagungsteilnehmern die Entwicklung der Kur-, Bäder- und Therapieeinrichtungen in Bad Rappenau.

Bad Rappenau. (guz) Kurorte und Heilbäder ziehen Menschen an, die Wert auf gepflegtes Ambiente und verlässliche Therapieangebote legen. Und schrecken all jene ab, die mit Kur und Bad eher Tristesse und Krankheit verbinden und - vor allem als selbstzahlende Gesundheitstouristen - lieber der Wellness den Vorzug geben. Obwohl sich Bad Rappenau immer deutlicher auch als Gewerbestandort positioniert: Wie sich die Kurstadt künftig auf dem Konkurrenzmarkt der Heilbäder aufstellt, ist nach wie vor von entscheidender Bedeutung für ihre Zukunft.

Infolge der Gesundheitsreformen der 1990er Jahre hat Bad Rappenau fast 50 Prozent Übernachtungsgäste eingebüßt. Dieter Wohlschlegel, Geschäftsführer der Bad Rappenauer Touristik- und Bäder GmbH (BTB) sieht die Kurstadt nun zwar wieder gut profiliert und konkurrenzfähig aufgestellt, aber Übernachtungszahlen wie einst liegen in unerreichbarer Ferne, und die Ansprüche der Gäste weiter steigen. Am Freitag war die Stadt Gastgeber der ersten von drei Regionalkonferenzen, zu denen sich Vertreter der baden-württembergischen Kur- und Heilbäder und des Justizministeriums erstmals treffen. Ausgiebig diskutierten die Teilnehmer dabei, wie sich das Heilbäder- und Kurortewesen fortentwickeln lässt. Denn "morgens Fango, abends Tango" ist längst kein zukunftsweisendes Rezept mehr.

Besser in Szene setzen, neue Produkte entwickeln, die eigene Bevölkerung verstärkt zur Mitarbeit gewinnen, den Begriff Kurort verjüngen, das Image einer Krankenstadt ablegen und stattdessen als Wohlfühl- und Urlaubsort Gesundheitstouristen auf sich aufmerksam machen: Die Arbeitsgruppen definierten einen umfangreichen Maßnahmenkatalog. Nun ist es an den Entscheidungsträgern der Kurstädte, diese Maßnahmen auch umzusetzen. Das Land hat seine Unterstützung dabei zugesagt und setzt vor allem darauf, Prädikate wie "Heilklimatischer Kurort" und "Heilbad" als Qualitätsnachweis in der öffentlichen Wahrnehmung zu stärken.

Viele Millionen Euro haben die Stadt und ihr Klinikkonzern KuK in den zurückliegenden Jahren in Kurpark, Kurhaus, Kliniken und das Drumherum investiert, aktuell läuft der große Umbau auf dem Klinikhügel, den die KuK aus eigenen Mitteln finanziert - mehr als 14 Millionen sind hier gesetzt. In das geplante Viersternehotel, das bis 2019 fertig sein und auch Familien ansprechen soll, fließen zusätzliche private Millionen.

Dementsprechend sieht nicht nur BTB-Geschäftsführer Wohlschlegel Bad Rappenau in vielen Bereichen weit vorne, zumal die Stadt nach wie vor vom grünen Ambiente der Landesgartenschau 2008 profitiert. Auch die Tagungsteilnehmer lobten die Qualität von Therapie, Veranstaltungen und Gestaltung der Kuranlagen und die Inszenierung der heilsamen Sole in Bad Rappenau als positive Beispiele. Die Zusammenarbeit mit Bad Wimpfen und Bad Schönborn fand anerkennende Zustimmung der Kurortemanager, weil hierdurch Synergieeffekte genutzt werden. "Vieles, was auf der Konferenz diskutiert wurde, können wir heute schon anbieten", so Wohlschlegel.

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Gleichwohl gibt es auch in Bad Rappenau Verbesserungswürdiges. Die jüngere Zielgruppe und die Selbstzahler, die, so Wohlschlegel, "einfach ein paar Tage etwas für ihre Gesundheit tun wollen", werden in Bad Rappenau noch nicht ausreichend bedient. Hier müsse man sich gerade angesichts des Hotelneubaus frühzeitig Gedanken über ein Umfeld und ein Angebot machen, das für Familien, Gesundheitsurlauber und Geschäftsreisende gleichermaßen attraktiv ist. Dazu gehören auch weitere tagestouristische Angebote, attraktive Einkaufsmöglichkeiten, eine gute Nahverkehrsanbindung und moderne Unterkünfte.

Obwohl die Kurzahlen der Kassenpatienten deutlich gesunken sind, steigt die Gästenachfrage in den meisten Städten, die ein staatliches Prädikat vorweisen können. Das belegt ein vom Land in Auftrag gegebenes Gutachten zum aktuellen Zustand und den Zukunftschancen des Heilbäder- und Kurortewesens, das Landesjustizminister Guido Wolf - in seine Zuständigkeit fällt auch der Tourismus - zu Beginn der Regionalkonferenz vorstellte. "Baden-Württemberg ist das Bäderland Nummer eins in Deutschland und soll das bleiben", sagte der Minister und verwies auch auf die große wirtschaftliche Bedeutung der Kur- und Heilbäder für die einheimische Bevölkerung. "Besonders diesen Aspekt müssen wir stärker in das Bewusstsein der Bürger bringen", so Wohlschlegel.

Hintergrund

Die Heilbäder und Kurorte in Baden-Württemberg verzeichneten im vergangenen Jahr insgesamt etwas über drei Millionen Ankünfte und mehr als 12,2 Millionen Übernachtungen. Dies entspricht einem Anteil der Heilbäder und Kurorte von knapp über 24

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Die Heilbäder und Kurorte in Baden-Württemberg verzeichneten im vergangenen Jahr insgesamt etwas über drei Millionen Ankünfte und mehr als 12,2 Millionen Übernachtungen. Dies entspricht einem Anteil der Heilbäder und Kurorte von knapp über 24 Prozent an allen Übernachtungen in Baden-Württemberg. Bad Rappenau ist als Soleheilbad mit dem höchsten Prädikat ausgezeichnet, das der Deutsche Tourismusverband und der Deutsche Heilbäderverband gemeinsam vergeben. (rnz)

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